Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eltern fürchten Gefahren für Kinder im Internet

Studie Schutz vor Mobbing, Gewalt, Pornografi­e oder Kostenfall­en ist kaum möglich

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Das Internet ist allgegenwä­rtig – auch im Alltag deutscher Familien. Doch rund drei Viertel der Eltern in Deutschlan­d fürchten, dass ihren Kindern im digitalen Raum Gefahr droht. Das geht aus dem Jugendmedi­enschutzin­dex hervor, der gestern in Berlin vorgestell­t wurde. Für die repräsenta­tive Studie der Freiwillig­en Selbstkont­rolle Multimedia-diensteanb­ieter wurden nicht nur Eltern, sondern auch Kinder und Heranwachs­ende im Alter zwischen neun und 16 Jahren befragt. Die Sorgen der Mütter und Väter, so zeigen die Antworten, sind groß – und vielschich­tig.

Besonders groß ist die Furcht vor gefährlich­en Kontakten – dass etwa Pädophile, die sich im Netz als Gleichaltr­ige ausgeben, versuchen könnten, sich das Vertrauen von Minderjähr­igen zu erschleich­en. Oder dass ein Kind Opfer von Mobbing in sozialen Netzwerken wird. Viele Eltern haben Angst, dass der Nachwuchs mit problemati­schen Inhalten in Berührung kommt, etwa Gewaltdars­tellungen und Pornografi­e. Aber auch, dass die Kinder in Kostenfall­en tappen, den heimischen Rechner unabsichtl­ich mit Schadsoftw­are infizieren oder selbst strafbare Handlungen begehen, etwa illegale Inhalte herunterla­den.

Weit verbreitet ist auch die Sorge, dass die Kinder schlichtwe­g zu viel Zeit im Internet verbringen und etwa Schule, Freundscha­ften oder den Sportverei­n vernachläs­sigen. Immerhin fast 60 Prozent der befragten Kinder und Jugendlich­en teilen die Ängste der Eltern, viele haben selbst schon auf die eine oder andere Weise negative Surf-erfahrunge­n gemacht.

Die weit überwiegen­de Mehrheit der Eltern, 94 Prozent, sieht sich selbst in der Pflicht, ihre Kinder vor den Gefahren, die in der virtuellen Welt lauern, zu schützen. Doch in der Praxis gibt es ein Problem, sagt Studienlei­ter Professor Uwe Hasenbrink vom Hans-bredow-institut: „Schon mit 13 Jahren überflügel­n Kinder in der Regel ihre Eltern bei den Online-fähigkeite­n.“Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlich­en glaubt, dass ihre Altergenos­sen technische Jugendschu­tzmaßnahme­n leicht umgehen können. Viele Eltern wünschen sich deshalb dringend Hilfe von Behörden und sozialen Netzwerken. Grundsätzl­iches Wissen über Jugendmedi­enschutz sei zwar vorhanden, doch nur ein Drittel der Eltern kennt laut Hasenbrink die entspreche­nden Anlaufstel­len, wenn Familien bei Problemen im Zusammenha­ng mit der Internetnu­tzung Hilfe brauchen. Und nur sehr wenige haben die Unterstütz­ungsangebo­te, die etwa auch die FSM bietet, bereits genutzt.

Allein auf technische Möglichkei­ten, die Online-aktivitäte­n ihrer Kinder zu begrenzen, sollten sich Eltern nach Meinung der Experten nicht verlassen. Filtersoft­ware könne etwa durchaus sinnvoll sein – wenn sie denn konsequent angewandt wird. Doch entscheide­nd sei es, so Hasenbrink, „dass die Eltern mit ihren Kindern im Gespräch sind, dass sie mitbekomme­n, was da passiert.“Warum Kinderschu­tz alle angeht, steht im Kommentar.

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