Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Doppelmord: Anklage will lebenslang
Warum die Verteidiger Freispruch fordern
Augsburg Kurz vor dem Ende des Prozesses zeigt Waldemar N. zum ersten Mal so etwas wie eine emotionale Reaktion: Eine Schwester des Mordopfers Elke W. ist aufgestanden und sagt unter Schluchzen und Tränen: „Das Leben unserer Eltern ist total zerstört.“Die Kaumuskeln des Angeklagten zucken heftig, er dreht sich zur Wand, ein Finger wischt über das Auge.
Es ist der vorletzte Tag im Prozess um den Doppelmord von Hirblingen und es passiert noch einmal eine ganze Menge. Zunächst folgt das Augsburger Schwurgericht gleich sieben Beweisanträgen der Verteidiger. Im Eiltempo werden sechs zusätzliche Zeugen herangekarrt und angehört. Der Erkenntnisgewinn bleibt gering. Dann beginnen die Plädoyers. Und die könnten gegensätzlicher kaum sein.
Staatsanwältin Martina Neuhierl sagt, es gebe überhaupt keine Zweifel, dass Waldemar N., 32, der Doppelmörder sei. Etliche Indizien wie Dna-spuren belegten dies. Er habe die Opfer aus einem Leben gerissen, das sie sich schön gestaltet hätten – und zwar habe N. dies auf ganz brutale Weise und aus rein egoistischen Motiven getan. Sein Ziel: An die Bankkarten seiner beiden vermögenden Nachbarinnen kommen. Sein Motiv: Habgier. N. habe unter notorischem Geldmangel gelitten. Die Staatsanwältin fordert eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. So könnte N. nicht nach 15 Jahre freikommen.
Die Nebenklage-vertreterin Marion Zech schließt sich dieser Forderung an. Die Opferanwältin sagt zum Angeklagten: „Was Sie getan haben, war ein Abschlachten, das von unbedingtem Vernichtungswillen getragen war.“Und sie fügt an: Ein Mörder nehme nicht nur den Getöteten das Leben, sondern er nehme auch den Angehörigen einen Teil ihres Lebens.
N.s Verteidiger Walter Rubach kritisiert, dass die Staatsanwaltschaft nur mit Schlussfolgerungen arbeite und nicht mit Tatsachen. Er warnt davor, in solchen Indizienprozessen entlastende Hinweise von vornherein auszublenden, die nicht ins Bild der Ermittler passten. Verteidiger Hansjörg Schmid sagt: „Es gibt kein unmittelbares, direktes Beweismittel.“Und so endet Rubach mit den Worten: „Einen Mord können Sie meinem Mandanten nicht nachweisen. Daher beantrage ich Freispruch.“
Das letzte Wort hat Waldemar N. Er sagt: „Ich habe nichts zu sagen.“Das Urteil fällt heute um 11 Uhr.