Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie teuer wird der Bahnhofstunnel?
Verkehr Die Preise fürs Bauen steigen, was sich vor allem auch auf Großprojekte auswirkt. 193 Millionen Euro haben die Stadtwerke bis 2023 für den Umbau des Hauptbahnhofs eingeplant, doch die Reserve schmilzt langsam dahin
Beim Bau des Bahnhofstunnels rückt die Kostenobergrenze von 193,75 Millionen Euro für Bau und Planung, die sich Stadt und Stadtwerke gesetzt haben, immer näher. Aktuell setzen die Stadtwerke an Bau- und Planungskosten bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2023 181,4 Millionen Euro an. Zuletzt war man noch von 159,3 Millionen Euro ausgegangen. Der Sprung in der Prognose ist auf die Baupreise zurückzuführen. Sie stiegen stärker als gedacht. Ein weiterer Grund ist, dass die Unterquerung des Bahnhofsgebäudes in ihrer Durchführung komplexer wird als ursprünglich kalkuliert.
Stadtwerke-chef Walter Casazza betont auf Anfrage, dass man nach derzeitigem Stand noch im Kostenrahmen von 193,75 Millionen stehe und damit einen Puffer nach oben habe. Allerdings ist dies abhängig von der weiteren Entwicklung der Baupreise. Wie berichtet, hatten die Baufirmen bei einer Ausschreibung für Bauarbeiten zuletzt deutlich höhere Preise angesetzt. Mit den drei Prozent jährlicher Steigerungsrate, die der Kostenobergrenze zugrunde liegen, kamen die Stadtwerke bei dieser Ausschreibung nicht hin. Grund dürfte die starke Auftragslage im Bausektor sein.
Die nächste große Ausschreibung für die Bauarbeiten unterhalb der Bahnsteige wird Mitte 2018 sein. „Zum jetzigen Zeitpunkt etwas zu den künftigen Preisen zu sagen, wäre sehr spekulativ“, sagt Casazza. Man müsse einen längeren Zeitraum beobachten, um zu sehen, ob die vergangene teure Ausschreibung nur ein punktuelles Phänomen gewesen sei. Falls auch bei der nächsten Ausschreibung teurere Angebote herauskämen, werde man die zu erwartenden Kosten auch in der Zukunft neu kalkulieren müssen.
Ob die 193,75 Millionen Euro Gesamtkostenrahmen dann eingehalten werden können, hängt stark von der Höhe der Preissteigerung ab. Oberbürgermeister und Stadtwerke-aufsichtsratschef Kurt Gribl (CSU) erklärt, man werde das Kostenthema genau im Auge behalten und wolle dabei transparent agieren.
Kostenfrage war beim Bahnhofstunnel, der auch über den Baubeginn hinaus umstritten war und zu einem (nicht zugelassenen) Bürgerbegehren führte, von Anfang an entscheidend. Die Bürgerinitiative gegen die Tunnellösung, aber auch der Bund der Steuerzahler prophezeiten den Stadtwerken, ein Millionengrab zu errichten. Steuerzahlerbund-präsident Rolf von Hohenhau sprach von mehr als 300 Millionen Euro Kosten. Zudem erklagte er vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich Einsicht in die Unterlagen zur Förderfähigkeit des Projekts.
Dass der Bahnhofstunnel teurer wird als die im Jahr 2014 veröffentlichten 148,5 Millionen Euro, war grundsätzlich klar. Baupreissteigerungen waren darin nicht enthalten, was die Stadtwerke damals auch klarstellten. Um einen Anhalts- zu haben, wurden drei Prozent Baupreissteigerungen jährlich veranschlagt, was bei einem Ende der Bauarbeiten im Jahr 2023 zu den besagten 193,75 Millionen Euro führt. Allerdings hätte der Tunnel schon 2022 fertig werden sollen, was alleine schon sechs Millionen weniger ausgemacht hätte. Zudem musste im Bereich des Bahnsteigs F umgeplant werden, sodass die Stadtwerke ihre Prognose 2016 auf 159,3 Millionen Euro erhöhten. Auch der jüngste Sprung auf 181,4 Millionen Euro liegt daran, dass im Bereich des Bahnhofsgebäudes, das für die Untertunnelung vorübergehend auf einem Gerüst aus Stahlträgern gelagert wird, aufwendiger geplant werden musste.
Auf die Förderfähigkeit des Projekts haben die Verteuerungen keine Auswirkungen. Nach der Förderzudie sage eingetretene Baupreissteigerungen sind dafür irrelevant. Auch nachdem die Stadtwerke das Projekt im Jahr 2014 nochmals neu durchgerechnet hatten und statt der bisher 116,7 Millionen Euro eine Summe von 148,5 Millionen Euro (inklusive fünf Millionen Puffer) herauskam, meldete die Regierung von Schwaben als Zuschussbehörde keine Bedenken an. Die staatlichen Zuschüsse sind deshalb so wichtig, weil damit gut die Hälfte der Investition abgedeckt wird. Den Rest teilen sich Stadtwerke und Bahn. Die Stadt ist mit einem einstelligen Millionenbetrag für den Durchstich des Fußgängertunnels ins Thelottviertel vertreten.
Auch wenn die jetzt angesagten 181,4 Millionen Euro eingehalten werden, werden auf Stadtwerke und Stadt aber noch weitere Kosten hinpunkt zukommen. Das ist keine Neuigkeit, muss der Vollständigkeit halber aber erwähnt werden. Nach Fertigstellung des Tunnels ist die Zahlung einer Ablöse an die Bahn vereinbart. Etwa zwölf Millionen Euro zahlen Stadt und Stadtwerke, dafür übernimmt die Bahn die Instandhaltung. Zudem fallen bei den Stadtwerken – auch das ist länger bekannt – interne Kosten von über 20 Millionen Euro unter anderem für die Bauüberwachung an.
Der Tunnel wird ab 2023 die Tramlinie 3 und die künftige Linie 5 unter dem Bahnhof hindurchführen. Zudem wird die Linie 4 dort wenden. Unter den Bahngleisen wird eine unterirdische Tramhaltestelle mit Zugang zu den Bahnsteigen angelegt. Künftig wird der Bahnhof mit Aufzügen und Rolltreppen barrierefrei. »Kommentar