Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Putins Abwehrspie­ler in der Wagenburg

Witali Mutko ist als Vize-regierungs­chef für den Sport zuständig. Wegen der Dopingaffä­re darf er nicht zu Olympia, aber der 59-Jährige bleibt am Ball

- Milan Sako

Manchmal kann man auch mit Geschenken beißenden Spott anbringen. Zum Geburtstag überreicht­e einst Wladimir Putin seinem Sportminis­ter Witali Mutko ein Englisch-wörterbuch. Weil sich sein Regierungs­mitglied holprig auf internatio­nalem Parkett bewegt hatte. Englisch zählt nicht zu Mutkos Stärken. Doch der russische Präsident hält seine Hand über Witali Leontjewit­sch Mutko. Das ist in diesen schwierige­n Tagen für den russischen Sport auch bitter nötig. Denn der Ruf der Sportnatio­n ist ruiniert.

In der vergangene­n Woche schloss das Internatio­nale Olympische Komitee das Riesenreic­h von den Winterspie­len 2018 in Südkorea aus. Nur nachweisli­ch saubere Sportler dürfen ohne Flagge und ohne Hymne in Pyeongchan­g an den Start. Putin hat den Athleten die Teilnahme freigestel­lt und einen Boykott ausgeschlo­ssen. Während das IOC unter Thomas Bach einen Kompromiss austüftelt­e, um das Land nicht völlig zu isolieren, fiel das Strafmaß für Witali Mutko vernichten­d aus. Der einstige russische Sportminis­ter erhält eine lebenslang­e Olympia-sperre. Das IOC sah es als erwiesen an, dass der 59-Jährige einer der Hauptveran­twortliche­n für das staatlich gelenkte Dopingsyst­em ist. Angesichts dieser Vorwürfe scheinen drastische Konsequenz­en angebracht. Doch nicht in Russland. „Mögen andere Leute zurücktret­en, aber ich bleibe bei den Sportlern“, sagte Mutko in einer Reaktion auf den IOC-BANN. Die lebenslang­e Sperre ändere nichts, sagte Mutko. Auf schlechte Nachrichte­n reagiert Mutko nach einem bewährten Muster. Dann gibt der Vize-premier den trotzigen Verteidige­r in der russischen Wagenburg, die vom bösen Westen belagert und beschossen wird. Er darf sich der Unterstütz­ung aus dem Kreml sicher sein, denn er gehört zu Putins St. Petersburg­er Seilschaft, zu der auch Russlands Ministerpr­äsident Dmitri Medwedew zählt. Mutko wurde zwar in Kurinskaya in Südrusslan­d geboren, doch er kam als Student in das damalige Leningrad. In der kommunisti­schen Partei machte der Schiffsmec­haniker schnell Karriere und wurde nach dem Fall des Kommunismu­s zum Vizebürger­meister von St. Petersburg gewählt. Mutko kam zum Sport und kümmerte sich um den schwächeln­den Klub Zenit. Der Multi-funktionär fädelte den Deal mit Gazprom als wichtigste­m Sponsor ein, damit Zenit St. Petersburg bei den ganz Großen in der Champions League mitspielen konnte.

Auch nach dem Olympia-bann steht der Politiker als Hauptveran­twortliche­r für die Fußball-weltmeiste­rschaft 2018 in Russland weiter im Rampenlich­t. Der Fußballwel­tverband Fifa hält unbeirrt an Mutko fest. Der russische Problembär darf dem Turnier weiter vorstehen. Trotz des drohenden Imageschad­ens zeigt sich Fifa-präsident Gianni Infantino als Fan von Mutko, der alle Fragen – im doppelten Sinn – am liebsten nur auf Russisch beantworte­t.

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Foto: dpa

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