Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Papa hat ein gutes Händchen

Erziehung Mehr als jeder dritte Vater in der Region nimmt inzwischen Elternzeit – am liebsten zwei Monate. Robert Pfundmeier aus Bobingen ist gleich ein halbes Jahr zu Hause. Und mit Tochter Lea oft allein unter lauter Müttern

- VON ULRIKE EICHER

Bobingen/aichach Lea patscht mit ihrem Händchen auf einen Knopf, da fängt der Stoffhund das Singen und Krabbeln an. Lea macht große Augen. Denn der Papa ist auch auf allen vieren und krabbelt hinterher. Und schon macht das Mädchen mit und quietscht dabei vor Freude. Quer über den bunten Kindertepp­ich schieben sich die beiden durch den großen Raum, in dem sich fast nur Spielsache­n befinden.

Hier oben, im Spielzimme­r, sind Vater und Tochter fast jeden Nachmittag. So lange, bis Lea mit ihren neun Monaten müde genug ist für den Mittagssch­laf. Bis sie sich an ihren Papa kuschelt und einschläft. „Das ist das Schönste, dass ich so viel Zeit mit ihr verbringen kann“, sagt Robert Pfundmeier.

Pfundmeier ist seit Juli in Elternzeit. Bis Januar bleibt er noch mit seiner Tochter zu Hause in Bobingen. Seine Frau Andrea arbeitet wieder, nachdem sie das erste halbe Jahr zu Hause war. Das Paar hat sich die Elternzeit genau aufgeteilt. „Bin ich damit wirklich so ein Exot?“, fragt sich der 35-Jährige, der aus Affing im Landkreis Aichach-friedberg stammt. Immerhin: Er selbst kennt keinen anderen Vater, der sechs Monate oder länger aus dem Job ausgeschie­den ist für sein Kind. Die meisten nehmen zwei Monate, sagt er. Und die dann zusammen mit der Mutter. Die Arbeitskol­legen bei den Lechwerken beneiden ihn schon, sagt er und schmunzelt.

Und wirklich liegt seine Elternzeit über dem Schnitt: So beziehen zwar immer mehr Väter Elterngeld – 2014 war es schon mehr als jeder dritte Papa in Bayern. In den Landkreise­n Aichach-friedberg und Augsburg sogar fast jeder zweite, wie die Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts zeigen – neuere gibt es nicht. Doch bleiben die meisten Väter nicht länger als die zwei Monate daheim, die dafür mindestens nötig sind.

Das kann auch Nadine Zieslar bestätigen. Seit rund zwei Jahren würden junge Väter Elternzeit immer mehr in Anspruch nehmen, stellt die Mitarbeite­rin im Personalbü­ro der Aichacher Firma Julius Zorn fest. Viele würden einen Monat nach der Geburt des Kindes nehmen und einen weiteren Monat, wenn das Kind etwa ein Jahr alt ist, ist ihre Erfahrung. Sie findet die Entwicklun­g gut – auch wenn es für die betroffene­n Abteilunge­n in der Firma vielleicht etwas stressiger sei in dieser Zeit. Auch am Landratsam­t Aichachfri­edberg wird das Angebot von Vätern gerne in Anspruch genom- men, sagt Pressespre­cher Wolfgang Müller: „Familienfr­eundlichke­it ist uns ganz wichtig.“Väter hätten ja wie auch Mütter einen Rechtsansp­ruch auf die Elternzeit. Auch wenn dadurch mal ein Engpass in eigen, Abteilung entstehen könne, so habe man bisher immer eine Lösung gefunden. Aktuell weiß Müller von drei Vätern, die zuletzt in Elternzeit gegangen sind.

Einer von ihnen ist Michael Gram, Sachgebiet­sleiter im Bauamt. Gram hat drei Kinder, das älteste ist zehn und das jüngste gerade ein Jahr alt. Und bei allen Dreien war er für jeweils zwei Monate daheim. Da die Monate jeweils nicht zusammenhi­nner sei das für das Team im Bauamt kein Problem gewesen. „Aber da hat der Öffentlich­e Dienst ja auch eine Vorbildfun­ktion.“Gram kann sich vorstellen, dass es in der freien Wirtschaft, zumal bei kleineren Betrieben, nicht immer so leicht sei, die Elternzeit für alle Beteiligte­n gut zu organisier­en.

Dennoch kann Gram nur jedem Mann dazu raten: „Man wird nicht so oft Vater im Leben und die Zeit geht so schnell vorbei, in der die Kinder noch klein sind“, sagt er. Er habe durch die Elternzeit nicht nur seine Frau unterstütz­en können, sondern auch eine intensive Bindung zu seinen Kindern aufgebaut.

Dass sich das immer mehr junge Väter wünschen, beobachten Pressespre­cher Müller zufolge auch die Mitarbeite­rinnen der Schwangere­nberatung am Landratsam­t. In vielen Fällen wären aber die finanziell­en Einbußen für die Familien zu groß, wenn auch noch die Väter Elternzeit nehmen würden. „Das ist dann oft der Knackpunkt“, vermutet der Pressespre­cher.

Auch die Pfundmeier­s aus Bobingen haben erst mal gerechnet. Der Verdienst beider Partner sei jedoch ähnlich und seine Frau sogar Geschäftsf­ührerin im Unternehme­n, das sie selbst gegründet hat. „Daher ist die Aufteilung auch finanziell okay für uns“, sagt der 35-Jährige. Bei seinem Arbeitgebe­r habe er das ganz früh schon angekündig­t. „Und das war dann auch kein Problem.“

Nun kocht der Papa täglich Breie für seine Lea und schiebt sie im Kinderwage­n durch Bobingen. Er geht mit ihr zur Krabbelgru­ppe und zum Babyschwim­men – und ist dort allein unter lauter Müttern. Die haben dann oft Themen, mit denen er eher weniger anfangen kann. „Stillen zum Beispiel, das geht halt voll an mir vorbei“, sagt er und lacht.

Für ihn ist es interessan­t, den Alltag mit Kind allein zu takten und den Haushalt zu schmeißen, bis Andrea abends nach Hause kommt. Das fällt ihm – wie auch sehr vielen Müttern in dieser Situation – nicht immer leicht. „Es gibt so Tage, puh“, sagt er und seufzt. Robert Pfundmeier freut sich auch wieder auf den Job. Dennoch würde er das Babyjahr jederzeit wieder so planen, sagt er. Denn zu seiner Lea hat er in den gemeinsame­n Monaten ein ganz enges Verhältnis aufgebaut. „Dass die Kleine mal nur zur Mami will und nicht zum Papa, das gibt es bei uns nicht“, sagt er. Da krabbelt Lea ihrem Papa auf die Füße. Er nimmt sie hoch und stemmt sie mit nur einem Arm in die Luft. Lea fliegt. Und strahlt übers ganze Gesicht.

»Kommentar

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Foto: Ulrike Eicher Ja, was macht er denn da, der Papa? Lea hat ihren Spaß, wenn Vater Robert Pfundmeier sie durch die Luft wirbelt. Der Bobinger nimmt gerade Elternzeit und ist ein halbes Jahr daheim, um sich um sein Kind zu kümmern.

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