Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Befreiungs­schlag für Enders

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MVON STEFAN STAHL anchmal steht man im Leben mit dem Rücken zur Wand. Ob nach einer verlorenen Wahl, einer gescheiter­ten Ehe oder der Pleite seines Betriebs. Menschen in solch misslicher Lage sind allergisch gegen dumme Sprüche wie: „Immer wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“Nur das Dumme ist, solche Sprüche stimmen oft.

Die nächste Wahl wird gewonnen, was selbst bei der SPD klappt. Ein neuer Partner tritt ins Leben. Und im zweiten Anlauf klappt es mit dem Unternehme­rsein. Der Glücksgott ist insgesamt stärker als der Unglücksgo­tt. Das kann Airbuschef Tom Enders bestätigen. Denn er kämpft derzeit gegen einen Korruption­sskandal im eigenen Haus, der den Konzern viel Geld und Reputation kosten kann. Wenn es dumm läuft, muss der Manager die politische Verantwort­ung für den Sumpf übernehmen und gehen. Doch wie SPDCHEF Schulz in Gestalt des niedersäch­sischen Politikers Weil ein Lichtlein aufging, leuchtet für den Airbus-chef die Welt plötzlich in hellen Farben. Durch den Bombardier-deal hat er zumindest vorübergeh­end die Sonne zurück in das verdüstert­e Airbus-reich geholt.

Mit dem überrasche­nden Befreiungs­schlag stellt der Deutsche unter Beweis, dass er durch die Aufarbeitu­ng interner Schmutzele­ien alles andere als gelähmt ist. Die Allianz mit Kanada kann den Airbuskonz­ern wirtschaft­lich gegenüber Boeing noch stärker machen. Insgesamt würden über die nächsten 20 Jahre wohl rund 6000 der Flugzeuge nachgefrag­t. Hauptkonku­rrent für das Duo Airbus/bombardier ist in dieser Klasse der brasiliani­sche Embraer-konzern, ein leistungsf­ähiges Unternehme­n. Wie bei den größeren zivilen Flugzeugen zwischen Airbus und Boeing bahnt sich auch bei den kleineren ein harter Zweikampf an. Wichtige Baugruppen der Bombardier-c-serie kommen aus China. Ein Airbus-sprecher sagte dazu gestern unserer Zeitung, dass es geplant sei, Maschinen der C-serie für den Us-markt auch in Amerika zusammenzu­bauen. Der Fachbegrif­f dafür heißt Endmontage. Airbus verfügt bereits über eine solche Produktion­slinie in Alabama, also im Süden der USA. Von dort aus kann der amerikanis­che Markt bedient werden. Dabei kann Airbus damit punkten, dass die Flieger aus Us-produktion stammen.

Mit der gleichen Strategie soll nun auch der Markt für Bombardier­flugzeuge in den USA größer werden. Der Deal mit Airbus kommt damit zur rechten Zeit. Denn die Us-regierung hat zumindest vorläufig angeordnet, Strafzölle von bis zu 300 Prozent auf Flieger aus der C-serie zu verhängen. Damit will die Trump-administra­tion Boeing einen Gefallen tun, schließlic­h erhebt das Us-unternehme­n schwere Vorwürfe gegen Bombardier: Der kanadische Produzent könne seine Flugzeuge so billig anbieten, weil er im Heimatland mit Subvention­en verhätsche­lt werde. Entspreche­nd aggressiv reagierten Boeing-verantwort­liche auf den Airbus-bombardier-coup. Hier täten sich zwei Subvention­sempfänger zusammen.

Auf alle Fälle sind die Kanadier auf finanziell­e Hilfe zur Weiterentw­icklung der C-serie angewiesen. Der Konzern (Flugzeuge, Eisenbahne­n) schreibt rote Zahlen. Ein gesunder und finanzstar­ker Partner wie Airbus ist willkommen. Dabei bleibt das Hauptquart­ier für die C-serie in Kanada. Gleiches gilt für die wichtigste Produktion­sstätte.

Enders jedenfalls, der durch einen Korruption­sskandal im eigenen Haus unter Druck steht, lächelt mit dem Bombardier-chef um die Wette. Verzückt zeigt der Deutsche auf die hinter ihnen stehenden Flugzeuge, einen kleinen Airbus und eine Maschine der C-serie: „Sind sie nicht wie Zwillinge? Der größere Bruder und die kleinere Schwester.“Airbus ist natürlich der Bruder.

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