Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein mildes Urteil

Prozess Eine Geiselnahm­e, die keine war

- VON JAN KANDZORA

Shkodran P.* lauscht der Urteilsver­kündung mit gesenktem Kopf. Ganz so, als wäre das, was er gerade hören muss, für ihn ein Debakel, das er kaum ertragen kann. Die Reaktion überrascht, denn das Gegenteil ist der Fall: Die 3. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­tes unter Vorsitz von Richter Roland Christiani fällt ein vergleichs­weise mildes Urteil. Ein Jahr Haft auf Bewährung heißt es für den Angeklagte­n.

Es hätte für den 32-Jährigen schlimmer kommen können. Angeklagt hatte ihn die Staatsanwa­ltschaft wegen Geiselnahm­e, ein Verbrechen, auf das eine Mindeststr­afe von fünf Jahren steht. Shkodran P. sollte laut Anklage im Sommer 2013 den Plan gefasst haben, mit seiner Ex-freundin wieder zusammenzu­kommen. Daher passte er sie am frühen Abend eines nicht genauer feststehen­den Tages vor dem Oberhauser Bahnhof ab und redete solange auf sie ein, bis sie sich bereit erklärte, in seine Wohnung zu kommen. Dort soll er aggressiv geworden sein, als er merkte, dass seine Ex-freundin kein Interesse daran hatte, wieder eine Beziehung mit ihm zu führen – und sie letztlich sogar mit einer Waffe bedroht haben.

Am ersten Verhandlun­gstag hatte Shkodran P. (Verteidige­r: Michael Weiss) noch bestritten, dass sich die Tat so abgespielt haben könnte. Im Lauf des Prozesses rückte er davon ab, äußerte Bedauern und bat um Entschuldi­gung. Zudem sagte die Ex-freundin aus und schilderte, dass sie die Folgen des Tages nicht gravierend einschätzt­e und auch nach der Tat noch eine sexuelle Beziehung zum Angeklagte­n pflegte. Letztlich verurteilt­e das Gericht den Mann nur wegen Freiheitsb­eraubung und versuchter Nötigung. Als Auflage muss er 1500 Euro an „Pro Familia“zahlen.

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