Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Spiegel der Stadtgesch­ichte

Serie II Wie Straßen ihren Namen erhalten. Die ältesten lassen sich rund 650 Jahre zurückverf­olgen

- VON STEFAN KROG

Seit acht Jahren gibt es auf unserer Service-seite im Lokalteil (heute auf Seite 30) oben links einen kleinen Eintrag, der die Herkunft eines Augsburger Straßennam­ens erklärt: Heute ist mit der Jörg-seld-straße, die den Martini-park erschließt, der 2500. Eintrag an der Reihe.

Erklärt werden heutige, historisch­e und volkstümli­che Straßenbez­eichnungen. „Ich hätte selbst nicht gedacht, dass so viele kuriose Sachen rauskommen“, so Geodatenam­tsleiter Wilfried Matzke, der die Texte zusammen mit zwei Mitarbeite­rinnen erstellt und eine Auswahl für den Artikel oben zusammenge­stellt hat.

1925 amtliche Straßennam­en gibt es in Augsburg, mit wachsender Tendenz in einer wachsenden Stadt. Beschlosse­n werden die Straßennam­en vom Stadtrat. Anregungen kann jeder Bürger geben. „Momentan haben wir um die 200 Vorschläge registrier­t“, so Matzke. Die reichen von Persönlich­keiten bis zu einzelnen Fischarten.

Seit dem Jahr 1938 gibt es in Augsburg flächendec­kend amtliche Straßennam­en, wobei die ältesten Straßennam­en rund 650 Jahre zurückverf­olgbar sind. „Und sie spiegeln die Stadtgesch­ichte wider: Augsburg als Textilstad­t ist in den Straßennam­en noch präsent. 130 Straßennam­en befassen sich mit dem Stiftungsw­esen. Im nördlichen Kriegshabe­r gibt es ein kleines Viertel mit Stifternam­en“, so Matzke. Aber auch das Thema Wasserwirt­schaft, mit dem Augsburg zum Weltkultur­erbe werden will, taucht auf. „Einige Straßen sind nach Brunnenmei­stern benannt, etwa die Walterstra­ße im Textilvier­tel oder die Karg- und Schallerst­raße in Oberhausen.“

Zum Großteil greift das Geodatenam­t auf eigene Akten und eine ehrenamtli­ch erstellte Datenbank von Dr. Dieter Voigt zurück, was die Straßennam­en betrifft. Es gibt noch einige wenige althergebr­achte Straßennam­en, deren Herkunft nicht geklärt ist, etwa der Eisenbeute­lweg in der Firnhabera­u. Die Leisenmahd in Haunstette­n war eine Zeit lang auch so ein Kandidat. Die Bezeichnun­g geht auf einen alten Flurnamen zurück. Mahd steht für das Mähen und eine Wiese. Beim Wort „Leisen“tat man sich hingegen lange schwer. Inzwischen vermutet man, dass es vom altdeutsch­en Wort für tiefe, Wagenspure­n kommt. Die Flur lag an der Handelsstr­aße nach Süden, die von den Römern schon als Via Claudia genutzt wurde.

In den Akten werden auch Hinweise zu Straßennam­en vermerkt, etwa die Entstehung­sgeschicht­e der „Mathildens­traße“, die später ein Stammgast offenbarte. Auch beim Kennedy-platz, der entgegen der städtische­n Regelung mit Bindestric­h geschriebe­n wird, gibt es einen Vermerk. Der Bindestric­h ging auf einen Wunsch des damaligen Baureferen­ten zurück, als der Stadtrat nach der Ermordung von Uspräsiden­t John F. Kennedy 1963 die Umbenennun­g vom Theater- zum Kennedy-platz beschloss. Matzke schätzt, dass es Stoff für etwa 3100 Erklärunge­n gibt. 2019 dürfte die Serie auslaufen.

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