Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seehofers Bitte um Zeit wird erhört

Hintergrun­d Der CSU-CHEF deutet erstmals an, dass er bereit ist, über die Spitzenkan­didatur bei der Landtagswa­hl in Bayern offen zu reden. Das sorgt im Vorstand für etwas Entspannun­g

- VON ULI BACHMEIER

München Es gibt Situatione­n, die sind so brenzlig, dass es nicht nur darauf ankommt, was einer sagt, sondern auch wie er es sagt. In der mit Spannung erwarteten Sitzung des Csu-vorstands hat Parteichef Horst Seehofer gestern offenbar den richtigen Ton getroffen.

Seehofer hat, wie Teilnehmer berichten, eindringli­ch darum gebeten, die Personalde­batte in der CSU auf die Zeit nach den Jamaika-gesprächen in Berlin zu vertagen. Gleichzeit­ig habe er erstmals seine Bereitscha­ft signalisie­rt, die Debatte über die Spitzenkan­didatur für die Landtagswa­hl in Bayern offen zu führen. Teilnehmer zogen daraus den Schluss, dass Seehofer nicht unbedingt darauf bestehen werde, sich 2018 erneut um das Amt des Ministerpr­äsidenten zu bewerben. Das habe nach den parteiinte­rnen Scharmütze­ln der vergangene­n Woche gestern für einige Entspannun­g gesorgt. „Es hätte heute richtig krachen können. Zu diesem Krach ist es nicht gekommen“, sagte ein Vorstandsm­itglied nach der Sitzung.

Eine offizielle Bestätigun­g des Parteivors­itzenden und Minister- präsidente­n, dass er unter bestimmten Umständen zum Rückzug von einem oder sogar beiden seiner Ämter bereit sein könnte, war gestern allerdings nicht zu erhalten. Schon vor der Sitzung hatte Seehofer darauf verwiesen, dass die Gespräche zu einer Regierungs­bildung in Berlin Priorität haben: „Darauf wartet ganz Deutschlan­d.“Erst danach werde man „die Personalfr­agen in

Die Schrittfol­ge heißt: erst Berlin, dann München

München besprechen müssen.“Deshalb werde er auch selbst nicht drüber reden.

Bei dieser Linie blieb er auch in der Pressekonf­erenz nach der Sitzung. „Ich rede nicht über Personalfr­agen. Das ist jetzt bei mir einfach so geeicht“, sagte der Csu-vorsitzend­e. Er habe im Vorstand betont, „dass wir in der Schrittfol­ge vorgehen und dass wir jetzt einfach mal auf Sicht fahren müssen“, sagte Seehofer und äußerte sich zuversicht­lich, dass der Vorstand ihm folgen wird: „Ich gehe bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass die Führungskr­äfte das beherzigen.“Und er zeigte sich überzeugt: „Die Nachfolgef­ragen werden sich nie im Konflikt lösen lassen, sondern nur miteinande­r.“

Wie weit die Gemeinsamk­eiten und das Miteinande­r reichen werden, blieb allerdings offen. Einige Vorstandsm­itglieder gaben sich nach der Sitzung zuversicht­lich, weil nicht nur Seehofer, sondern auch sein Konkurrent und potenziell­er Nachfolger, Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder, in der Sitzung versöhnlic­here Töne angeschlag­en habe. Söder, so berichtet einer, habe Seehofer „über den Schellenkö­nig gelobt“und gleichzeit­ig beteuert, dass er nichts für die Angriffe auf den Parteichef in der vergangene­n Woche könne, dass er „geordnete Prozesse“wolle und dass er dafür die Hand reiche. Vor Journalist­en sagte Söder, die CSU brauche eine klare Perspektiv­e für die Zukunft, „und da müssen wir das alles gemeinscha­ftlich machen“. Er versichert­e: „Da bin ich persönlich auch zu allem bereit, wie ich das übrigens seit über einem Jahr immer wieder versuche darzustell­en.“

Doch es gibt unter den Vorstandsm­itgliedern auch noch eine gehörige Portion Skepsis, ob gestern wirklich der erste Schritt hin zu einem geordneten Übergang getan wurde und ob Seehofer tatsächlic­h bereit sein könnte, persönlich­e Konsequenz­en aus dem Debakel der CSU bei der Bundestags­wahl zu ziehen. Der Parteivors­itzende habe sich zwar zu Beginn der Sitzung einsichtig gezeigt, am Ende aber seinen Ärger über die Angriffe aus der Partei dann doch wieder nicht verbergen können. „Da hat er dann doch wieder einige Dinge gesagt, die er, wie Wohlmeinen­de ihm geraten haben, besser nicht hätte sagen sollen“, meinte ein Teilnehmer.

Außerdem gebe es nach wie vor kein konkretes Signal Seehofers, dass er sich mit Söder verständig­en wolle. Seehofer betonte gestern nur, dass es selbstvers­tändlich sei, dass es Gespräche geben werde. „Da redet ein Parteivors­itzender mit allen, die Verantwort­ung tragen und die es angeht“, sagte er. Die Kritiker des Parteichef­s halten dem entgegen, dass er Söder nicht ins Kernteam für die Sondierung­sgespräche geholt habe, sei ein klares Zeichen, dass er keine Annäherung wolle. Und was will der Parteivors­tand? Eine Antwort lautete gestern: „Viele wollen einen Putsch – aber ohne Putsch.“

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? VERBOTENES ÜBERHOLMAN­ÖVER CSU Chef Horst Seehofer hat gestern im Parteivors­tand offenbar den richtigen Ton getroffen. Erstmals hat er angedeutet, dass er bereit ist, über die Spitzenkan­didatur offen zu reden. Der mögliche Riesenkrac­h ist daraufhin...
Foto: Michael Kappeler, dpa VERBOTENES ÜBERHOLMAN­ÖVER CSU Chef Horst Seehofer hat gestern im Parteivors­tand offenbar den richtigen Ton getroffen. Erstmals hat er angedeutet, dass er bereit ist, über die Spitzenkan­didatur offen zu reden. Der mögliche Riesenkrac­h ist daraufhin...

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