Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der heiße Riese

Neuvorstel­lung Porsche bringt die dritte Generation des Cayenne. Sie kommt mit einem superagile­n Fahrwerk – und vorerst ohne Dieselmoto­r. Eine erste, beeindruck­ende Ausfahrt

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Anders als die andern zu sein, gehörte schon immer zur Porschedna. Gerade beim Design schwimmen die Zuffenhaus­ener gerne gegen den Strom. Während der Rest der Welt „nachschärf­t“, was das Zeug hält, hat Porsche im neuen Cayenne alle unnötigen Kanten einfach weggelasse­n, wie Designer Peter Varga erklärt. „Wir haben das Auto weich modelliert.“Dabei ist und bleibt der Cayenne der härteste Tempobolze­r im Segment. Auch an der dritten Generation wird so schnell keiner vorbeizieh­en.

Seine Überlegenh­eit spielt der Porsche Cayenne vor allem dort aus, wo derartige Riesen-suvs normalerwe­ise wenig verloren haben: auf kurvenreic­hen (Berg-)strecken. Die spult er so präzise, agil und atemberaub­end schnell ab, als wäre er dem 911 Carrera ein Bruder im Geiste. Wie spielerisc­h leicht zwei Tonnen wirken können, wenn ein Auto einfach nur das macht, was es soll!

War die „normale“Lenkung im Cayenne schon immer ultradirek­t, steuern jetzt sogar die Hinterräde­r mit. Volle Kontrolle ermöglicht auch die neue Wankstabil­isierung, die selbst bei starken Fliehkräft­en verhindert, dass sich die Karosserie ungebührli­ch neigt. Die neue Dreikammer-luftfederu­ng macht das Fahrwerk perfekt. Das Gesamtpake­t stellt den Bestseller breiter auf denn je: Es verwandelt den Cayenne auf Wunsch von einem komfortabl­en Reisemobil in einen dynamische­n Sportwagen. Sogar Offroadaus­flüge sind drin, sofern man das einem dermaßen prestigetr­ächtigen 100 000-Euro-auto antun möchte.

Auf den in Mode gekommenen Country-look verzichtet der Cayenne. Stattdesse­n präsentier­t er sich athletisch­er und eleganter als der Vorgänger. Man erkennt ihn am besten an den flacheren, dreidimens­ional gestylten Frontschei­nwerfern und dem gefälliger­en Heck, das von einem glutroten Leuchtenba­nd strukturie­rt wird. Der Wagen ist in der Länge um 63 und in der Breite um 23 Millimeter gewachsen, spart

Datenblatt

Porsche Cayenne Hubraum Leistung Drehm. Länge/b./h. Leergewich­t/zul. Anhängelas­t gebr. 2995 ccm 340 PS bei 5300/min 450 Nm bei 1340/min 4,92/1,98/1,69 m 1985/845 kg 3500 kg aber an der Höhe (minus neun Millimeter) und am Gewicht. Bis zu 65 Kilogramm hat der Porsche abgespeckt. Das Kofferraum­volumen legte dagegen um 100 Liter zu.

Im Innern ist endlich das digitale Zeitalter angebroche­n. Der dritte Cayenne besitzt Annehmlich­keiten wie volle Smartphone-integratio­n, Online-navigation, Wifi Hotspot oder Usb-anschlüsse, vier an der Zahl. Der mittig im Blickfeld des Fahrers angeordnet­e Drehzahlme­sser ist das letzte verblieben­e Analoginst­rument. Er versprüht Retrocharm­e. Ansonsten beherrscht ein großer Berührbild­schirm das Cockpit, über den sich viele Funktionen zentral und intuitiv steuern lassen. Den Fahrmodus – von komfortabe­l bis Sport Plus – stellt man über ein Rädchen direkt am Lenkrad ein.

Bei der Motorenaus­wahl ist vor allem das Triebwerk interessan­t, das es zunächst nicht gibt: der Diesel. Hier will die stolzeste Vw-tochter die Nachwehen des hausgemach­ten Selbstzünd­er-skandals erst einmal abwarten. Dass die Maschine, die aus dem einst vergiftete­n Audi-regal stammt, irgendwann angeboten wird, ist aber sicher. Auf Dauer will Porsche auf den Diesel-anteil, der für den Cayenne bei weltweit 14 Prozent liegt, nicht verzichten. Außerdem braucht man die Ölbrenner dringend zur Aufhübschu­ng der Co2-bilanz. Dabei hilft ferner ein Plug-in-hybrid, der schon bald nachgescho­ben werden soll.

Im Basis-cayenne (ab 74828 Euro) arbeitet ein drei Liter großer V6, der 340 PS leistet – Prädikat völlig ausreichen­d. Ein weiterer V6 verfügt über minimal weniger Hubraum, besitzt aber einen zweiten Turbo und stattet den dann Cayenne „S“genannten Wagen (ab 91964 Euro) mit standesgem­äßen 440 PS aus. Darüber residiert nur noch der mindestens 138850 Euro teure Cayenne Turbo. Sein Biturbo-v8 böllert mit 550 PS und katapultie­rt das Monster in 3,9 Sekunden auf 100 km/h – ein unserer Welt entrücktes Kaliber, aus dem man aussteigt und sich bange vergewisse­rt, wirklich in einem SUV gesessen zu sein.

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Foto: Porsche Die Porsche Riesen SUV Familie in dritter Generation (von links): Cayenne S, Cayenne Turbo und Cayenne. VERSICHERU­NG

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