Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Aus dem Vergessen ans Licht
Konzert Immer wieder präsentiert der Musica Suevica Chor erstaunliche Entdeckungen
Es ist erstaunlich, dass es immer wieder Funde vergessener Musik gibt, die nicht nur für fachspezifische Kenner interessant sind, sondern auch als Hörgenuss frisch und munter auf heutigen Podien bestehen können. Dazu gehört sicher die Missa in D, die „Dreikönigsmesse“von Joseph Aloys Schmittbaur (1718 - 1809), die jetzt von dem Musica Suevica Chor aus dem Archivschlaf erweckt wurde. In der voll besetzten Dominikanerkirche Hl. Kreuz bot die mit ihren Entdeckungen viel gelobte Vereinigung eine quasi Erstaufführung des 1776 entstandenen Werks. In Augsburg lag eine Partiturabschrift der für den Kölner Dom geschriebenen Messe vor. Sie befindet sich jetzt in privater Hand.
Franz Wallisch brachte mit seinem tüchtigen Vokalensemble und dem Münchner Rundfunkorchester dieses vergessene Sakralwerk erfolgreich aus der Dunkelheit ans Licht – und siehe da, man hörte ein echtes Prachtstück im vorklassischen Gewand, das aber auch mit eigenständiger Ausdruckskraft Grenzen der Tradition austastet. Ein auf ein gutes Dutzend Spieler komprimierter und damit sehr beweglicher Streicherkörper, je zwei Flöten, Hörner und Trompeten, Fagott, Pauke und kleine Orgel entwickelten sowohl satten Vollton, modellierten aber auch die kammermusikalischen Feinheiten und die teils liebevolle, teils auch erstaunlich keck-unorthodoxe musikalische Fantasie, die das Werk auszeichnet.
Mit diesen gut austarierten Mitteln, mit prägnant gehaltenen Chorpassagen und dankbar schönen, teils auch heiklen Aufgaben (eigenwillige Koloratur-passagen) für die Gesangssolisten weitete Schmittbaur, der vor allem in Köln und Karlsruhe als Konzertmeister hohes Ansehen genoss, jeden der Messe-teile zu regelrechten Kantaten aus. Besonders das szenenreiche Gloria öffnet ein fantasievolles Panorama zwischen Klangkraft und feinen pastoralen Idyllen. Die grandios effektvolle Chorfuge des Kyrie (als Zugabe wiederholt!) hat wuchtigen „Drive“– an der Bildkraft dieser Musik erkennt man den Opernkomponisten Schmittbaur, der mit zahlreichen Musiktheaterstücken in seinem langen Wirken hervorgetreten ist. Mit geschmeidigen Stimmen realisierten Priska Eser (Sopran), Barbara Müller (Alt), Robert Wörle (Tenor) und Rudolf Hildebrand ihre organisch in die Szenen verwobenen Partien.
Die hervorragenden Musiker des Münchner Orchesters (Streicher!) intonierten mit großer Delikatesse vor allem die filigranen Verläufe, was sie schon in den vorangegangenen beiden anderen Werken zeigten. Leopold Mozarts Litaniae Laurentanae in F strömte mit dem gut geschulten Suevica-chor ebenso im noblen Klang wie Friedrich Hartman Grafs hübsche Sinfonia in D. Das Publikum feierte die Entdeckung und ihre Interpreten.