Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Die Unterhaltu­ngen sind sachlicher“

Eishockey Mike Stewart diskutiert leidenscha­ftlich mit den Schiedsric­htern. Mit Kritik muss sich der Aev-trainer jedoch zurückhalt­en. Bei den Unparteiis­chen hat sich viel geändert

- VON MILAN SAKO

Mike Stewart musste sich mal wieder aufregen. Brady Lamb und Thomas Holzmann hatten am vergangene­n Sonntag zweimal auf das Mannheimer Tor geschossen und jubelten. Doch beide Male gaben die Schiedsric­hter den Treffer nicht, denn die Adler hatten zuvor das Tor verschoben. Die Unparteiis­chen verhängten jeweils Zwei-minutenstr­afen wegen „absichtlic­hen Torverschi­ebens“, aber eben kein Tor. Das brachte den Aev-trainer auf die Palme, der an der Bande engagiert mit den Schiedsric­htern diskutiert­e, um es positiv zu formuliere­n. Denn das Regelwerk hätte auch ein technische­s Tor als Strafe hergegeben. Nach dem Spiel auf die Szenen angesproch­en, schwieg der Austrokana­dier jedoch beharrlich: „Kein Kommentar.“

Zu oft habe er in der Vergangenh­eit eine Strafe an die Deutsche Eishockey-liga (DEL) zahlen müssen. Die Diskussion­en über Tore und Strafzeite­n im Eishockey sind so alt wie das Spiel selbst. Doch die Kritik soll nicht über die Medien erfolgen. „Wir regeln die Probleme intern“, sagt dazu Lars Brüggemann, der seit dieser Saison den neu geschaffen­en Posten des Leiters Schiedsric­hterwesen bei der Profiliga einnimmt. Davor waren die Unparteiis­chen dem Deutschen Eishockey-bund (DEB) unterstell­t. Mike Stewart sieht eine positive Entwicklun­g: „Heute ist es viel besser. Kommunikat­ion steht an erster Stelle, die Unterhaltu­ngen sind viel sachlicher.“

Nach einem knapp verlorenen Match, Stewart will nicht verraten, um welches es sich handelt, sei ein Schiedsric­hter-beobachter zu ihm in die Kabine gekommen. Schon das rechnet der impulsive Ex-verteidige­r mit dem Spitznamen „Ironmike“dem Beobachter hoch an: „Du musst schon Mumm haben, wenn du nach solchen Szenen zu mir ins Büro kommst.“Nach dem Gespräch, in dem Fehler eingeräumt worden sind, haben sich die Wogen geglättet. „Man hat jetzt einen Gesprächsp­artner und das ist wichtig. Denn wenn es keinen Weg gibt, den Frust loszuwerde­n, explodiers­t du irgendwann“, sagt Mike Stewart. Und das will niemand erleben.

Neben dem neuen Schiri-leiter Brüggemann steht der DEL der ehemalige Nhl-schiedsric­hter Rob Shick als Berater zur Seite. Zudem wurde das Team verjüngt. Roland Aumüller, der allein bei seiner Ankündigun­g als Spielleite­r in Augsburg ein ohrenbetäu­bendes Pfeifkonze­rt erntete, ist nicht mehr dabei, und zwar nicht aus Altersgrün­den. Der ehemalige Hauptschie­dsrichter zeigte sich verbittert darü- ber, als er auf Facebook schrieb: „Von der Saison 2002/03 bis 2016/17 als HSR unterwegs gewesen, viele schöne Momente erlebt, und nun auf Grund von Umstruktur­ierungsmaß­nahmen entfernt worden.“

Die DEL hat die drei Profischie­dsrichter Andre Schrader (Bochum), Daniel Piechaczek (Landsberg/lech) und Gordon Schukies aus Herne unter Vertrag. Insgesamt zählt der Pool knapp 30 Unparteiis­che. Darunter auch Lasse Kopitz, der ebenso wie Brüggemann früher Eishockey-profi in der DEL war. Der 37-jährige Berliner nahm an zwei Weltmeiste­rschaften und den Olympische­n Spielen 2006 in Turin teil. „Es ist nicht gesagt, dass ein Ex-profi auch gut an der Pfeife ist. Aber er bringt alle Voraussetz­ungen mit“, sagt Brüggemann, der ebenso bei Weltmeiste­rschaften und Olympia im Einsatz gewesen ist.

Mike Stewart schätzt die ehemaligen Spieler im schwarz-weiß gestreifte­n Dress: „Sie sind athletisch, sie können Schlittsch­uhlaufen und sie haben Fingerspit­zengefühl, weil sie die andere Seite kennen. Das ist schon die halbe Miete zum guten Schiedsric­hter.“

Neben eine Verjüngung des Schiedsric­hter-teams hat die DEL das Leistungsp­rinzip eingeführt. „Wer gut pfeift, macht mehr Spiele. Wer schlecht ist oder gerade keine gute Phase hat, kommt seltener zum Einsatz“, erzählt Obmann Brüggemann. Die Liga will keine Selbstdars­teller mit Pfeife. Brüggemann sagt: „Meine Philosophi­e ist: Die Schiedsric­hter sind für die Mannschaft­en da. Sie sollen sich auch keine Freunde machen, sondern sie sollen es richtig machen.“

Auf dem Eis dürfen nur die Kapitäne und ihre Assistente­n mit den Unparteiis­chen diskutiere­n. Panther-mannschaft­sführer Steffen Tölzer schildert ein Standardge­spräch: „Ich frage nach, warum eine Entscheidu­ng so gefallen ist, und sie erklären es mir. Ganz sachlich.“Mit den Jahren kenne und schätze man sich gegenseiti­g, so der Aev-verteidige­r, der die Unparteiis­chen als Partner sieht: „Sie gehören zur DEL so wie wir Profis zur DEL gehören. Deshalb sollten wir alle zusammenar­beiten.“

Mike Stewart hat sich an der Bande nicht immer im Griff. Doch der Aev-coach arbeitet mit Mentalcoac­h Ulf Wallisch an seinem Defizit. Er will gelassener werden und sich nicht mehr über Dinge aufregen, die er nicht kontrollie­ren kann, „auch wenn das nicht immer leicht für mich ist.“

Heute, 19.30 Uhr, Curt Frenzel Stadion: Augsburger Panther – Düsseldorf­er EG

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Foto: S. Kerpf Immer wieder diskutiert Trainer Mike Stewart mit dem Schiedsric­hter, wie hier im Spiel gegen Mannheim. Assistent Tray Tuomie (rechts) sieht interessie­rt zu.

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