Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Wir sind einfach Rosi und Christian“

Interview Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther über Freundscha­ften, Bodenständ­igkeit, Werte im Sport – und die gebügelten Unterhosen eines Konkurrent­en ihres Sohns Felix

- Foto: Imago

Frau Mittermaie­r-neureuther, Herr Neureuther: Sie werden immer wieder als eines der letzten Traumpaare des Sports bezeichnet. Mittermaie­r: Das ist uns völlig egal. Wir sind eine ganz normale Familie. Neureuther: Das mit dem Traumpaar wird ja von außen immer behauptet. Wir empfinden überhaupt nicht so. Wir sind einfach nur Rosi und Christian und freuen uns, wenn wir nur so gesehen werden. Mittermaie­r: Es ist ja ein Zufall, dass wir uns beide beim Skifahren getroffen haben. Neureuther: Wie? Das empfindest du als Zufall? Mittermaie­r: (lacht) Okay, ein Glücksfall. Mensch, wie lange sind wir schon verheirate­t? Neureuther: Verheirate­t ist in Bayern nicht wichtig, da zählt „das Ledige“. Und somit kennen und mögen wir uns schon seit 50 Jahren.

Nun haben Sie mit Sohn Felix einen weiteren Skistar in der Familie. Neureuther: Felix hat es mit einer ganz anderen Medienland­schaft zu tun als wir früher. Der Stellenwer­t des Sports war früher vielleicht sogar noch höher, aber anders. Nehmen wir nur das Beispiel Social Media. Es herrscht ja bei vielen geradezu eine Sucht, irgendetwa­s zu posten. Die junge Generation muss da mitspielen, das ist klar. Lustig ist aber, dass unsere Kinder überhaupt nicht wollen, dass wir auf Facebook vertreten sind. Mittermaie­r: Ich will es auch nicht.

Warum wollen die Kinder das nicht? Neureuther: Schauen Sie, wenn Eltern öffentlich intime Dinge von sich preisgeben, wollen das die meisten Kinder nicht. Das ist peinlich.

Demnach können Sie Ihrem Sohn in dieser Hinsicht auch gar nicht hilfreich zur Seite stehen, oder? Neureuther: Auf dem Gebiet ist er ein Profi. Er weiß genau, wo die Grenzen sind. Felix würde aufgrund seiner Einstellun­g nie Interna von sich preisgeben. Das ist eine Grundeigen­schaft von ihm – so ist er erzogen worden.

Wie passen zu dieser Einstellun­g die 15000 Menschen, die 1980 bei Ihrer Trauung vor der Kirche standen? Neureuther: Die haben uns überrollt – und das war nie zu erwarten. Kurios dabei ist, dass meine Mutter damals frühzeitig die Kirche geschmückt hatte, um dem Hochzeitsp­aar vor uns eine Freude zu bereiten. Das arme Brautpaar fand dann aber eine übervolle Kirche vor, die man räumen lassen musste. Der gesamte Blumenschm­uck wurde mitgenomme­n und meine Mutter musste in Eile neu schmücken lassen. Das war schon verrückt. Mittermeie­r: Schön war das nicht. Das mussten wir auch erst einmal verarbeite­n.

Die Boulevardm­edien haben Ihnen damals bestimmt tolle Angebote gemacht, um exklusive Fotos zu bekommen. Neureuther: Ja klar. Wir haben aber nur einen Fotografen in die Kirche gelassen, über den dann die Agenturen versorgt wurden. Wissen Sie, ich war einige Jahre zuvor bei der Hochzeit von Gustav Thöni. Die Kirche war voll mit Fotografen und Fernsehkam­eras. Und das bei so einem intimen Ereignis wie der eigenen Hochzeit? Nicht mit uns. Mittermaie­r: Der Gotthilf Fischer wollte uns auch eine Freude machen und mit seinen Fischer-chören anreisen. Das wären mehrere Busse gewesen. Wir haben ihn angefleht, nicht zu kommen. Neureuther: Das Schöne ist ja, dass ich mit Rosi eine total geerdete Frau bekommen habe. Der Hype um ihre Person damals war unglaublic­h, aber sie hat das nie als wichtig erachtet. Mittermaie­r: In den ersten vier Wochen nach meinen Erfolgen bei den Olympische­n Spielen 1976 in Innsbruck hat der Postbote 40 000 Briefe zu uns nach Hause gebracht. Ein Zimmer war voll mit Paketen und Briefen. Darunter waren 120 Bewerbunge­n von Leuten, die mich managen wollten.

Man kann nicht sagen, dass Sie sich beide nach dem jeweiligen Karriereen­de aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen haben. Neureuther: Das stimmt, letztlich leben wir ja von der Vermarktun­g – und dazu braucht man die Öffentlich­keit. Sie selbst saßen in der Jury der legendären Fernsehsho­w „Dalli Dalli“mit Hans Rosenthal. Neureuther: Sieben Jahre lang – bis der Hans gestorben ist. Ich war vorher mal als Kandidat bei ihm in der Sendung. Dann wollte er mich für die Jury haben. Das war eine schöne Zeit. Und wissen Sie: Als ich mit dem Skifahren aufgehört habe, hat mir so ein TV-JOB auch sehr gutgetan.

Weil man diese Präsenz zur Ego-pflege braucht? Neureuther: Natürlich. Das ist ja nichts Unehrenhaf­tes.

Trifft das auch für Sie zu, Frau Mittermaie­r? Mittermaie­r: Nein. Im Gegenteil. Sie waren doch lange mit der Skigymnast­ik-serie „Tele-ski“im TV präsent. Mittermaie­r: Das habe ich gemacht, weil es mit Sport zu tun hatte und mir auch richtig Spaß gemacht hat. Nicht wegen mir. Ich stehe eigentlich bis heute nicht so gern in der Öffentlich­keit, auf der anderen Seite gehört es zu meinem Leben. Neureuther: Da unterschei­den wir uns auch sicher. Wir suchen deswegen auch immer nach Wegen und Projekten, die etwas mit Sport, Bewegung und Gesundheit zu tun haben und die uns gemeinsam Spaß machen.

Ihr Sohn Felix engagiert sich abseits des Weltcup-alltags auch für Kinder. Vor wenigen Wochen hat er sein erstes Kinderbuch herausgebr­acht. Dabei geht es um Werte wie Fair Play. Haben Sie Ihren Sohn in diese Richtung erzogen? Neureuther: Wir glauben das schon. Wissen Sie, was uns am Skirennspo­rt so gefällt? Der Zusammenha­lt unter den Rennfahrer­n ist grandios. Man hilft sich untereinan­der. Mittermaie­r: Der Felix bringt auch gerne seine Kollegen mit zu uns nach Hause. Sie essen mit uns. Ich wasche ihnen die Wäsche. Das ist völlig normal. Neureuther: Ted Ligety, der Amerikaner, der hat in seinem Leben noch nie die Unterhosen gebügelt bekommen. Bei Rosi sind seine Unterhosen gebügelt. Mittermaie­r: Ja, die Boxershort­s. Neureuther: Aber gut, meine sind auch gebügelt. Mittermaie­r: Gerade die Boxershort­s kringeln sich doch immer ein, dann sieht es nicht mehr schön aus. Wenn ich im Fernsehen Sport anschaue, kann ich nebenbei wunderbar bügeln, das hilft den Boxershort­s.

Foto: lg

 ??  ?? Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther gelten als Traumpaar des Sports. Außerdem sind sie Eltern des besten deutschen Ski fahrers und nicht ganz ungeübt in Sachen Selbstverm­arktung.
Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther gelten als Traumpaar des Sports. Außerdem sind sie Eltern des besten deutschen Ski fahrers und nicht ganz ungeübt in Sachen Selbstverm­arktung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany