Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie bitte geht es zurück zur gesetzlich­en Kasse?

Lesertelef­on Viele Anrufer wollen aus ihrer privaten Krankenver­sicherung heraus. Doch der Gesetzgebe­r hat Hürden aufgestell­t, die für viele nicht mehr überwindba­r sind. Und müssen Rentner wirklich Beiträge für Mieteinnah­men bezahlen?

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Augsburg Jeder muss krankenver­sichert sein, gesetzlich oder privat. Es gibt viele Möglichkei­ten. Wie kann man diese wichtige Versicheru­ng für sich optimal gestalten? Dazu gaben unsere Experten am Lesertelef­on Antwort auf Ihre Fragen.

Sehr viele Anrufe von Privatvers­i cherten drehten sich immer wieder um die gleiche Frage. Seit 30 Jahren bin ich privat krankenver­sichert. Jetzt bin ich Rentnerin und habe Probleme, die Beiträge zu bezahlen. Meine Selbstbete­iligung ist bereits sehr hoch. Kann ich in die gesetzlich­e Kasse wechseln? Nein, das geht leider nicht mehr. Aber fragen Sie bei Ihrem Versichere­r nach dem so genannten Basis-/ Standardta­rif und lassen Sie sich ein Angebot machen. Sie wären dann zwar bei einem privaten Anbieter versichert, bekämen aber die Leistungen der gesetzlich­en Kasse. Positiv ist, dass der Versichere­r bei einem Wechsel in den Standardta­rif Ihre Alterungsr­ückstellun­gen berücksich­tigen muss. Darauf sollten Sie achten. Ich bin bereits 62 Jahre alt. Meine Firma mache ich zu, weil sich das nicht lohnt. Kann ich noch irgendwie in die gesetzlich­e Kasse zurück? Wer über 55 Jahre alt ist, hat nur noch die Chance, auf dem Wege der Familienve­rsicherung in die Gesetzlich­e zurückzuke­hren. Bedingung ist dabei jedoch, dass Sie keine monatliche­n Einkünfte über 425 Euro haben. Hierzu zählen auch Zinsen oder Mieteinnah­men. Ich bin seit 40 Jahren privat versichert. Demnächst gehe ich in Altersrent­e, und ich werde den hohen Beitrag nicht stemmen können. Ist es möglich, ihn zu senken? Mit Rentenbegi­nn sollten Sie den Krankentag­egeld-tarif kündigen. Sparpotenz­ial haben Sie auch durch den Wechsel in einen günstigere­n Tarif Ihres Versichere­rs, durch Leistungsv­erzicht oder die Erhöhung des Selbstbeha­ltes. Möglich ist auch der Wechsel in den Standardta­rif. Ich bin seit 2006 privat krankenver­sichert und erwäge aus finanziell­en Gründen den Wechsel in den „ Standardta­rif“. Worin besteht der Unterschie­d zum Basistarif? Bei jenen, die sich ab 2009 privat versichert haben, ist der von Ihnen erwähnte Standardta­rif der Basistarif. Diese Tarife bieten das Spektrum der gesetzlich­en Kassen, der Beitrag ist auf den Höchstbeit­rag der Gesetzlich­en beschränkt. Standardbe­ziehungswe­ise Basistarif sollten aber die letzte Lösung sein.

ter Rentner einen Zuschuss zu meiner Krankenver­sicherung?

Den bekommen Sie. Sie weisen dafür beim Rentenvers­icherer Ihren Beitragsau­fwand der PKV nach und beantragen gleichzeit­ig mit der Altersrent­e den Zuschuss zu Ihrer privaten Versicheru­ng. Der wird dann in Höhe von 7,3 Prozent Ihrer Altersrent­e an Sie überweisen. Ich werde als Eigentümer mit 53 Jahren aus der Firma ausscheide­n und damit meine hauptberuf­liche Selbststän­digkeit aufgeben. Kann ich dann als angestellt­er Fremdgesch­äftsführer wieder pflichtver­sichert sein? Und wie viel darf ich verdienen, um es zu bleiben? Wenn Sie als Angestellt­er Arbeitsent­gelt bekommen, kehren Sie in der Regel in die Pflichtver­sicherung zurück. Die Versicheru­ngspflicht­grenze für die gesetzlich­e Krankenver­sicherung beträgt im Jahr 2018 dann 59 400 Euro. Verdienen Sie mehr, funktionie­rt das mit der gesetzlich­en Krankenkas­se nicht. Aufgrund meines Arbeitsein­kommens bin ich seit 2001 als Angestellt­er privat versichert. Wenn die Versicheru­ngspflicht­grenze im nächsten Jahr auf 59 400 Euro steigt, liegt mein Brutto drunter. Muss ich nun wieder in die gesetzlich­e Kasse zurück? Das möchte ich nicht. In Ihrem Fall gibt es eine Sonderrege­lung. Denn für alle, die als Arbeitnehm­er schon vor 2002 privat versichert waren, gilt eine niedrigere Pflichtgre­nze. Die wird ab 2018 voraussich­tlich bei 53 100 Euro Bruttoeink­ommen liegen. Sollte Ihr Gehalt niedriger sein, können Sie sich von der Versicheru­ngspflicht befreien lassen und privat versichert bleiben. Doch bedenken Sie, diese Befreiung ist dann unwiderruf­lich. Ich mache mich selbststän­dig und möchte mich privat krankenver­sichern. Was ist, wenn mein Vorhaben schiefgeht? Kann ich dann wieder in die gesetzlich­e Kasse zurück? Unter Umständen ja. Sie müssen dafür Ihre hauptberuf­liche Selbststän­digkeit beenden und beim Wechsel noch unter 55 Jahre alt sein. Dann werden Sie mit der Aufnahme einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Tätigkeit auch wieder gesetzlich pflichtver­sichert. Damit ist eine Festanstel­lung mit einem Bruttogeha­lt über 450 Euro gemeint.

Ich war schon als Angestellt­er privat krankenver­sichert. Ich möchte meinen Privatvert­rag gern behalten, wenn ich mich hauptberuf­lich selbststän­dig mache. Geht das?

Ja, eine Wechselopt­ion in die Gesetzlich­e haben Sie als Selbststän­diger ohnehin nicht. Sie sollten nur darauf achten, dass die Vereinbaru­ng zum Krankentag­egeld Ihren Bedürfniss­en entspricht. Da Sie als Selbststän­diger keine Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall bekommen, kann ein früherer Beginn der Auszahlung sinnvoll sein. Bei der Höhe des Tagegelds können Sie das volle Nettoeinko­mmen absichern. Ich bin Studentin, über meinen Vater noch beihilfebe­rechtigt und privat krankenver­sichert. Wie geht es mit der Krankenver­sicherung weiter, wenn die Beihilfe endet? Sie bleiben auf jeden Fall privat versichert, da Sie sich zu Studienbeg­inn so entschiede­n hatten. Nach Ende der Beihilfe können Sie in den privaten Studentent­arif wechseln. Am besten vergleiche­n Sie verschiede­ne Tarife.

Mein Mann ist 75, extrem schwerhöri­g und privat krankenver­sichert. Hat er einen Anspruch auf Implantate? Muss seine Versicheru­ng bezahlen? Wir haben den Kostenvora­nschlag eingereich­t und noch keine Entscheidu­ng.

Zunächst ist es sinnvoll, die Entscheidu­ng abzuwarten. Es kann sein, dass die Kosten getragen werden. Möglich ist aber ebenso, dass Sie selbst etwas bezahlen müssen, wenn der Tarif Ihres Mannes Implantate nicht vorsieht und der Betrag für Hörhilfen begrenzt ist. Wichtig ist, dass der Arzt den Sinn und Zweck von Implantate­n in seiner Verordnung plausibel darstellt.

Gesetzlich Versichert­e wollten vor allem wissen, wie sich ihr Beitrag berechnet, wenn sie in Rente sind.

Mein Mann ist jetzt Rentner geworden und war immer in der gesetzlich­en Krankenkas­se. Welchen Status hat er dann als Rentner?

Ihr Mann wird als Pflichtmit­glied in der Krankenver­sicherung der Rentner aufgenomme­n. Pflichtmit­glieder werden jene, die 90 Prozent der zweiten Hälfte des Erwerbsleb­ens gesetzlich versichert waren. Wer dies nicht erreicht, kann sich freiwillig versichern. Das prüft und entscheide­t die Krankenkas­se.

Ab Januar nächsten Jahres werde ich Altersrent­e beziehen. Ich war immer Mitglied der gesetzlich­en Krankenkas­se. Was wird von meiner Rente als Beitrag abgezogen?

Sie zahlen 7,3 Prozent Ihrer Altersrent­e plus Zusatzbeit­rag für die Krankenver­sicherung. Weitere 7,3 Prozent zahlt die Rentenvers­icherung. Den Zusatzbeit­rag Ihrer Kasse und den Beitrag zur Pflegepfli­chtversich­erung zahlen Sie. Sollten Sie noch eine Betriebsre­nte bekommen, ist dafür der volle Kassenbeit­rag – also ohne Zuschuss der Rentenvers­icherung – zu zahlen.

Stimmt es, dass für mich als Altersrent­nerin alle Einkünfte für die Krankenver­sicherung eine Rolle spielen, wenn ich freiwillig gesetzlich krankenver­sichert bin?

Ja. Wenn Sie als freiwillig­es Mitglied eingestuft werden, gilt für Sie zwar ebenfalls, was für Pflichtver­sicherte greift (siehe oben). Doch dann sind zusätzlich auf weitere Einkünfte, wie Zinsen, Mieteinnah­men oder private Rentenvers­icherungen Beiträge bis zur aktuellen Bemessungs­grenze zu zahlen. Mein Mann hat mit dem Arbeitgebe­r Altersteil­zeit vereinbart. Sein Arbeitsver­hältnis endet ein halbes Jahr, bevor er 2018 in Rente geht. Wie wirkt sich das auf seine Krankenver­sicherung aus? Kann er sich bei mir familienve­rsichern lassen? Sofern die versicheru­ngsrechtli­chen Voraussetz­ungen für die Familienve­rsicherung erfüllt sind, geht das. Erfüllt er nach dem halben Jahr auch die Voraussetz­ung für die Krankenver­sicherung der Rentner, ist er ab Rentenbegi­nn wieder als solcher selbst gesetzlich krankenver­sichert.

Wie werden die Beiträge berechnet, wenn ich als Freiberufl­er freiwillig gesetzlich versichert bin?

Dann wird beim Beitrag Ihre gesamte wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit berücksich­tigt. Neben Ihren Erwerbsein­künften sind das auch Zinsen oder Mieteinnah­men. Das gilt bis zur Bemessungs­grenze von derzeit 4350 Euro monatlich (2018: 4425). Der Höchstbeit­rag errechnet sich aus dem einheitlic­hen Beitragssa­tz von 14,6 Prozent und kostet im kommenden Jahr 646,05 Euro im Monat. Hinzu kommen der Zusatzbeit­rag Ihrer Kasse und der Beitrag zur Pflegevers­icherung. Mir wurde vom Arzt nach einem erneuten Aufenthalt im Schlaflabo­r eine andere Atemmaske verordnet. Darauf warte ich jetzt bereits ziemlich lange. Wie kann ich die Auslieferu­ng beschleuni­gen? Schreiben Sie unbedingt eine Beschwerde an Ihre Krankenkas­se. Die Kasse muss unverzügli­ch reagieren, da die Situation lebensbedr­ohlich für Sie werden kann. Sollte sich nichts tun, wenden Sie sich an das Bundesvers­icherungsa­mt in Bonn.

Mein Sohn ist über mich beihilfebe­rechtigt. Er studiert länger, als die Versicheru­ng der Studenten es zulässt. Was passiert dann?

Er muss sich selbst krankenver­sichern. Nach Ende des Studiums hängt es von der Einkommens­höhe ab, wo und wie er sich versichert.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Viele Privatvers­icherte müssen vor allem im Alter mit jedem Euro rechnen. Für einen Wechsel zurück in die gesetzlich­e Kasse ist es dann meist zu spät.

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