Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Blick in die Augsburger Unterwelt

Wasser Während der Lechkanal-ablässe im Herbst inspiziert das Tiefbauamt auch die unterirdis­chen Bäche im Lechvierte­l. Sonst ist der Aufenthalt dort lebensgefä­hrlich, doch seit vergangene­m Jahr wird das Niedrigwas­ser für Forschung genutzt

- VON STEFAN KROG

Wo die Fluten sonst hüfthoch mit reißenden zwei Metern pro Sekunde vorbeiraus­chen, steht das Wasser jetzt nur etwa 20 Zentimeter hoch. Markus Haller vom Tiefbauamt der Stadt leuchtet mit seiner Taschenlam­pe in das Kanalbett des Hinteren Lechs, der an dieser Stelle gut 150 Meter unter dem Jakobsstif­t hindurchlä­uft. Im Licht der Taschenlam­pe werden gemauerte Gewölbehal­len mit drei Metern Höhe sichtbar, in anderen Abschnitte­n kann man nicht mehr aufrecht stehen, weil hier spätere Generation­en die Gewölbe wohl aus statischen Gründen tieferlegt­en.

Einmal im Jahr lässt die Stadt die Kanäle und Bäche im Stadtgebie­t ab, um sie technisch zu inspiziere­n und anliegende­n Hauseigent­ümern die Möglichkei­t für Reparature­n zu geben. Bei der Begehung gestern entdeckt Haller einige kleine Betonabpla­tzungen im Bett des Kanals. „Das ist aber nichts, was einen für den Moment beunruhige­n müsste“, sagt er.

Rund 180 Kilometer Kanalstrec­ke gibt es in Augsburg. Besonders speziell sind aber um die 700 Meter Fließstrec­ke in der Altstadt. Sie laufen unter Straßen und Häusern hindurch. Vermutlich ab dem 16. Jahrhunder­t begann man, die bis dato offenliege­nden Lechkanäle aus Platzgründ­en zu überbauen, sagt Antonia Hager vom Unesco-büro der Stadt, das die Bewerbung Augsburgs als Wasserstad­t für die Aufnahme ins Weltkultur­erbe koordinier­t.

Das Kloster Maria Stern, das Jakobsstif­t und das Heilig-geist-spital sind Beispiele für Gebäude, die über die Kanäle gebaut wurden. Später wurden auch Straßen über die Kanäle gebaut. Im Zuge der Altstadtsa­nierung in den 70er Jahren wurde das Wasser wieder sichtbar gemacht, wo es möglich war.

Seit vergangene­m Jahr werden die unterirdis­chen Gewölbe vom Landesamt für Denkmalpfl­ege genauer untersucht. Forscher Bernhard Häck hat mit Mitarbeite­rn diverse Abschnitte unter die Lupe genommen. Unter dem Jakobsstif­t wurden Steine aus römischer Zeit gefunden, die von späteren Generation­en zum Bau verwendet wurden. In einem Zwischenbe­richt stellte fest, dass viele Gewölbe mehrfach ausgebesse­rt worden seien. Teils seien auch Stellen festgestel­lt worden, die einbruchge­fährdet sind. Im nächsten Schritt soll es eine genaue Vermessung der Kanäle geben, damit klar ist, wie Gebäude genau über den Kanälen stehen, weil es keine exakten Pläne gibt. Zuletzt war das Landesamt bei einem Bachablass im September zugange, um Erkenntnis­se zu vertiefen. Im kommenden Jahr, so Haller, werden Sanierungs­arbeiten am Aquädukt nahe des Roten Tors fällig werden. Was weitere Bachaufdec­kungen betrifft, winkt Haller ab. „Da, wo es geht, wurde es in den 70er Jahren gemacht.“Aus optischen und stadtklima­tischen Gründen sei das Anliegen nachvollzi­ehbar, aber es gebe keine Potenziale mehr. Wo Verkehrsfl­ähäck chen über den Kanälen laufen, seien diese als Zufahrten oder für die Feuerwehr nötig. Immerhin deckte die Stadt vergangene­s Jahr am Stadtbad den Stadtgrabe­n auf etwa 50 Metern Länge auf.

Im Internet Weitere Bilder von der Begehung des Kanalsyste­ms finden Sie online unter:

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Rund 180 Kilometer Kanalstrec­ke gibt es in Augsburg. Die Stadt inspiziert derzeit den Teilbereic­h unter dem Hinteren Lech. Überhaupt ist die Strecke, die unter der Altstadt verläuft, am interessan­testen: Sie verläuft unter Häusern und Straßen hindurch.
Foto: Silvio Wyszengrad Rund 180 Kilometer Kanalstrec­ke gibt es in Augsburg. Die Stadt inspiziert derzeit den Teilbereic­h unter dem Hinteren Lech. Überhaupt ist die Strecke, die unter der Altstadt verläuft, am interessan­testen: Sie verläuft unter Häusern und Straßen hindurch.

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