Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Florian und seine Dauerläufer
Hält der Bremer Aufwärtstrend auch bei der Borussia aus Dortmund an?
In Bremen kennt man sich mit brenzligen Situationen aus. Sturmfluten stellen eine stete Gefahr für die Hansestadt dar. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger hat hier ihren Sitz. Und die Leibspeise vieler Norddeutscher ist Kohl und Pinkel, eine kulinarische Derbheit, die man auch erst einmal vertragen muss. Vielleicht liegt es ja daran, dass der örtliche Bundesligist aktuell eine ganz gute Figur abgibt bei dem Versuch, sich aus einer ausgesprochen misslichen Lage zu befreien. Entwarnung kann an der Weser allerdings noch längst nicht gegeben werden. Aber wenn eine Mannschaft es schafft, in den ersten elf Spielen mickrige fünf Punkte zu sammeln, und in den folgenden drei Partien dank der ersten beiden Saisonsiege sechs Punkte einzuheimsen, dann kann man schon von einem Aufwärtstrend sprechen. Ein erstes Lebenszeichen gab es am 12. Spieltag, als Bremen im Nordduell Hannover 96 vor heimischen Publikum mit 4:0 abfertigte. Die Grün-weißen lieferten einen starken Auftritt ab und erzielten dank des Treffers von Fin Bartels und des Hattricks von Max Kruse in dieser einen Partie so viele Tore wie in allen elf Begegnungen zuvor. Damit war die gruselige Serie von saisonübergreifend 14 sieglosen Spielen endlich beendet. Bei seiner Heimpremiere gelang dem neuen Trainer Florian Kohfeldt gleich die Trendwende. Punkte gegen Stuttgart In der folgenden Partie holte Werder bei den starken Leipzigern keine Punkte, doch am vergangenen Wochenende, als man den VFB Stuttgart empfing, lief es schon wieder deutlich besser: Gegen die
Schwaben gelang Max Kruse direkt vor der Pause der goldenen Treffer zum 1:0-Sieg. Ein Tor, das nicht hätte zählen dürfen, denn der vorausgegangene Freistoß war keiner. Bartels war lediglich ins Straucheln gekommen. Gründe für die jüngsten Erfolge gibt es einige. Die Mannschaft bringt derzeit überragende Laufleistungen auf den Platz, gegen Stuttgart legten die Profis mit über 125 Kilometern die ligaweit zweitweiteste Strecke der bisherigen Spielzeit zurück. Offensichtlich eine Maßgabe von Kohfeldt, seit seiner Amtsübernahme rennen die Bremer durchschnittlich fast sechs Kilometer mehr also zuvor. Der 35-Jährige weiß allerdings: „Die physischen Grundlagen dafür wurden natürlich schon im Sommer gelegt“, lobt er seinen Vorgänger Alexander Nouri. Mehr laufen müssen die Spieler schon aufgrund einer grundlegenden taktischen Veränderung: Sie sind angewiesen, höher zu verteidigen, das bedeutet beispielsweise für die Außenverteidiger längere Wege. Ein weiterer Grund ist, dass die Offensivkräfte Bartels und Kruse wie schon früher bei St. Pauli und zuletzt bei Werder in der Rückrunde wieder harmonieren. Vier der letzten fünf Treffer waren eine Gemeinschaftsproduktion. In der Tabelle haben sich die Siege bisher nicht bemerkbar gemacht: Noch immer liegen die Norddeutschen auf dem 17. Platz. Doch die Abstände auf die Vereine, die vor Werder liegen, wurden kleiner. Freiburg auf dem Relegationsrang ist nur noch einen Punkt entfernt, der HSV hat aktuell drei Zähler mehr. Ob sich daran an diesem Spieltag etwas ändert? Immerhin muss Bremen zur Borussia nach Dortmund. Und dort werden die Punkte auch dringend benötigt.