Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Russlands Baustellen vor der WM
Fußball Noch knapp 200 Tage bis zum Anpfiff. Die größten Herausforderungen für die Gastgeber befinden sich jenseits der Spielstätten. Morgen findet die Gruppenauslosung statt.
Moskau erste Fußball-wm im eigenen Land einiges kosten. Nach offiziellen Angaben nimmt die Regierung etwa 10 Milliarden Euro in die Hand, um Stadien, Straßen und Hotels zu bauen. Experten schätzen, dass die Kosten durchaus doppelt bis dreimal so hoch ausfallen könnten. Kritiker befürchten aber, dass ein be- trächtlicher Teil des Geldes in den Taschen von Privatpersonen landen könnte. Auch die Vergabe von Aufträgen an Firmen bezeichnen Beobachter als undurchsichtig. Als Sinnbild für die Korruptions-debatte um die WM gilt das neue Stadion in St. Petersburg. Explodierende Kosten und Verzögerungen beim Bau hielten die Zenit-arena in den Negativ-schlagzeilen. Ein früherer Vize-gouverneur aus Russlands „nördlicher Hauptstadt“hatte Anfang November zugegeben, mehr als 50 Millionen Rubel (730 000 Euro) beim Bau unterschlagen zu haben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Baustellen Gut 200 Tage vor dem Wm-anpfiff laufen die Arbeiten an den Spielorten noch auf Hochtouren. Längst nicht alle Stadien sind fertig, die Zeit drängt. Größtes Sorgenkind: Samara an der Wolga. „Wir haben deutliche Verzögerungen beim Bau in mehreren Städten, vor allem in Samara“, sagte der mit Wm-vorbereitungen betraute Senator Andrej Kutepow. Zuletzt fehlte dort noch der Rasen. Vizeregierungschef Witali Mutko bemüht sich seit Wochen, die Probleme zu lösen.
Hooligans: Gewaltbereite Fans haben Russlands Fußball mehrfach in Verruf gebracht. Unvergessen sind die Bilder von Ausschreitungen zwischen russischen und englischen Fans bei der EM 2016 in Frankreich. Bei der Weltmeisterschaft will Moskau das Problem im Keim ersticken. Russen, die bei der Europameisterschaft auffällig geworden sind, dürfen nicht zu Wm-spielen kommen. Mehr als 380 Namen stehen dem Innenministerium zufolge inzwischen auf einer schwarzen Liste. Zumindest beim Confed Cup, dem Testlauf für die WM, blieben Skandale mit Hooligans aus.
Sbornaja: Selbst wenn die WM ein glänzendes Fußballfest wird, der sportliche Erfolg von Gastgeber Russland ist alles andere als sicher. Großartig wäre aus Expertensicht schon ein Weiterkommen der Sbornaja ins Achtelfinale. Zwar war zuletzt die Kritik an der Leistung des Teams leiser geworden. Doch Fußball-chef Witali Mutko weiß um die negative Wirkung eines harschen Fan-urteils. „Wir können das Land mit Fußballplätzen zupflastern, Millionen Leute in den Fußball bringen. Aber wenn morgen die Sbornaja verliert, werden alle sagen, dass unser Fußball schlecht ist“, klagt Mutko.