Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Oh Pannenbaum, oh Pannenbaum...
Anekdoten Die Augsburger lieben ihren Christbaum auf dem Rathausplatz – manchmal mehr, manchmal weniger. Einer ging als „Monsterzäpfchen“in die Annalen ein. Doch das war bei Weitem nicht die einzige Pleite
Die Wahl des richtigen Christbaums ist eine heikle Sache, weil man sich über Schönheit trefflich streiten kann. Dies ist nicht nur im Kleinen so, dann also, wenn sich Familien kurz vor Heiligabend auf die Suche machen. Auch die Stadt Augsburg hatte mit dem Christbaum für alle schon manche Sorge.
Vergangenes Jahr zum Beispiel, als man sich eine Nordmanntanne aus Merching in die Stadt holte. Prächtig war sie – 22 Meter hoch und 39 Jahre alt. Doch als sie den Baum am Rathausplatz aufstellten, sahen die Helfer doppelt: Der Baum hatte eine „Zwieselung“, zwei Spitzen also, weil sich der Stamm beim Wachsen irgendwann gegabelt hatte. Zwei Sterne bekam er dennoch nicht aufgesetzt. Für unbedarfte Christkindlesmarktbesucher sah damit alles aus wie immer.
Im Jahr vorher, also 2015, war der Baum 18 Meter hoch und 35 Jahre alt. Alles schön und gut, doch er kam zu spät. Hintergrund: Beim Transport von Biburg nach Augsburg hatte es Probleme gegeben.
Der Transport Kran blieb auf halber Strecke liegen
Der Kran, der den Baum auf den Anhänger verladen sollte, war auf halber Strecke mit einem Motorschaden liegen geblieben. Als endlich Ersatz in Biburg ankam, war die Genehmigung für den Schwertransport ausgelaufen. Der Baum „übernachtete“auf einem Feldweg in Biburg und kam mit einem Tag Verspätung in Augsburg an.
Einen Schock versetzte vielen Augsburgern der Baum, der 2008 auf dem Rathausplatz aufgestellt worden war. Er war damals nur 18 Meter hoch und damit im Vergleich zu den prächtigen Bäumen der Vorjahre um einige Meter niedriger. Ein Tannen-pygmäe, lächerlich, fanden viele Augsburger. Die Stadt kam schnell mit einer Begründung: Das Fundament des Rathausplatzes mache nicht mehr mit, ein Baum könne deshalb künftig höchstens noch 19 Meter hoch sein, argumentierte das Marktamt.
Seltsam nur, dass man im Jahr darauf eine 23 Meter hohe Tanne aus Stadtbergen nach Augsburg holen wollte, um sie auf dem Rathausplatz aufzustellen. Die Betonung aber liegt auf „wollte“, denn die Tanne wurde beim Transport beschädigt, weil sie angeblich zu hoch und zu breit, irgendwie auch morsch war, hieß es – was vor allem den Spender verwunderte. Letztlich wurde der Baum zu Brennholz verarbeitet. Ein paar Tage später, an einem Freitag, den 13., kam die neue Tanne, diesmal aus Königsbrunn. Trotz des „gefährlichen“Datums klappte alles mit dem Aufstellen.
Die mit Abstand lustigste Baumanekdote aus Augsburg stammt aus dem Jahr 2005. Als er geliefert wurde, war noch alles in Ordnung: Ein Augsburger Eigengewächs war er, eine Fichte, gespendet von der Kleingartenanlage Lotzbeckwiese im Rosenauviertel. Doch dann wurde der Baum geschmückt. Eine gut gemeinte Aktion der Marktkaufleute, die die Jahrzehnte alte Beleuchtung samt Leucht-sternen durch blau funkelnde Lichterketten ersetzt hatte. Ein Schock für viele Augsburg: Die Lichterketten, kritisierten sie, hingen herab wie „blaue Strähnen“, man sprach – allerdings nicht positiv – vom „blauen Wunder“, von einem „beleuchteten Glühwein-partyzelt“und vom „Monsterzäpfchen“. Sogar der Heimatpfleger schaltete sich ein: Die Form sei durch den ungewöhnlichen Schmuck nicht mehr als die einer Fichte erkennbar. Kurz gesagt: Der blaue Baum war für viele ein rotes Tuch.
Wieder gab es Erklärungsversuche: Die Lichter seien nicht blau, sie wirkten nur so, sagte ein Fachmann von Osram und erklärte dies am Beispiel von Xenon-scheinwerfern: Im Tageslicht leuchten sie weiß, im Dunklen blau – Effekt einer optischen Täuschung. Sieht das Auge nachts nicht das gewohnte gelbliche Licht von Glühbirnen, nehme das Gehirn das unerwartete Weiß als Blau wahr. Der Christbaum für alle – ein Trugbild? Zufriedenstellend war das für viele Augsburger nicht. Im Jahr darauf wurde eine neue Beleuchtung angeschafft – in Gelb. Die Augsburger Weihnachtswelt war wieder in Ordnung.
Auch auf dem Augsburger Stadtmarkt gab’s vor einigen Jahren Aufregung um einen Christbaum: Das auserwählte Exemplar hatte beim Fällen Schaden genommen, Äste waren abgebrochen. Der Baum sah, als er endlich stand, deshalb recht zerzaust aus. Die Augsburger nannten ihn liebevoll „Struppi“, der damalige Ordnungsreferent Klaus Kirchner sah die Sache mit weniger Humor: Er ließ den seiner Ansicht nach unwürdigen Christbaum zu Brennholz verarbeiten und ersetzte ihn durch einen schön gewachsenen! Baum gut, alles gut. Zumindest manchmal ...