Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Macron kämpft mit seinem arroganten Ruf

Frankreich Ärger mit Sprüchen gegenüber Arbeitslos­en, Unmut über Reformen. Nun will der Präsident sein Image aufpoliere­n

- VON BIRGT HOLZER

Paris Während der einstündig­en Tv-sendung mit Emmanuel Macron stach das großflächi­ge Abbild der Marianne als Symbol Frankreich­s mit der Devise „Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit “des amerikanis­chen Street-art-künstlers Shepard Fairey ins Auge, das hinter dem Präsidente­n hing. Die andere Kamerapers­pektive präsentier­te ein surrealist­isches Werk des belgischen Malers Pierre Alchinsky, das nicht so ganz mit dem sonst barocken Dekor von Macrons Büro im Élysée-palast harmoniert­e.

Abgesehen von diesem Einblick in seinen Kunstgesch­mack zeigte sich der 39-jährige Staatschef gegenüber den drei Tv–fragestell­ern von einer Seite, wie man sie aus seinem Wahlkampf kannte: aufgeweckt und offensiv. Macron antwortete mit diesem ersten Fernsehint­erview seit seiner Wahl im Mai auf den Vorwurf der Abgehobenh­eit: Nur bei Reden, die er überwiegen­d zu internatio­nalen Anlässen hält, und Ortstermin­en in kleinem Rahmen, erklärt er seine Politik – ganz anders als sein Vorgänger François Hollande, der in ständigem Kontakt mit Journalist­en stand. Abgesehen von einigen Ausnahmen gab Macron der Presse bislang kaum Interviews; eine davon machte er gerade für den dem er sagte, ein Präsident solle sich rarmachen.

Er sei gegen eine „geschwätzi­ge Präsidents­chaft“, wiederholt­e Macron nun gegenüber seiner Nation. Allerdings war genau das die Kritik, die dem jungen Präsident entgegensc­hlägt: So versprach er mit Blick auf den Widerstand gegen seine Arbeitsmar­ktreform, er werde „den Faulenzern, den Zynikern, den Extremiste­n“nicht nachgeben – woraufhin sich die Streikende­n als faul verunglimp­ft fühlten.

Das sei ebenso falsch interpreti­ert worden wie seine Rede von „Leuten, die nichts sind“, weil sie ohne Erfolg in den Augen der Gesellscha­ft wenig gelten, verteidigt­e sich Macron: „Ich habe immer versucht, die Dinge beim Namen zu nennen.“Das sei man von der politische­n Elite nicht gewohnt, meinte er.

Dabei verkörpert gerade er für viele diese Elite, die ihn als „Präsident der Reichen“sehen: Dass er einerseits die Vermögenss­teuer weitgehend abschafft und die geplanten Steuersenk­ungen überwiegen­d den Wohlhabend­en zugutekomm­en, kritisiert die Linke scharf.

Eine hohe Abgabenlas­t vertreibe Talente, rechtferti­gte Macron seine Politik: Erfolg und Anstrengun­gen sollten belohnt werden, ohne Neid zu provoziere­n. Durch ehrgeizige Reformen des Arbeitsmar­ktes, der Arbeitslos­enversiche­rung sowie der Ausbildung wolle er die Arbeitslos­igkeit während seiner fünfjährig­en Amtszeit von derzeit 9,5 auf sieben Prozent senken. Bei den Maßnahmen handele es sich nicht um eine „Hyper-liberalisi­erung, die Rechte zerstört“. Unternehme­n erhielten lediglich mehr Flexibilit­ät.

Macron versucht sinkende Umfragewer­te nun auch mit einer härteren Abschiebep­olitik zu kontern. Flüchtling­e ohne Aufenthalt­serlaubnis sollten künftig bereits dann abgeschobe­n werden, wenn sie mit kleinen Delikten straffälli­g geworden sind, kündigte er an. Zu Monatsbegi­nn wurden zwei junge Frauen am Bahnhof von Marseille von einem Tunesier erstochen, der wiederholt in Haft war und gerade aus dem Polizeigew­ahrsam kam, obwohl er keine Aufenthalt­sgenehmigu­ng

Punktet er mit einer härteren Abschiebep­olitik?

in Frankreich hatte. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“hatte die Tat für sich reklamiert, deren Hintergrün­de aber unklar sind. Generell sollten Ausländer, die sich illegal im Land befinden, schneller abgeschobe­n werden, so Macron.

Rund 9,5 Millionen Fernsehzus­chauer haben das Interview gesehen, aber laut einer Blitzumfra­ge waren 60 Prozent nicht überzeugt von ihm. Ihnen fehlte es vielleicht an Überraschu­ngen des wortgewand­ten, aber dabei manchmal eben doch so abgehoben wirkenden Präsidente­n.

 ?? Foto: P. Wojazer, afp ?? Mit einem großen TV Interview hat Emmanuel Macron versucht, sich gegen Kritiker zu verteidige­n. Hängen blieb davon am meisten seine Büro Deko.
Foto: P. Wojazer, afp Mit einem großen TV Interview hat Emmanuel Macron versucht, sich gegen Kritiker zu verteidige­n. Hängen blieb davon am meisten seine Büro Deko.

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