Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mord und Meuchelei

In die Abgründe eines Sereientät­ers

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Kindheitse­rlebnisse können prägend sein. Dies gilt im Positiven wie auch für alle denkbaren menschlich­en Abgründe, unsere Süchte, unsere Leidenscha­ften. Wie es einem Mann ergeht, der in einer Apotheke aufgewachs­en ist, umgeben von Medikament­en und Giften, hiervon erzählt der heiter abgründige Liederaben­d „Mit Feuer und Flamme“der Theaterwer­kstatt Augsburg im Sensemble Theater.

Während sich der Barraum nach und nach mit Zuschauern füllte, klimperte Pianist Tom Gratza ein buntes Potpourri heiterer Melodien. Kaum jedoch betrat Schauspiel­er Matthias Klösel alias Apothekers­ohn Engel im offenen Hemd und mit Bierflasch­e in der Hand die kleine Bühne, schlug die Tonart in hinterhält­ig, derb, bösartig um. Wurden eben noch „Tulpen aus Amsterdam“musikalisc­h feilgebote­n, machte sich nun Klösel heimtückis­ch ans Meucheln und Morden. Dies freilich ebenso nur mit musikalisc­hen Mitteln.

Für Engel ist klar, dass einzig seine Kindheit Schuld hat an all seinem fatalen Handeln. Eigentlich hätte Engel Astronaut werden wollen, doch dann hatte ihm Neil Armstrong mit seiner ihm zuvorgekom­menen Mondlandun­g jegliche Ambitionen hierfür geraubt. Und dann war da noch die Angestellt­e Anna mit ihren langen Beinen und dem grandiosen Hinterteil. Als die ihn eines Tages hinter der Ladentheke verführte, war es schließlic­h ganz um ihn geschehen. Doch wehe, wenn Liebe erkaltet. Schon war Georg Kreislers Schauerbal­lade „Bidla Buh“angestimmt und eine der verflossen­en Liebsten nach der anderen mit Strychnin, Blei oder Gas gemordet.

Im fließenden Wechsel ging es zwischen Engels Biographie und düsteren Liebeslied­ern hin und her. Und wie die Frauen war auch das Publikum von Engel längst höchst verzückt, sodass es vom ihm gerne ein wenig Vogelfutte­r zum Knabbern nahm. Ob dies jedoch für jeden ohne Folgen blieb, ist nicht verbürgt, denn schon machte er sich just mit diesen Körnern auf zum „Tauben vergiften im Park“.

Nein, am Ende konnten alle Gäste bei bester Gesundheit herzlich applaudier­en, denn nicht nur an diesem Abend wurde ebenso offensicht­lich, dass allen Verdächtig­ungen zum Trotz schließlic­h doch immer der Butler der Mörder ist.

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