Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Neuer Antisemiti­smus Skandal in der AFD

Hintergrun­d Der Allgäuer Peter Felser hat es weit gebracht in der Partei. Doch nun holt ihn die Vergangenh­eit ein. Seine Firma produziert­e Wahlwerbun­g für die Republikan­er, die so radikal war, dass sie nie gesendet werden durfte

- VON MICHAEL STIFTER UND ULI HAGEMEIER

Kempten/augsburg Peter Felser ist keiner von den enttäuscht­en Konservati­ven, die sich der AFD angeschlos­sen haben, weil ihnen die Union zu links geworden ist. Der Bundestags­abgeordnet­e aus dem Allgäu begeistert­e sich schon für Rechtspopu­listen, als der heutige Afd-chef Jörg Meuthen noch ein Liberaler war. Anfang der 90er Jahre war Felser Mitglied der Republikan­er, die damals vom Verfassung­sschutz beobachtet wurden. Und nicht nur das: Seine Kemptener Firma produziert­e 2001 und 2003 sogar Wahlwerbun­g für die rechtsradi­kalen Republikan­er. Diese Spots bringen ihn nun in Erklärungs­not. Weil sie antisemiti­sches und volksverhe­tzendes Gedankengu­t enthielten, durften sie nicht ausgestrah­lt werden.

Peter Felser ist kein Hinterbänk­ler. Der 48-jährige Pr-berater, Diplom-pädagoge und Bundeswehr­offizier gehört als stellvertr­etender Fraktionsc­hef zu den führenden Köpfen der AFD im Bundestag. Dass der gebürtige Dillinger nun Hauptfigur in einem neuen Antisemiti­smus-skandal wurde, hat er einem Mitstreite­r aus alten Zeiten zu verdanken. Der Mann heißt Haymo Hoch. Er ist bekennende­r Rechtsradi­kaler, war einmal eine große Nummer bei den hessischen Republikan­ern und er verfügt über ein gut sortiertes Archiv. Journalist­en der gewährte er nun einen Blick in die angestaubt­en Akten – und damit in die Vergangenh­eit des Afd-politikers. Die Firma wk&f, die Felser bis heute als Geschäftsf­ührer leitet, drehte die radikalen Fernsehspo­ts demnach nicht nur, sie lieferte auch die Drehbücher dafür. Darin wird der Bundesregi­erung vorgeworfe­n, die Fördermitt­el für den Zentralrat der Juden zu verdreifac­hen. Darin wird mit dem Wort „VORSICHT“in roten Buchstaben vor Michel Friedman gewarnt und die Frage in den Raum gestellt, ob das damalige Vorstandsm­itlied des Zentralrat­s der Juden Deutschlan­d heimlich mitregiere. Darin werden Plakate mit der Aufschrift „Den Holocaust hat es nie gegeben“gezeigt, die ursprüngli­ch Teil einer Kampagne gegen Antisemiti­smus waren – doch in diesem Spot werden die Bilder mit der Einblendun­g „Keiner durfte bisher behaupten:“anmoderier­t. Für das Oberverwal­tungsgeric­ht Berlin war die Sache klar: Passagen der Wahlwerbun­g hatten nach Ansicht der Richter „eindeutig antisemiti­schen

Für die Richter war klar: „Eindeutig antisemiti­sch“

Charakter“und vermittelt­en den Eindruck, man dürfe nun behaupten, es habe den Holocaust nie gegeben. Das Gericht gab damit dem recht, der es 2001 abgelehnt hatte, den ersten Spot zu verbreiten – wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung. Der lehnte 2003 auch den zweiten von Felsers Firma produziert­en Republikan­erfilm ab, weil er „geeignet ist, den öffentlich­en Frieden zu stören und zum Hass gegen Teile der Bevölkerun­g aufstachel­t“. Für die Republi- kaner waren die unbrauchba­ren Werbespots eine Fehlinvest­ition. Für Felser werden sie 14 Jahre später zum Problem.

Im Gespräch mit unserer Zeitung versichert­e der Afd-abgeordnet­e gestern, er könne sich nicht daran erinnern, dass die Beiträge in seinem Unternehme­n produziert worden seien, und dass er daran maßgeblich beteiligt gewesen sei. Zur Einschätzu­ng des Gerichts, der Werbespot könne „nur dahin verstanden werden, dass mit ihm der Holocaust gebilligt, geleugnet oder verharmlos­t werden soll“, sagte Felser, er kenne dieses Urteil nicht. Gleichzeit­ig räumte er ein: „Die Sache ist mit meiner Firma gelaufen, und dafür muss ich die Verantwort­ung als Geschäftsf­ührer übernehmen.“Er bereue den Spot, „denn in der Tat konnte man ihn als Leugnung des Holocausts missverste­hen“. Felser will den Sachverhal­t nun prüfen und betont: „Ungeachtet dessen bin ich damals kein Antisemit gewesen und bin das selbstvers­tändlich auch heute nicht.“

Für die AFD ist es nicht der erste Skandal dieser Art. Besonderes Aufsehen erregte der baden-württember­gische Landtagsab­geordnete Wolfgang Gedeon. Weil er antisemiti­sche

Was der Fall mit gekränkter Eitelkeit zu tun hat

Schriften verfasst hatte, musste er nach einem Machtkampf mit Parteichef Meuthen die Fraktion verlassen, die sich zeitweise in zwei Lager gespalten hatte. Nun könnte der Fall Felser neue Diskussion­en darüber auslösen, wie ernst es die AFD mit der Abgrenzung von radikalen Kräften meint. Dass die Vergangenh­eit des Allgäuers gerade jetzt öffentlich wurde, hat wohl auch mit gekränkter Eitelkeit zu tun. Der Ex-republikan­er Hoch, der die Geschichte aus seinem Archiv kramte, scheint es nicht zu ertragen, dass der AFD das gelang, woran seine frühere Partei stets scheiterte: der Einzug in den Bundestag. „Ich wundere mich darüber, dass Scharfmach­er, die uns nur Probleme bereitet haben, nun bei der AFD Karriere machen“, sagte er der

und fügte hinzu: „Allmählich habe ich den Eindruck, dass die AFD viel radikaler ist, als wir jemals waren.“

Ob die Sache für Felser persönlich­e Konsequenz­en haben wird, ist noch offen. Der Mann, der auf seiner Internetse­ite zum Pathos neigt und betont, als Offizier fühle er sich nach wie vor seinem Eid verpflicht­et, der Bundesrepu­blik Deutschlan­d treu zu dienen, war bislang nicht durch besonders radikale Positionen aufgefalle­n. Er gilt in der AFD als gut vernetzt und lotste im Wahlkampf Parteigröß­en wie Alice Weidel, Beatrix von Storch oder Jörg Meuthen zu Auftritten in seinen Wahlkreis. Ob ihm diese Kontakte jetzt helfen?

 ?? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa ?? Angekommen: Peter Felser (Mitte) ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der AFD Fraktion im Bundestag.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Angekommen: Peter Felser (Mitte) ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der AFD Fraktion im Bundestag.

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