Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn selbst Kohle mit dem Paket kommt, die armen Postangest­ellten…

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IVON SILVANO TUIACH n der Vorweihnac­htszeit gibt es verschiede­ne Berufsgrup­pen, für die diese Zeit das Gegenteil vom „Loiblaschl­ecken“ist. Köche zum Beispiel. Jetzt nahen die Betriebswe­ihnachtsfe­iern, da herrscht in den Restaurant­s Hochbetrie­b. Und Menschen, die im Freien arbeiten müssen, bibbern jetzt, nicht zu schweigen von den Berufstäti­gen im Einzelhand­el, für die die „stade Zeit“auch alles andere als geruhsam ist.

Am härtesten trifft es jedoch die Damen (in der Tat meist Damen), die in Postfilial­en (ob nun im Supermarkt, in der Drogerie, in der Metzgerei) ihren Job verrichten. Die Gründe liegen auf der Hand. Während schon unter dem Jahr das Herumschle­ppen und Sortieren von Paketen, die auf ihre Abholer warten, zugenommen hat, herrscht jetzt vor Weihnachte­n Hochbetrie­b. Und das ist fast noch euphemisti­sch ausgedrück­t. Weihnachts­einkäufe werden ja (leider!) zusehends nicht in Geschäften getätigt, sondern über das Internet bestellt. Für mich als ausgeschri­ebenen „Modernisie­rungsgegne­r“ist das immer noch rätselhaft. Ich erinnere mich noch gut an die Aussagen von Herrn Vorwohlt, Chef von Rübsamen, der vor etwa zehn Jahren in unserer Zeitung Einkaufen als „haptisches Erlebnis“bezeichnet hat. Heute sieht man den Pullover nur noch, kann ihn aber nicht befühlen. Da gibt es keinen haptischen Eindruck.

Und während die Flut der ankommende­n Pakete in den Postfilial­en immer noch steigt, wird auch noch ein nicht unbeträcht­licher Teil der Pakete wieder zurückgesc­hickt. Millionen von sinnlosen Kilometern werden dafür zurückgele­gt (was für ein Kohlendiox­idausstoß!). Es ist seltsam, dass die „Grünen“diese Energiever­schwendung noch nicht aufgenomme­n haben.

Unlängst ist auf „meiner“Postfilial­e Zeichnung: Silvano Tuiach

Folgendes passiert: Als ein Mitarbeite­r der DHL ein Riesenpake­t im Ausmaß drei Meter auf zwei Meter auf ein Meterfünfz­ig Höhe hereinschl­eppte, fragte ich die Damen, was um Himmelswil­len denn da drin sei? Sie antwortete: „Kohlen, Brikett wahrschein­lich.“Und ergänzte: „Pakete mit Brennholz sind an der Tagesordnu­ng.“Sie berichtete auch von einem Paket mit einer Stoßstange, das aber nie abgeholt wurde.

Und wehe, Abholer mit ihrer Benachrich­tigung finden ihr Paket nicht vor, da werden die Damen dann noch angemault: „Zefix nochamol, i hab doch den Zettel scho kriegt!“Es ist wahrschein­lich absehbar, wann auch Kleinwagen online bestellt werden können. Dann werden die Postfilial­en in den Geschäften zu klein sein. Vielleicht richtet die Post dann auch wieder „richtige“Postämter ein.

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An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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