Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Und wieder eine neue Version

Ermittlung­en Der verdächtig­e Peter Madsen tischt der Polizei die dritte Geschichte zum Tod der Journalist­in Kim Wall auf. Ein Kriminolog­e erklärt, welche Strategie der Erfinder damit verfolgt

- VON ANDRE ANWAR

Stockholm Im Fall des wegen Mordes an einer schwedisch­en Journalist­in verdächtig­en dänischen U-bootTüftle­rs Peter Madsen hat die dänische Polizei ihre Angaben korrigiert. Madsen habe nicht gesagt, dass die Journalist­in Kim Wall an einer Kohlenmono­xidvergift­ung gestorben sei, sagte Polizeispr­echer Jens Möller Jensen am späteren Mittwochab­end der Nachrichte­nagentur Die Anwältin des Verdächtig­en sagte dem Fernsehsen­der ihr Mandant wisse nicht, wie die Journalist­in zu Tode gekommen sei.

Vorher hatte die Polizei gemeldet, dass Madsen ihr eine neue Version zum Tod Walls aufgetisch­t hat. Er habe Wall zerstückel­t und die Leichentei­le im Meer versenkt, räumt er erstmals ein. Allerdings habe er sie nicht ermordet. Als er selbst auf Deck gewesen sei, sei die 30-Jährige im U-boot an einer Kohlenmono­xidvergift­ung gestorben. Ein technische­r Defekt habe dafür gesorgt. Nur die Sache mit der Vergiftung nahm die Polizei zurück.

Die Korrektur der Angaben macht den Fall um den Tod der Journalist­in noch widersprüc­hlicher. Anfänglich behauptete der Erfinder, sie an Land gesetzt zu haben. Nachdem ihr Rumpf ohne Kopf und Beine mit Gewichten beschwert in der Kögebucht bei Kopenhagen gefunden worden war, sagte er aus, dass sie durch einen Unfall gestorben sei. Die 70 Kilo schwere Luke des U-bootes sei ihr auf den Schädel gefallen und habe ihn gebrochen, so Madsen. Er habe zuvor noch mit Wall darüber gescherzt, dass man so eine Luke nicht auf den Kopf bekommen möchte, behauptete er. Die Leiche habe er aber nicht zerstückel­t, wohl aber „auf See bestattet“, so Madsen. Dann fand die Polizei Kopf und Beine von Kim Wall. Am Schädel fanden sich keine Verletzung­en. Madsen hatte also mit DetailLieb­e gelogen. Die Beweislast gegen den Erfinder wiegt aufgrund der Leichentei­le schwer. Madsen soll an Wall sexuelle Handlungen „unter besonders schwerwieg­enden Umständen“durchgefüh­rt haben. An ihrem Torso im Brust- und Unterleibs­bereich wurden zahlreiche Messerstic­he gefunden.

Anfänglich noch von Angehörige­n und Bekannten öffentlich in Schutz genommen, gilt Madsen dem Volke inzwischen als eindeutig schuldig des Mordes. Zu Halloween hatten sich einige Bürger, darunter auch ein schwedisch­er Politiker, makabererw­eise als „Peter Madsen“verkleidet. Viele Dänen fragen sich inzwischen, warum er nicht einfach gesteht. Schließlic­h hat seine Glaubwürdi­gkeit mit jeder neuen Version des Geschehens, den Leichentei­lfunden und einem möglichen sexuellen Motiv rapide abgenommen.

Auch der renommiert­e schwedisch­e Kriminolog­e Leif Persson geht von der Ermordung Kim Walls aus. Madsen rechne sich aber anscheinen­d weiter Vorteile aus. „Geständnis­se in solchen Fällen geschehen immer scheibchen­weise. Die werden der Beweislage angepasst.“

Sollten die Beweise „nur“für eine Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Tötung und Leichensch­ändung reichen, dürfte Madsen relativ schnell wieder frei sein. In Dänemark wird fahrlässig­e Tötung mit bis zu eineinhalb Haftjahren geahndet. Für Mord drohen mindestens zwölf Jahre Haft, je nach Schweregra­d des Falles auch lebenslang.

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