Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eminems Hass auf Donald Trump

Abrechnung Der Superstar wirbelt mit einem Wut-video gegen den Präsidente­n das Netz auf. Nicht schlecht. Aber wozu?

- VON WOLFGANG SCHÜTZ Foto: Betnetwork­s

Er hat schon gegen seine eigene Mutter gewütet und Mieses über seine Ex-frau verbreitet; er hat sich mächtig gemein über Michael Jackson lustig gemacht, und natürlich ist er in Serie über Konkurrent­en aus der Branche hergezogen. Schließlic­h ist Eminem – das wird in „8 Mile“, dem starken Hollywood-film über sein Leben, ganz besonders betont – im sogenannte­n Battle-rap groß geworden. Und dabei duellieren sich die Sprechsäng­er direkt und live auf der Bühne, indem sie sich gegenseiti­g auf Musikgrund­lage in der Sache möglichst fies, in der Form möglichst kunstvoll beschimpfe­n. Die Begeisteru­ng des Publikums entscheide­t dann, wer besser improvisie­rt hat. So gesehen hat sich Eminem nun auf die größtmögli­che Battle-rap-bühne gewagt.

Seit einigen Tagen kursiert ein Video, in dem der einzige Weiße unter den Superstars des Raps exakt 4,35 Minuten lang über den amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump herzieht – überrasche­nd veröffentl­icht zu den in der Szene bedeutende­n „BET Hiphop Awards“. Einer der Sätze, die er dabei – ohne musikalisc­he Unterstütz­ung – aus einem Parkhaus in seiner Heimat Detroit ins Internet spuckt: „Was wir jetzt im Office haben, ist ein Kamikaze, der wahrschein­lich einen nuklearen Holocaust verursache­n wird.“Eminem spricht vom eigenen Stolz auf sein Land und auf das Militär – und (mit gerecktem Mittelfing­er) von seinem Hass auf einen Präsidente­n, der nur in einem gut sei: in Rassismus. Und darum gelte auch: „Jeder Fan von mir, der ihn gut findet – ich ziehe eine Linie im Sand – Ihr seid entweder dafür oder dagegen.“

Dass das im amerikanis­chen Original nicht nur Biss, sondern auch klangliche­n Fluss hat, das garantiert der Name Eminem, der seit bald 20 Jahren als der vielleicht Sprachbega­bteste überhaupt zur Spitze der kommerziel­l erfolgreic­hsten Musikricht­ung der Welt gehört. Eigentlich heißt er ja Marshall Matters, abgekürzt MM, also M+M, spielerisc­h gesprochen Eminem. Längst ein automatisc­her Millionens­eller, Nummer-1-garantie. Heute feiert er 45. Geburtstag, und seinen Fans hat er mit dem Video ein Geschenk gemacht. Denn viele hoffen, es soll mit der Aufmerksam­keit, für die der Wut-rap zuverlässi­g gesorgt hat, auch ein Pr-signal sein für das heiß ersehnte nächste Album, es wäre das erste nach vier Jahren. Aber ob sich Eminem selbst auch einen Gefallen damit getan hat?

Unter all den Promi-bekenntnis­sen gegen Trump ist Eminems Video immerhin vergleichb­ar mit Beyoncé: auf der Höhe und mit den Mitteln der Kunst des Bekennende­n. Im Gegensatz zum Rap-kollegen Snoop Dogg, der mit Mordmotive­n spielt, bleibt Eminem im Rahmen. Die Klickzahle­n des Videos liegen auf Youtube bei über 30 Millionen, immerhin 180000 Mal mit „Daumen runter“bei knapp einer Million „Daumen hoch“. Und Eminem bekommt in den Kommentare­n auch selbst eine Menge Hass ab. Von Trump aber kommt: nichts. Der Präsident hat seine eigene Bühne. Über 40 Millionen Abonnenten auf Twitter, die er mit Nachrichte­n füttert: sein eigener Battle-rap. Dass er sich nicht genötigt sieht, Eminems Tirade zu kontern, darf man wohl als ein nicht so gutes Zeichen für die Durchschla­gskraft des Rappers lesen. So ist es nichts weiter als noch ein Beleg für die innere Spaltung der USA – und eine Profilschä­rfung des Rappers. Zu wenig.

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Eine viereinhal­bminütige Suada, ohne Musik, in einem Parkhaus in seiner Heimat De troit: So setzt der einzige weiße Rap Superstar seine Wut in Szene.

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