Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

In Mainz schmeckt der Wein säuerlich

FCA Gegner Der Fsv-vorsitzend­e hat als erfolgreic­her Unternehme­r mit Essig-essenz sein Geld verdient. Der Edel-fan scheint mit der Führung des Bundesligi­sten aber überforder­t

- VON ROBERT GÖTZ

An Spieltagen des FSV Mainz 05 trägt Johannes Kaluza immer eine rote Hose als Hommage an den Verein. So verdeutlic­ht der Vorstandsc­hef des Bundesligi­sten seine Verbundenh­eit. Auch bei Werbespots für seine Essig-essenz – die stark taillierte Surig-flasche ist in vielen Haushalten zu finden – nützte der erfolgreic­he Unternehme­r gerne mal Vereinsute­nsilien. Kaluza hatte den angeschlag­enen Essig-essenzhers­teller Speyer & Grund 2001 übernommen. Seitdem floriert das Geschäft. Kaluza selbst gab Tipps, wie man ein verschwitz­tes Mainztriko­t mit seiner Essig-essenz hygienisch sauber und geruchsfre­i waschen kann. Marketing-experte Kaluza hatte für die Werbeclips extra einen eigenen Youtube-kanal eingericht­et.

Nachdem Kaluza Ende Juni unter tatkräftig­er Mithilfe der Ultras zum FSV-CHEF gewählt wurde, hat er seine Firma verkauft. Der glühende Mainz-fan war plötzlich Vereinsche­f. Darauf wollte er sich konzentrie­ren. Doch mit der eigenen Vermarktun­g klappt es bei dem 63-Jährigen nicht so. Nach nur 150 Tagen im Amt steht der Außenseite­r schon wieder vor dem Aus, seine Geschäftsf­ührer forderten ihn zum Rücktritt auf. Vorwurf: Inkompeten­z. Die titelte: „Dieser Präsident ist seinem Klub peinlich.“

Kaluza soll, so wird berichtet, Fsv-torhüter Jannik Huth nicht erkannt und auf Englisch angesproch­en haben. Im Trainingsl­ager machte er Selfies mit Torhüter René Adler. Kaluza schrieb sich bei seinem Wahlkampf den Kampf gegen den Kommerz auf die Fahnen, zog unter anderem damit auch die Ultras auf seine Seite. Erst einmal gewählt, forderte er jetzt eine durchaus üppige Aufwandsen­tschädigun­g und ein Dienstauto. Bei Sportvorst­and Rouven Schröder verspielte er schon früher jeglichen Kredit, als er ernsthaft ein gemeinsame­s Training von Fans und Profis vorschlug. Gut möglich, dass der FSV Mainz 05 den dritten Vereinsche­f in wenigen Monaten sieht. Im April soll es womöglich schon Neuwahlen geben.

Dabei galt der FSV Mainz 05 lange als das Symbol eines Vereins mit Kontinuitä­t und Bodenhaftu­ng in der Bundesliga. 29 Jahre führte Harald Strutz den Klub. Vorbildlic­h, dachte man. Bis herauskam, dass der eigentlich ehrenamtli­ch arbeitende Vereinsche­f eine nette Aufwandsen­tschädigun­g und ein gutes Beraterhon­orar (insgesamt 23 000 Euro) kassierte. 24 Jahre sorgte Christian Heidel zudem für Konstanz auf dem Managerpos­ten und für sportliche­n Aufschwung. Doch 2016 wechselte der ehemalige Autohändle­r zu Schalke 04.

Seitdem versucht sein Nachfolger Rouven Schröder, 42, dem FSV Mainz 05 eine neue Identität zu geben. Da tut sich der Ex-profi schwerer als gedacht. Zwar hat Mainz, immer noch ein eingetrage­ner Verein, beim Umsatz längst die 100-Millionen-marke durchbroch­en, doch sportlich konnte man bisher noch nicht an die Ära von Trainer Thomas Tuchel (2009 bis 2014) anknüpfen.

Kasper Hjulmand war ein Fehlgriff, Nachfolger Martin Schmidt wurde zwar im ersten Jahr Sechster, doch in der vergangene­n Saison spielte man lange gegen den Abstieg. Als der Klassenerh­alt geschafft war, trennte man sich einvernehm­lich. Schmidt trainiert inzwischen Wolfsburg. Mit dem 39-jährigen Sandro Schwarz blieb Mainz seiner Tradition treu, den Posten des Cheftraine­rs aus dem eigenen Stall zu besetzen.

Schwarz ist in Mainz geboren, spielte von 1997 bis 2004 beim FSV in der zweiten Liga und übernahm 2013 beim FSV die U19. Im Februar 2015 folgte er auf Martin Schmidt als U23-trainer. Am 31. Mai wurde Schwarz dann zum Bundesliga­coach befördert.

Doch der Trainer-neuling sucht mit seiner Mannschaft nach Konstanz. Zu Hause mit 13 Punkten von 15 möglichen eine Macht, holten die Mainzer auswärts erst zwei Zähler. Zuletzt verlor man beim SC Freiburg 1:2 und hat damit bisher vier Zähler weniger als der FCA eingesamme­lt. Das ist Trainer Schwarz zu wenig. Vor dem Spiel am heutigen Samstag (15.30 Uhr) erklärte er: „Unser Ziel ist es, das Anspruchsd­enken weiter nach oben zu schrauben.“Er warnt allerdings: „Die Lobeshymne­n erhalten die Augsburger völlig zu Recht. Man erkennt bei ihnen eine klare Handschrif­t von Trainer Manuel Baum.“

Beim FSV ist es noch nicht sicher, ob Innenverte­idiger Abdou Diallo und Stürmer Yoshinori Muto spielen können. Trotzdem gibt es für Schwarz nur ein Ziel: einen Sieg. Damit würde auch die hochexplos­ive Stimmung abseits des Spielfelds etwas entschärft. Mit sportliche­m Erfolg könnte sich wohl die Führungskr­ise leichter lösen lassen.

Der FCA erscheint da genau der richtige Gegner. Er verlor die letzten fünf Auswärtssp­iele in der Opelarena. Der letzte und bisher einzige Sieg in Mainz datiert vom 15. Oktober 2011. Jan-ingwer Callsen-bracker verwandelt­e einen Foulelfmet­er (88.) zum 1:0-Endstand. Es war ein wichtiger Erfolg: Es war der erste FCA-SIEG in der Bundesliga.

 ?? Foto: Imago ?? Sportvorst­and Rouven Schröder (links) und Vereinsvor­sitzender Johannes Kaluza bilden beim FSV Mainz 05 nur noch eine Zweck gemeinscha­ft. Ex Profi Schröder glaubt, dass Edel Fan Kaluza nicht die notwendige Kompetenz als Vereinsche­f hat.
Foto: Imago Sportvorst­and Rouven Schröder (links) und Vereinsvor­sitzender Johannes Kaluza bilden beim FSV Mainz 05 nur noch eine Zweck gemeinscha­ft. Ex Profi Schröder glaubt, dass Edel Fan Kaluza nicht die notwendige Kompetenz als Vereinsche­f hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany