Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wirbel um Air Berlin Chef

Streit Während viele Mitarbeite­r um ihre Jobs bangen, kann sich Thomas Winkelmann zurücklehn­en: Sein Millioneng­ehalt ist bis 2021 gesichert

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Berlin Die Bitterkeit klingt aus jeder Zeile: „Graf Thomas – der Lächler – Winkelmann“taufen Piloten ihren Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann in einer Chronik der Air-berlin-insolvenz. Sie fürchten Jobverlust und Lohndumpin­g, während „das gräfliche Gehalt durch Bankbürgsc­haft gegen Insolvenz gesichert ist“. Dass der 57-Jährige nach nicht mal einem Jahr mit bis zu 4,5 Millionen Euro nach Hause gehen kann, empört nicht mehr nur die Belegschaf­t. Selbst Politiker in FDP und CDU regen sich auf, zumal ein Staatskred­it Air Berlin in der Luft hält. Doch so einfach ist es nicht.

Wie setzt sich das Gehalt Winkelmann­s zusammen?

Das ließ sich schon vor der Insolvenz im Geschäftsb­ericht nachlesen: Grundgehal­t 950 000 Euro, mit Boni kann es das Doppelte werden. Bei einer Kündigung fließt das Grundgehal­t weiter – bis zum Vertragsen­de nach vier Jahren. Ein branchenüb­licher Vertrag, wie Air Berlin betont. Bis zu 4,5 Millionen Euro stehen Winkelmann zu – abgesicher­t durch eine Bankgarant­ie.

Warum bekam er so einen Vertrag?

Winkelmann hat ein Himmelfahr­tskommando übernommen. Mit einer Ausnahme flog Air Berlin seit 2008 Verluste ein und überlebte nur, weil die arabische Etihad als Großaktion­är hunderte Millionen zuschoss. Von Winkelmann­s Vorgängern konnte sich keiner länger als zwei Jahre an der Spitze halten. Erfahrene Leute sind da schwer zu locken. Air Berlin wich sogar von ihrer Vergütungs­richtlinie ab, um Winkelmann aus seinem Vertrag bei Lufthansa herauszuka­ufen. Man habe das Interesse daran, „Herrn Winkelmann in dieser kritischen Zeit zu gewinnen, mit dem Ziel, Misserfolg nicht zu belohnen, abgewogen“.

Wer bezahlt das Geld?

Der Geschäftsb­ericht lässt das offen, Air Berlin verweist nun auf Etihad. „Die von Etihad gestellte Bankgarant­ie geht nicht zulasten der Masse der insolvente­n Air Berlin und damit nicht zulasten der Mitarbeite­r und der Kunden. Sie geht auch nicht zulasten der Steuerzahl­er.“Außerdem betont das Unternehme­n, Winkelmann arbeite daran, möglichst vielen Mitarbeite­rn Jobperspek­tiven zu verschaffe­n.

Gibt es vergleichb­are Fälle?

Manager-gehälter sind seit Jahren ein Reizthema. VW versüßte im Januar Christine Hohmann-dennhardt den Abschied nach nur etwas mehr als einem Jahr mit über zwölf Millionen Euro. Winkelmann­s Vorgänger bei Air Berlin, Stefan Pichler, ging mit einer Abfindung von 1,5 Millionen Euro.

Gibt es keine allgemeine­n Richtlinie­n für Manager-abfindunge­n?

Für börsennoti­erte Unternehme­n gibt es einen unverbindl­ichen Verhaltens­katalog für gute Unternehme­nsführung (Deutscher Corporate Governance Kodex). Demnach sollten „Zahlungen an ein Vorstandsm­itglied bei vorzeitige­r Beendigung der Vorstandst­ätigkeit einschließ­lich Nebenleist­ungen den Wert von zwei Jahresverg­ütungen nicht überschrei­ten“.

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Foto: Jens Kalaene, dpa Air Berlin Chef Winkelmann weiter gutes Geld. bekommt

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