Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Spiegel der Stadtgeschichte
Serie II Wie Straßen ihren Namen erhalten. Die ältesten lassen sich rund 650 Jahre zurückverfolgen
Seit acht Jahren gibt es auf unserer Service-seite im Lokalteil (heute auf Seite 30) oben links einen kleinen Eintrag, der die Herkunft eines Augsburger Straßennamens erklärt: Heute ist mit der Jörg-seld-straße, die den Martini-park erschließt, der 2500. Eintrag an der Reihe.
Erklärt werden heutige, historische und volkstümliche Straßenbezeichnungen. „Ich hätte selbst nicht gedacht, dass so viele kuriose Sachen rauskommen“, so Geodatenamtsleiter Wilfried Matzke, der die Texte zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen erstellt und eine Auswahl für den Artikel oben zusammengestellt hat.
1925 amtliche Straßennamen gibt es in Augsburg, mit wachsender Tendenz in einer wachsenden Stadt. Beschlossen werden die Straßennamen vom Stadtrat. Anregungen kann jeder Bürger geben. „Momentan haben wir um die 200 Vorschläge registriert“, so Matzke. Die reichen von Persönlichkeiten bis zu einzelnen Fischarten.
Seit dem Jahr 1938 gibt es in Augsburg flächendeckend amtliche Straßennamen, wobei die ältesten Straßennamen rund 650 Jahre zurückverfolgbar sind. „Und sie spiegeln die Stadtgeschichte wider: Augsburg als Textilstadt ist in den Straßennamen noch präsent. 130 Straßennamen befassen sich mit dem Stiftungswesen. Im nördlichen Kriegshaber gibt es ein kleines Viertel mit Stifternamen“, so Matzke. Aber auch das Thema Wasserwirtschaft, mit dem Augsburg zum Weltkulturerbe werden will, taucht auf. „Einige Straßen sind nach Brunnenmeistern benannt, etwa die Walterstraße im Textilviertel oder die Karg- und Schallerstraße in Oberhausen.“
Zum Großteil greift das Geodatenamt auf eigene Akten und eine ehrenamtlich erstellte Datenbank von Dr. Dieter Voigt zurück, was die Straßennamen betrifft. Es gibt noch einige wenige althergebrachte Straßennamen, deren Herkunft nicht geklärt ist, etwa der Eisenbeutelweg in der Firnhaberau. Die Leisenmahd in Haunstetten war eine Zeit lang auch so ein Kandidat. Die Bezeichnung geht auf einen alten Flurnamen zurück. Mahd steht für das Mähen und eine Wiese. Beim Wort „Leisen“tat man sich hingegen lange schwer. Inzwischen vermutet man, dass es vom altdeutschen Wort für tiefe, Wagenspuren kommt. Die Flur lag an der Handelsstraße nach Süden, die von den Römern schon als Via Claudia genutzt wurde.
In den Akten werden auch Hinweise zu Straßennamen vermerkt, etwa die Entstehungsgeschichte der „Mathildenstraße“, die später ein Stammgast offenbarte. Auch beim Kennedy-platz, der entgegen der städtischen Regelung mit Bindestrich geschrieben wird, gibt es einen Vermerk. Der Bindestrich ging auf einen Wunsch des damaligen Baureferenten zurück, als der Stadtrat nach der Ermordung von Uspräsident John F. Kennedy 1963 die Umbenennung vom Theater- zum Kennedy-platz beschloss. Matzke schätzt, dass es Stoff für etwa 3100 Erklärungen gibt. 2019 dürfte die Serie auslaufen.