Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Studenten wollen die Campus Schildkröte retten
Natur Im Unisee läuft eine große Fangaktion. Doch bislang tauchte die Schildkröte immer schnell ab. Wird das wärmeliebende Tier den kommenden Winter überstehen?
Viele Augsburger Studenten haben ein Herz für Tiere. An der Universität kommt es deshalb immer wieder zu ungewöhnlichen Aktionen, die Schlagzeilen machen. Diesmal sind Mathematikstudenten in schwieriger Mission unterwegs. Sie gingen auf Schildkrötenfang. Ihr Ziel: Sie wollen die Campus-schildkröte retten, die im Universitätsteich lebt. Wie sich herausstellt, ist das gar nicht so einfach.
Die Wasserschildkröte hat den Unisee schon seit einigen Monaten als neuen Lebensraum entdeckt. Meist hält sie sich im unteren Bereich des Sees auf, in der Nähe des Kunst- und Musik-gebäudes. Wie sie dorthin kam, weiß keiner. Möglicherweise ist sie ihrem Halter entlaufen, oder sie wurde ausgesetzt. Im Unisee scheint sie sich aber sehr wohlzufühlen. Seit sie dort beim Schwimmen und Sonnen entdeckt wurde, hat sie viele Fans auf dem Campus. Dazu gehören auch die „Schildkrötenfreunde aus der Mathematik“. So nennt sich eine Gruppe von Studenten, die sich nun Sor- gen macht, wie das wild lebende exotische Reptil unbeschadet den deutschen Winter überstehen soll.
Die Studenten machten sich eigens bei einem Fachtierarzt kundig, um welche Art es sich genau handelt. Anhand von Fotos sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass es wahrscheinlich eine amerikanische Gelbwangenschildkröte ist, sagt Uni-pressesprecher Michael Hallermayer. Diese Art sei normalerweise in sehr viel wärmeren Breitengraden beheimatet. Fachleute gehen davon aus, dass sie in freier Natur mit den schwankenden Wintertemperaturen in Deutschland nicht zurechtkommen wird. Der Tierarzt empfahl, die Schildkröte einzufangen und bei einem Fachmann zur Überwinterung in Obhut zu geben.
Doch dieser Rat ist nicht so leicht zu befolgen. Mit einem Kescher „bewaffnet“machten sich die Mathematikstudenten in den vergangenen Wochen auf zum Schildkrötenfang. Aber immer wenn der Fangtrupp auftauchte, tauchte die Schildkröte ab und schwamm auf und davon. Weil der Winter immer näher rückt, machen sich die Stu- denten nun ernsthaft Sorgen. Sie schreiben offiziell die Uni an, um über das weitere Vorgehen zu beraten. „Die Schildkrötenjagd ist allerdings keine alltägliche Tätigkeit an einer Universität“, sagt Hallermayer. Deshalb sei es auch nicht ganz einfach, herauszufinden, welche Stelle dafür zuständig ist.
Zwar gibt es eine eigene Abteilung für Grünanlagen an der Universität. Doch die sei normalerweise nicht für die Tiere am Campus zuständig, sagt Hallermayer. Es gäbe allerdings eine studentische Hilfskraft in der Pressestelle, die Erfahrung mit dem Überwintern von Schildkröten im Kühlschrank hat. Doch für den kontrollierten Winterschlaf müsste man die wild lebende Wasserschildkröte erst einmal überlisten und in die Hände bekommen. Und das hat bislang nicht geklappt.
Aktuell sucht die Uni nach einem „Schildkröten-beauftragten“, der sich der Angelegenheit annehmen soll, so Hallermayer. Der tierische Gast soll möglichst auch im kommenden Sommer wieder munter im Unisee schwimmen. Denn für Studenten liefert die Schildkröte viel Gesprächsstoff. Auch über einen passenden Namen wurde in den sozialen Netzwerken schon viel beraten. Zur Auswahl stehen bislang „die uralte Morla“, Dörte die Turtle, Michelangelo, Kassiopeia, Günter oder Campus-turtle. „Die meisten nennen sie Campusschildkröte“, sagt Hallermayer.
Die Gelbwangenschildkröte ist übrigens nicht das einzige Tier, das an der Universität für Aufsehen sorgt. Bisher stand die „Campuscat“im Mittelpunkt, ein rot getigerter Kater, der auf dem Campus lebt. Regelmäßig streunt der Kater durch die Unigebäude, setzt sich in Vorlesungen und lässt sich von Studenten den Bauch kraulen. Im Netz ist das tierische Uni-maskottchen längst zu einer kleinen Berühmtheit geworden, hat sogar einen eigenen Facebookund Instagram-kanal.
Nun ist die Frage, ob die Campus-schildkröte in den nächsten Jahren ähnlich bekannt werden könnte. Zeit hätte sie. Denn grundsätzlich kann sie rund 50 Jahre alt werden. Erst einmal muss sie aber den kommenden Winter überstehen.