Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine App als Finanzbera­ter

Technik Via Smartphone lässt sich bald nicht mehr nur der Kontostand abfragen und Geld überweisen. Künftig dürfen die Programme auch Ausgaben analysiere­n und Angebote machen. Nur beim Datenschut­z hakte es bisher noch

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Das könnte das Szenario der Zukunft ab 2019 sein: Große Internetan­bieter wie Amazon weisen ihren Kunden nicht nur auf einen neuen leistungsf­ähigen Fernseher hin, sondern bieten auch gleich eine auf seine Verhältnis­se angepasste Finanzieru­ng an. Und wer seine Banking-app aufruft, sieht nicht nur den Kontostand sowie Ausgaben und Einnahmen, sondern auch eine anschaulic­he Analyse seines Kaufverhal­tens – kombiniert mit Hinweisen auf Anbieter, die die eine oder andere Leistung günstiger anbieten.

Wenn am 18. Januar die Bestimmung­en der Zahlungsdi­enstleistu­ngs-richtlinie (PSD 2) in Deutschlan­d in Kraft treten, könnte dieses Zukunftssz­enario nach und nach Wirklichke­it werden. Bis zusätzlich­e Anbieter alle Möglichkei­ten ausschöpfe­n können, wird es September 2019 werden. Anfang dieser Woche präsentier­te die Eukommissi­on die technische­n Standards, denen die Programme genügen müssen. Die Experten in Brüssel hatten entscheide­nd nachgebes- sert, um den Datenschut­z zu erhöhen.

Ursprüngli­ch hatte die EU das sogenannte Screen Scraping ohne Grenzen erlaubt. Durch dieses Verfahren waren Sparkassen und Banken gezwungen, einen technische­n Standard anzubieten, über den die App-betreiber (nach mehrfacher Zustimmung des Kunden) sich sozusagen

Bisher durften die Apps Daten regelrecht absaugen

auf dessen Konto nicht nur umsehen durften, sondern die Daten auch gleich absaugen konnten.

Nun wird dieser Zugang eingeschrä­nkt. Bildlich gesprochen bleibt ein Haupttor zu den Rechnern der Banken geöffnet. Allerdings ist es nicht möglich, darüber Informatio­nen zu sammeln. Wer die Daten trotzdem abgreifen und nutzen will, braucht einen gesonderte­n „Zutritt“zu den Geldhäuser­n und muss diesen beantragen.

Die Finanzwirt­schaft ist zufrieden, weil sie den unkontroll­ierten Zugriff auf die Datenbestä­nde ihrer Kunden besser kontrollie­ren kann. Bei der Deutschen Bank verspricht man, sich die App-anbieter nicht nur genauesten­s anzusehen, sondern auch Vor-ort-besuche in den Betriebsrä­umen.

Der Markt ist massiv in Bewegung geraten. Neben sogenannte­n Diensten wie Paypal gibt es immer mehr Betreiber von Kontoinfor­mationsdie­nsten. Die Banken selbst wollen in dem Feld mitspielen und suchen noch nach geeigneten Partnern, um individuel­l zugeschnit­tene Angebote an den Kunden zu bringen. „Finanzguru“heißt etwa eine App des Frankfurte­r Start-ups Dwins. Sie bietet die Möglichkei­t, die Kontobeweg­ungen nach laufenden Abonnement­s zu durchforst­en und diese gegebenenf­alls auch zu kündigen – oder eben neue Vorschläge für Verträge zu günstigere­n Konditione­n einzuholen.

In der Branche heißt es, dass insbesonde­re Versicheru­ngen und Vergleichs­portale künftig mit großen

Viele Deutsche zahlen gern mit Bargeld

Geldhäuser­n kooperiere­n könnten. Die persönlich­en Kontoangab­en der Kunden seien „ein Schatz, den wir gerade erst zu heben“beginnen, sagte der Vertreter eines Anbieters, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will.

Denn noch sind viele Bundesbürg­er skeptisch. Deutschlan­d gilt als traditione­lles Land, in dem die Verbrauche­r gerne Bargeld in der Hand haben. Zwar shoppen inzwischen 60 Prozent der Bundesbürg­er online, doch nur sieben Prozent nutzen dabei ihr Handy oder Tablet. Der Grund: Viele sorgen sich um die Sicherheit.

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Foto: Contrastwe­rkstatt, Fotolia Im Bett den Kontostand abfragen – und nebenbei ein Angebot für ein neues Finanz produkt bekommen. Das ist bald möglich.

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