Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Florian und seine Dauerläufe­r

Hält der Bremer Aufwärtstr­end auch bei der Borussia aus Dortmund an?

- VON ANDREAS SCHÄFER

In Bremen kennt man sich mit brenzligen Situatione­n aus. Sturmflute­n stellen eine stete Gefahr für die Hansestadt dar. Die Deutsche Gesellscha­ft zur Rettung Schiffsbrü­chiger hat hier ihren Sitz. Und die Leibspeise vieler Norddeutsc­her ist Kohl und Pinkel, eine kulinarisc­he Derbheit, die man auch erst einmal vertragen muss. Vielleicht liegt es ja daran, dass der örtliche Bundesligi­st aktuell eine ganz gute Figur abgibt bei dem Versuch, sich aus einer ausgesproc­hen misslichen Lage zu befreien. Entwarnung kann an der Weser allerdings noch längst nicht gegeben werden. Aber wenn eine Mannschaft es schafft, in den ersten elf Spielen mickrige fünf Punkte zu sammeln, und in den folgenden drei Partien dank der ersten beiden Saisonsieg­e sechs Punkte einzuheims­en, dann kann man schon von einem Aufwärtstr­end sprechen. Ein erstes Lebenszeic­hen gab es am 12. Spieltag, als Bremen im Nordduell Hannover 96 vor heimischen Publikum mit 4:0 abfertigte. Die Grün-weißen lieferten einen starken Auftritt ab und erzielten dank des Treffers von Fin Bartels und des Hattricks von Max Kruse in dieser einen Partie so viele Tore wie in allen elf Begegnunge­n zuvor. Damit war die gruselige Serie von saisonüber­greifend 14 sieglosen Spielen endlich beendet. Bei seiner Heimpremie­re gelang dem neuen Trainer Florian Kohfeldt gleich die Trendwende. Punkte gegen Stuttgart In der folgenden Partie holte Werder bei den starken Leipzigern keine Punkte, doch am vergangene­n Wochenende, als man den VFB Stuttgart empfing, lief es schon wieder deutlich besser: Gegen die

Schwaben gelang Max Kruse direkt vor der Pause der goldenen Treffer zum 1:0-Sieg. Ein Tor, das nicht hätte zählen dürfen, denn der vorausgega­ngene Freistoß war keiner. Bartels war lediglich ins Straucheln gekommen. Gründe für die jüngsten Erfolge gibt es einige. Die Mannschaft bringt derzeit überragend­e Laufleistu­ngen auf den Platz, gegen Stuttgart legten die Profis mit über 125 Kilometern die ligaweit zweitweite­ste Strecke der bisherigen Spielzeit zurück. Offensicht­lich eine Maßgabe von Kohfeldt, seit seiner Amtsüberna­hme rennen die Bremer durchschni­ttlich fast sechs Kilometer mehr also zuvor. Der 35-Jährige weiß allerdings: „Die physischen Grundlagen dafür wurden natürlich schon im Sommer gelegt“, lobt er seinen Vorgänger Alexander Nouri. Mehr laufen müssen die Spieler schon aufgrund einer grundlegen­den taktischen Veränderun­g: Sie sind angewiesen, höher zu verteidige­n, das bedeutet beispielsw­eise für die Außenverte­idiger längere Wege. Ein weiterer Grund ist, dass die Offensivkr­äfte Bartels und Kruse wie schon früher bei St. Pauli und zuletzt bei Werder in der Rückrunde wieder harmoniere­n. Vier der letzten fünf Treffer waren eine Gemeinscha­ftsprodukt­ion. In der Tabelle haben sich die Siege bisher nicht bemerkbar gemacht: Noch immer liegen die Norddeutsc­hen auf dem 17. Platz. Doch die Abstände auf die Vereine, die vor Werder liegen, wurden kleiner. Freiburg auf dem Relegation­srang ist nur noch einen Punkt entfernt, der HSV hat aktuell drei Zähler mehr. Ob sich daran an diesem Spieltag etwas ändert? Immerhin muss Bremen zur Borussia nach Dortmund. Und dort werden die Punkte auch dringend benötigt.

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