Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wo im Müll noch Bares steckt
Reportage Am Samstag herrscht Hochbetrieb auf dem Wertstoffhof: Die Augsburger bringen, was zu schade für den Restmüll ist. Das lohnt sich, denn in alten Rohren und leeren Druckerpatronen steckt mehr, als man denkt
Depotleiter Bedros Isler ist zufrieden. Der neue Wertstoff-und Servicepunkt im Augsburger Nordwesten kommt gut an. Lag die Kundenfrequenz Ende letzten Jahres noch bei etwa 50 pro Samstag, liefern jetzt im Durchschnitt etwa 300 Heimhandwerker, Häuslebesitzer, Gartenliebhaber ihren recycelbaren Müll zu den blauen Hallen am Holzweg 32. Vier Arbeiter weisen sie an den 20 Containern ein. „In unserem Innenstadt-depot an der Johanneshaag-straße ist natürlich doppelt so viel los. Aber wir sind gut im Rennen“, sagt Isler.
Die drei großen Hallen des jüngsten städtischen Wertstoffhofs beherbergen außer den Wertstoffcontainern Fahrzeuge des Abfallwirtschaftsund Stadtreinigungsbetriebes (AWS), eine kleine Abteilung des Amtes für Grünordnung, ein Salzlager sowie Personal- und Verwaltungsräume für 35 Mitarbeiter. Auf dem im Dezember 2016 eröffneten Gelände können Holz mit und ohne Behandlung, Gartenabfälle mit und ohne Grün, Kühlschränke, CD, Elektrogeräte und Eisenwaren wie Liegestühle und Fahrräder kostenlos abgegeben werden. Private Entsorgungs- und Recycling-firmen holen die Container ab, einen Teil des Mülls lagert die Stadt bis zur Abholung in dem Depot an der Johannes-haag-straße.
Denn auch wenn es Schrott ist – wertlos ist dieser nicht. Das meiste Material, das der AWS hier sammelt, findet über ein weitverzweigtes Geflecht von Recycling-unter- nehmen seinen Weg zurück in neue Produkte. Mit welchem Müll wirklich Geld gemacht werden kann, zeigt sich in den Behältern neben dem Büro von Vorarbeiter Reinhold Zech. „Dies hier ist meine Schatzkiste“, erklärt Zech und hebt einen Deckel. Die riesige Wanne ist voll mit verkalkten Wasserhähnen und blinden Plastikschläuchen. Doch das Zeug ist wertvoll. Einmal vom Plastik getrennt und gereinigt, lässt sich Messing derzeit für 2,60 Euro pro Kilo verkaufen. Auch der Container mit alten Kupferrohren und der mit den ausgemusterten Kabeln ist alles andere als Schrott: Auf dem freien Markt bringt ein Kilo reines Kupfer 4,60 Euro. Und in einer unscheinbaren grauen Tonne lagert das Wertvollste: leere Tonerpatronen. An jeder der alten Farbdruckerkartuschen glänzt eine Goldplatte. Gold und Zinn finden sich auch in den nebenan lagernden Flachbildschirmen und Handys.
Natürlich können Kühlschränke, Liegestühle und Waschmaschinen außer direkt am neuesten der vier Augsburger Wertstoffhöfe auch weiterhin per Sperrmüll am Straßenrand entsorgt werden. Messing, Kupfer und Alu liegt auch hier nicht lange herum. Das beobachtet der Fahrer Gerd Bellan von der Müllabfuhr. Privater Sperrmüll vor den Häusern sehe schon nach wenigen Stunden „vogelwild“aus. Er ist sich sicher, dass dort nicht nach alten Regalen gesucht wird. „Da sind professionelle Metallsammler am Werk. Bürger melden ja oft offiziell an, dass sie Metall raus stellen. Wenn wir dann mit unseren Wagen kommen, ist der Rest da, nur das Metall ist schon weg“, berichtet er. Stolz ist Bellan auf „sein“neues Fahrzeug. Vor einem Jahr schaffte die Stadt die Maschine an, mit der er jetzt auch Hartplastik und Eisen vor Ort für das Recycling vorbereiten kann. Bobbycars und Fitnessräder, von denen die Bürger sich schon immer mal trennen wollten, werden vor Ort gepresst, sodass sie direkt für ihren jeweiligen Weiterverkauf taugen.
Für die Stadt bedeutet der Recyclingmarkt ebenfalls ein Geschäft. In den Handel mit Holz stieg der AWS 2014 ein, Elektroschrott wird seit 2012 verkauft. „Wir schreiben die Abholung der Abfälle öffentlich aus. Für Kabel mit Kupfer zum Beispiel müssen sich die Firmen alle zwei Jahre bewerben. Das Unternehmen mit dem besten Preis bekommt den Auftrag“, erklärt der Aws-betriebsleiter Georg Holder. Die Deckungsrate durch den Verkauf von Elektrogeräten sowie von Holz, Textil, Metall und Plastik lag 2015 bei nahezu 30 Prozent. Die „Wertstoffinseln“, an denen kein städtisches Personal arbeitet, und die Bürger ihre Stoffe selbst in getrennte Container werfen, tragen sich nahezu selbst. Hier sind 80 Prozent der Ausgaben, die für die Abholung entstehen, gedeckt. Dass der Markt funktioniert, zeigt besonders die Holzsammlung. Je größer die Nachfrage für Holz-pelletheizungen und nach Hackschnitzeln, desto mehr Einnahmen für den AWS.
Der geplante Wertstoffhof im Haunstetter Unteren Talweg soll das Wertstoffmanagement weiter verbessern. Er wird nochmals größer sein als das Depot im Holzweg und etwa 30 statt 20 Container fassen. „Je feiner die Trennung der Rohstoffe, desto besser der Erlös“, erläutert Holder. Die Müllgebühren, verspricht der Betriebsleiter noch, können so trotz Tarif- und anderer Kostensteigerungen mindestens bis 2020 stabil gehalten werden.