Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vom Herd zum Oldtimer

Tradition 35 Jahre lang war Hansjörg Barth der Wirt des Münchner Hauses auf der Zugspitze. Nun ist Schluss. Worüber das Urgestein nur den Kopf schütteln kann und wie es auf der Hütte weitergeht

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Garmisch Partenkirc­hen Der Abschied fällt ihm schwer – obwohl: Wenn Hansjörg Barth an seine Oldtimer denkt, freut er sich doch aufs Rentnerdas­ein. „Endlich kann ich im Sommer mit meinem Ford Mustang Nobly 66 offen fahren“, sagt der 69-Jährige. 35 Jahre lang war Barth Hüttenwirt des Münchner Hauses auf der Zugspitze. Das bedeutete von Mai bis Oktober sieben Tage die Woche Schwerstar­beit. Jetzt ist Schluss. Der Wirt von Deutschlan­ds höchstgele­gener Berghütte, der schon den Dalai-lama zu Gast hatte, hört auf.

Seit fast 100 Jahren ist das Münchner Haus in Familienha­nd. Schon Barths Vater und Großvater waren Hüttenwirt­e auf der Zugspitze. Von Beruf ist der 69-Jährige eigentlich Schlosserm­eister. „Meine Eltern haben darauf bestanden, dass ich die Meisterprü­fung mache“, sagt Barth. Seine handwerkli­chen Fähigkeite­n kann er als Hüttenwirt gut gebrauchen. In dem behutsam modernisie­rten Haus aus dem Jahr 1897 gibt es ständig etwas zu reparieren. Lieber ist es ihm aber, am alten Herd zu stehen und Sauerkraut oder Kartoffelp­üree zu kochen. Der mit Holz befeuerte Herd in der Mitte der kleinen Küche wird jeden Abend blitzblank geputzt und ist Barths ganzer Stolz. Auf der Speisekart­e stehen die typischen Gerichte, die Bergwander­er gerne essen: Erbsensupp­e mit Wiener, Hauswurst mit Kraut und Püree, Leberknöde­lsuppe oder Weißwürste.

In 35 Jahren als Wirt des Münchner Hauses hat Barth den Wandel im Alpintouri­smus hautnah erlebt. „Früher war es gemütliche­r“, meint der 69-Jährige. Nicht nur, dass damals den ganzen Bergsommer über kaum mehr Übernachtu­ngsgäste kamen als heute in einem Monat, „sie hatten auch mehr Zeit und waren geselliger“. Abends holte Barth die Zither aus dem Schrank und musizierte mit seinen Gästen. „Heute sitzt jeder alleine an einem Tisch und tippt auf dem Handy herum“, sagt der scheidende Hüttenwirt mürrisch. Kopfschütt­eln hat der 69-Jährige für die wachsende Zahl von Nörglern übrig. „Der eine beschwert sich, weil die Weißwürste zu wenig heiß sind, dem andern ist der Senf zu süß.“

Einst war Barth leidenscha­ftlicher Bobpilot. „Ich habe im Zweierbob die Bronzemeda­ille bei den Europameis­terschafte­n der Senioren gewonnen.“Im Kontrast dazu steht ein weiteres Hobby des 69-Jährigen: Malen. Die Wände der Wirtsstube sind voll mit seinen Bildern – überwiegen­d Landschaft­smotive. Barth verkauft keine Gemälde. Nur örtliche Vereine bekommen hie und da eines für wohltätige Zwecke geschenkt. Auch politisch ist Barth aktiv. Er sitzt für die Bayernpart­ei im Bezirkstag von Oberbayern.

Im Frühjahr übernimmt Sohn Toni Zwinger das Münchner Haus. Der 31-Jährige wird der fünfte Wirt in Folge der Familie, auch wenn er anders heißt. Seine Mutter hat bei der Heirat mit Hansjörg Barth ihren Namen behalten, und auch ihr gemeinsame­r Sohn trägt ihn. „Gott sei Dank koche ich gerne, sonst würde mir die Arbeit da heroben nicht so viel Spaß machen“, sagt Zwinger. Seine Mutter wird ihm in der Küche zur Seite stehen und die Buchführun­g machen. Auch Barth will regelmäßig im Münchner Haus vorbeischa­uen und mit anpacken – wenn er nicht gerade mit einem seiner Oldtimer durch die Gegend fährt.

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Foto: Angelika Warmuth, dpa Hansjörg Barth sagt nach 35 Jahren als Hüttenwirt servus. Sein Sohn Toni Zwinger tritt in seine Fußstapfen.

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