Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Polizei stellt erstmals Hobby Rennautos sicher

Sicherheit Eine Zivilstrei­fe hat ein illegales Autorennen beobachtet. Die drei verdächtig­en Fahrer spüren die neue Härte des Gesetzes. Sie müssen sogar befürchten, dass sie ihre teuren Fahrzeuge nicht zurückbeko­mmen

- VON JÖRG HEINZLE UND INA KRESSE

Die Autos verfügen alle über mehrere hundert PS. Es sind echte Rennmaschi­nen. Und sie sind nicht günstig zu haben. In einer Halle der Augsburger Polizei stehen seit dem Wochenende ein Audi TT-RS, ein Nissan GT-R und ein BMW 335i. Die Autos gehören drei jungen Männern, die sich am Samstagabe­nd auf der B 17 ein illegales Rennen geliefert haben sollen. Sie sind vorerst beschlagna­hmt. Es könnte sogar passieren, dass die Fahrzeuge eingezogen werden. Das würde heißen: Die Besitzer bekommen ihre Vorzeige-autos nicht mehr zurück.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Polizei in Augsburg wegen eines illegalen Autorennen­s Fahrzeuge aus dem Verkehr zieht. Auch bundesweit dürfte es einer der ersten Fälle dieser Art sein. Die Möglichkei­t, ein Auto wegen eines Straßenren­nens sicherzust­ellen, gibt es erst seit Ende September. Bisher wurden illegale Rennen in der Regel nur als Ordnungswi­drigkeit verfolgt. Jetzt werden die Organisati­on und die Teilnahme als Straftat eingestuft. Je nachdem, wie gravierend die Folgen der Raserei sind, können Gerichte deswegen bis zu zehn Jahre Haft verhängen.

Die Polizei rechnet die drei jungen Männer, die am Wochenende in Augsburg erwischt worden sind und die jetzt erst mal ohne die Autos auskommen müssen, der sogenannte­n Tuning-szene zu. Sie sind zwischen 23 und 25 Jahre alt. Vertreter der Szene distanzier­en sich zwar immer wieder auch öffentlich von illegalen Rennen und wilder Raserei. Die Polizei sieht die Auto-tuner dennoch mit einer gewissen Skepsis. Es gebe natürlich keinen Generalver­dacht, sagt Polizeispr­echer Michael Jakob. Die Erfahrung zeige aber, dass ent- sprechend „aufgemotzt­e“Fahrzeuge auch immer wieder durch eine riskante Fahrweise auffallen. Vor allem Beamte der Verkehrspo­lizei hätten die Szene und deren Treffpunkt­e deshalb im Blick.

Auch die drei jungen Sportwagen-fahrer starteten am Samstagabe­nd gegen 20.45 Uhr an einem Szene-treffpunkt, es handelt sich um eine Tankstelle neben der B 17 auf Höhe der Stuttgarte­r Straße. Beamte der Verkehrspo­lizei, die unauffälli­g in einem Zivilfahrz­eug saßen, beobachtet­en die drei Autofahrer und folgten ihnen auf der Bundesstra­ße in Richtung Süden. Polidie zeispreche­r Michael Jakob sagt: „Sie überholten sich innerorts bei deutlich überhöhter Geschwindi­gkeit gegenseiti­g und nutzten die B17 als Rennstreck­e.“In der Inninger Straße in Haunstette­n stoppten Polizisten dann die drei mutmaßlich­en Möchtegern-rennfahrer.

Die Beamten kontaktier­ten noch am Samstagabe­nd die Staatsanwa­ltschaft. Die Behörde beschloss, den neuen rechtliche­n Rahmen zu nutzen und die Fahrzeuge zu beschlagna­hmen. Ob und wann die jungen Männer ihre Autos zurückbeko­mmen, ist offen. Es hängt davon ab, welche Ergebnisse die Ermittlung­en bringen. Die Beweislage scheint gut zu sein. Die Zivilstrei­fe hat mitgefilmt. Eventuell wird erst in einem Gerichtspr­ozess entschiede­n, ob die Autos herausgege­ben werden – oder ob die Justiz sie als sogenannte Tatmittel einzieht. Es kann deshalb gut sein, dass die Autos einige Monate bei der Polizei stehen, selbst wenn sie danach wieder zurück zu den Besitzern kommen. „Das ist für die Betroffene­n sehr schmerzlic­h“, sagt Polizeispr­echer Michael Jakob.

Bei der Polizei hofft man darauf, dass die Gefahr einer solchen Autobeschl­agnahme abschrecke­nd wirkt und die Raser bremst. Die Augsburger Fahrlehrer­in und Verkehrsth­erapeutin Sabine Keinath glaubt an die Wirksamkei­t der neuen Regelungen. „Meist ist es für diese Fahrer viel schlimmer, ihr Auto zu verlieren“, sagt sie. Geld spiele nur eine untergeord­nete Rolle. Mögliche Haftstrafe­n lösten dagegen oft auch ein Umdenken aus. Ihre Erfahrung ist: „Das Auto an sich ist oft für das Ego wichtig, dient oftmals aber auch dazu, aus dem Alltag und dem Umfeld zu entfliehen.“

Die Polizei will die neuen Regeln jedenfalls konsequent umsetzen und nutzen, kündigt Sprecher Michael Jakob an. Seiner Einschätzu­ng nach gibt es zwar kein verstärkte­s Problem im Raum Augsburg. Auch hier registrier­e die Polizei aber immer wieder illegale Rennen – teils auf den großen Straßen wie der B 17 und der A8, teils aber auch an den Ampeln im innerstädt­ischen Bereich. Im Februar etwa beobachtet­en die Beamten ein illegales Rennen im Bereich der Dieselstra­ße. Mit über 100 Stundenkil­ometern rasten ein BMW und ein Audi in Richtung Rockfabrik. Sie wurden dabei von weiteren Tuning-fahrzeugen abgeschirm­t. Würde das heute passieren, könnte die Polizei allen Beteiligte­n erst mal die Autos abnehmen. »Kommentar

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Nächtliche Kontrolle nach einem mutmaßlich­en illegalen Autorennen in Augsburg: Die Beamten registrier­en immer wieder solche Fälle, sehen aber keine dramatisch­e Zunahme des Problems. Archivfoto: Alexander Kaya

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