Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

In Russland wegen der Kultur

Klassik Der Dirigent Teodor Currentzis erklärt, weshalb er dem Land die Treue hält

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Baden Baden Stardirige­nt Teodor Currentzis will trotz zunehmende­r Klagen mancher Künstler über politische­n Druck in Russland weiter in dem Land leben. Er liebe Russland innig, sagte der 45-Jährige vor einem Gastspiel im Festspielh­aus Baden-baden. Dort dirigiert er die Oper „La Bohème“von Giacomo Puccini am 10. und 12. November.

Currentzis übernimmt im kommenden Jahr zusätzlich zu seiner Arbeit in Russland das SWR Symphonieo­rchester als Dirigent. „Für mich besteht das Land (Russland) nicht aus Beamten oder Politikern. Russland ist für mich ein kulturelle­s Erbe“, sagte der Leiter des Staatliche­n Opern- und Ballettthe­aters in Perm am Ural. „Und ich werde dieser Kunst dienen – und nicht einem Staat oder Politikern, die es heute gibt, aber morgen schon vergessen sind. Deshalb“, so Currentzis weiter, „ist die Vorstellun­g, das Land zu verlassen wegen eines Menschen, der dir nicht gefällt oder dich beim Arbeiten stört, die Position eines feigen Menschen.“

Kritisiert hatte der gebürtige Grieche, der einen russischen Pass hat, zuletzt auch das Vorgehen gegen den Moskauer Regisseur Kirill Serebrenni­kow. Mit ihm sitze jetzt die moderne russische Kunst auf der Anklageban­k, hatte Currentzis auf der Internetse­ite des Theaters in Perm geschriebe­n. „Dieser grobe Umgang und dieses parteiisch­e Verhältnis einem Künstler gegenüber ist unzumutbar. Das diskrediti­ert das Rechtssyst­em in unserem Land“, meinte Currentzis. „Wenn das so weitergeht, werden Regisseure Angst haben, ihre Arbeit zu machen.“

Currentzis, hoch gelobt vor allem für seine Mozart-interpreta­tionen, äußerte sich auch zu seiner Arbeit mit Musikern. Berühmt-berüchtigt sind seine langen Probensitz­ungen. „Ich arbeite immer so lange, bis ich das gewünschte Ergebnis habe. Das können zehn Stunden, das können aber auch zehn Minuten sein.“Seine Musiker in Perm arbeiten nicht wie in einem Büro, sagte Currentzis. „Sollte es in Deutschlan­d Schwierigk­eiten geben, dann müssen wir diese Fragen klären.“

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Foto: dpa

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