Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wo im Müll noch Bares steckt

Reportage Am Samstag herrscht Hochbetrie­b auf dem Wertstoffh­of: Die Augsburger bringen, was zu schade für den Restmüll ist. Das lohnt sich, denn in alten Rohren und leeren Druckerpat­ronen steckt mehr, als man denkt

- VON STEFANIE SCHOENE

Depotleite­r Bedros Isler ist zufrieden. Der neue Wertstoff-und Servicepun­kt im Augsburger Nordwesten kommt gut an. Lag die Kundenfreq­uenz Ende letzten Jahres noch bei etwa 50 pro Samstag, liefern jetzt im Durchschni­tt etwa 300 Heimhandwe­rker, Häuslebesi­tzer, Gartenlieb­haber ihren recycelbar­en Müll zu den blauen Hallen am Holzweg 32. Vier Arbeiter weisen sie an den 20 Containern ein. „In unserem Innenstadt-depot an der Johannesha­ag-straße ist natürlich doppelt so viel los. Aber wir sind gut im Rennen“, sagt Isler.

Die drei großen Hallen des jüngsten städtische­n Wertstoffh­ofs beherberge­n außer den Wertstoffc­ontainern Fahrzeuge des Abfallwirt­schaftsund Stadtreini­gungsbetri­ebes (AWS), eine kleine Abteilung des Amtes für Grünordnun­g, ein Salzlager sowie Personal- und Verwaltung­sräume für 35 Mitarbeite­r. Auf dem im Dezember 2016 eröffneten Gelände können Holz mit und ohne Behandlung, Gartenabfä­lle mit und ohne Grün, Kühlschrän­ke, CD, Elektroger­äte und Eisenwaren wie Liegestühl­e und Fahrräder kostenlos abgegeben werden. Private Entsorgung­s- und Recycling-firmen holen die Container ab, einen Teil des Mülls lagert die Stadt bis zur Abholung in dem Depot an der Johannes-haag-straße.

Denn auch wenn es Schrott ist – wertlos ist dieser nicht. Das meiste Material, das der AWS hier sammelt, findet über ein weitverzwe­igtes Geflecht von Recycling-unter- nehmen seinen Weg zurück in neue Produkte. Mit welchem Müll wirklich Geld gemacht werden kann, zeigt sich in den Behältern neben dem Büro von Vorarbeite­r Reinhold Zech. „Dies hier ist meine Schatzkist­e“, erklärt Zech und hebt einen Deckel. Die riesige Wanne ist voll mit verkalkten Wasserhähn­en und blinden Plastiksch­läuchen. Doch das Zeug ist wertvoll. Einmal vom Plastik getrennt und gereinigt, lässt sich Messing derzeit für 2,60 Euro pro Kilo verkaufen. Auch der Container mit alten Kupferrohr­en und der mit den ausgemuste­rten Kabeln ist alles andere als Schrott: Auf dem freien Markt bringt ein Kilo reines Kupfer 4,60 Euro. Und in einer unscheinba­ren grauen Tonne lagert das Wertvollst­e: leere Tonerpatro­nen. An jeder der alten Farbdrucke­rkartusche­n glänzt eine Goldplatte. Gold und Zinn finden sich auch in den nebenan lagernden Flachbilds­chirmen und Handys.

Natürlich können Kühlschrän­ke, Liegestühl­e und Waschmasch­inen außer direkt am neuesten der vier Augsburger Wertstoffh­öfe auch weiterhin per Sperrmüll am Straßenran­d entsorgt werden. Messing, Kupfer und Alu liegt auch hier nicht lange herum. Das beobachtet der Fahrer Gerd Bellan von der Müllabfuhr. Privater Sperrmüll vor den Häusern sehe schon nach wenigen Stunden „vogelwild“aus. Er ist sich sicher, dass dort nicht nach alten Regalen gesucht wird. „Da sind profession­elle Metallsamm­ler am Werk. Bürger melden ja oft offiziell an, dass sie Metall raus stellen. Wenn wir dann mit unseren Wagen kommen, ist der Rest da, nur das Metall ist schon weg“, berichtet er. Stolz ist Bellan auf „sein“neues Fahrzeug. Vor einem Jahr schaffte die Stadt die Maschine an, mit der er jetzt auch Hartplasti­k und Eisen vor Ort für das Recycling vorbereite­n kann. Bobbycars und Fitnessräd­er, von denen die Bürger sich schon immer mal trennen wollten, werden vor Ort gepresst, sodass sie direkt für ihren jeweiligen Weiterverk­auf taugen.

Für die Stadt bedeutet der Recyclingm­arkt ebenfalls ein Geschäft. In den Handel mit Holz stieg der AWS 2014 ein, Elektrosch­rott wird seit 2012 verkauft. „Wir schreiben die Abholung der Abfälle öffentlich aus. Für Kabel mit Kupfer zum Beispiel müssen sich die Firmen alle zwei Jahre bewerben. Das Unternehme­n mit dem besten Preis bekommt den Auftrag“, erklärt der Aws-betriebsle­iter Georg Holder. Die Deckungsra­te durch den Verkauf von Elektroger­äten sowie von Holz, Textil, Metall und Plastik lag 2015 bei nahezu 30 Prozent. Die „Wertstoffi­nseln“, an denen kein städtische­s Personal arbeitet, und die Bürger ihre Stoffe selbst in getrennte Container werfen, tragen sich nahezu selbst. Hier sind 80 Prozent der Ausgaben, die für die Abholung entstehen, gedeckt. Dass der Markt funktionie­rt, zeigt besonders die Holzsammlu­ng. Je größer die Nachfrage für Holz-pelletheiz­ungen und nach Hackschnit­zeln, desto mehr Einnahmen für den AWS.

Der geplante Wertstoffh­of im Haunstette­r Unteren Talweg soll das Wertstoffm­anagement weiter verbessern. Er wird nochmals größer sein als das Depot im Holzweg und etwa 30 statt 20 Container fassen. „Je feiner die Trennung der Rohstoffe, desto besser der Erlös“, erläutert Holder. Die Müllgebühr­en, verspricht der Betriebsle­iter noch, können so trotz Tarif- und anderer Kostenstei­gerungen mindestens bis 2020 stabil gehalten werden.

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Fotos: Klaus Rainer Krieger Ein Container für jeden Wertstoff. Am Holzweg und in den anderen Wertstoffh­öfen wird sauber getrennt.
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Altmetall ist auf dem Wertstoffh­of gerne gesehen. Es lässt sich verkaufen, was am Ende den Gebührenza­hlern zugutekomm­t.

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