Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Dem Kunden ist die Form egal
WVON CHRISTINA HELLER as haben eine Coca-cola-flasche, eine Flasche des Mundwassers Odol und eine Tafel Ritter Sport gemeinsam? Viel. Denn für alle drei Produkte haben sich Firmen nicht nur den Namen als Marke schützen lassen, auch die Formen der Verpackungen sind als dreidimensionale Marken patentiert. Das geht in Deutschland seit 1995. Für Hersteller ergibt das Sinn, wollen sie sich in den übervollen Supermarkt-regalen von den Konkurrenten abheben und wiedererkannt werden. Das klappt, wenn die Ware anders verpackt ist als die der Mitbewerber.
Und der Kunde? Der wundert sich, wenn er von den Patentrechtsstreitigkeiten liest, wie jenen, über die der BGH nun urteilte. Darf nur Ritter Sport quadratisch sein? Dem Konsumenten ist das egal. Natürlich freut er sich, wenn er seine Lieblingssorte schnell findet. Aber: Er sucht gezielt nach seiner Lieblingsmarke, der Sorte, die ihm am besten schmeckt. Ob die nun quadratisch, rechteckig oder rund verpackt ist, interessiert ihn wenig. Ihm geht es um den Geschmack und der ändert sich durch die Verpackung nicht. tisch, weil das„praktisch“sei – um es mit den Worten der Werbetexter des Unternehmens zu sagen. Unternehmenssprecher Thomas Seeger hält dieses „historische“Argument für „völligen Quatsch“. „Versuchen Sie mal, unsere 250-Gramm-tafel in die Hosentasche zu stecken.“Auch der BGH sah darin keinen Grund, den Markenschutz entfallen zu lassen und hob die Entscheidung der Patentrichter auf.
Ähnlich ging ein zweiter Fall aus: Dextro Energy hatte die Quaderform seines Traubenzuckers als Marke eintragen lassen. Auch hier waren die Karlsruher Richter nicht damit einverstanden, wie das Bundespatentgericht für eine Löschung der Marke argumentiert hatte. Das hatte angenommen, dass die Form des Traubenzuckers eine „technische Wirkung“habe. „Die Quaderform der Täfelchen ermögliche eine platzsparende Stapelung (…), um sie vor allem während sportlicher Aktivitäten mitführen und unterwegs konsumieren zu können.“Und die Vertiefungen gewährleisteten als Sollbruchstellen die leichte und gleichmäßige Portionierung von Traubenzuckereinheiten.
So weit stimmte der BGH noch zu. Dass aber auch die „abgeschrägten Ecken und Kanten“eine technische Wirkung hätten, weil sie „dem angenehmeren Verzehr“dienten, stieß in Karlsruhe auf Stirnrunzeln. Da gehe es dann wohl eher um eine „sensorische Wirkung beim Verbrauch“. Das Bundespatentgericht wird beide Fälle noch einmal prüfen müssen. Für Ritter Sport gehe es dabei auch ein Stück weit um seine „DNA“, sagt Sprecher Seeger. Aber selbst wenn der Markenschutz fallen sollte, erwarte er nicht, dass die Konkurrenz komplett auf quadratische Tafeln umstellen würde. Denn: „Die Leute werden bei quadratischer Schokolade weiter an Ritter Sport denken.“