Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Mann hinter „Ihr Kinderlein kommet“
Christoph von Schmid ist heute nur Fachleuten bekannt. Jetzt gibt es eine Ausstellung
Dinkelsbühl Kartoffelsalat und Würstchen sind an Heiligabend halbwegs verdaut. Da greift Opa zur Geige, der Enkel zur Flöte. Vor der Bescherung ist einträchtiges weihnachtliches Musizieren angesagt. Omas kräftige Stimme intoniert die traditionelle Weise „Ihr Kinderlein kommet“– so wie es zum Fest in hunderttausenden Familien guter Brauch ist. Dass hinter dem Weihnachtslied der einst hoch angesehene fränkische Schriftsteller, Lehrer und Seelsorger Christoph von Schmid (1768–1854) steckt, dürfte dagegen nur wenigen bekannt sein. Das will von Schmids Geburtsstadt Dinkelsbühl nun ändern.
Bis Februar dreht sich eine Ausstellung im örtlichen Haus der Geschichte um den erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautor seiner Zeit. Mit der neuen Schau über den berühmten Sohn der Stadt mit knapp 12000 Einwohnern ist Dinkelsbühl ins Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag gestartet. „Das Lied ist sein Geschenk an die Familien und an die Kinder dieser Welt“, sagt die Leiterin des Hauses der Geschichte, Ingrid Metzner. „Gerade jetzt zu dieser Zeit wird „Ihr Kinderlein kommet“landauf, landab und rund um den Globus gesungen.“
In den Vitrinen stehen Bücher und Erinnerungsstücke. Viele Schriften für Kinder und Jugendliche hat von Schmid in seinem – für die damalige Zeit – langen Leben von 86 Jahren verfasst. Von Schmid stammte aus einer Beamtenfamilie, war das älteste von neun Kindern. Das orangefarbene Geburtshaus mit wuchtigem Holzgiebel steht noch heute in der Klostergasse. 1783 wechselte er ans Gymnasium im schwäbischen Dillingen. An der dortigen bischöflichen Universität studierte er Philosophie und Theologie. 1791 empfing er die Priesterweihe und begann als Pfarrvikar im heutigen Mindelheimer Stadtteil Nassenbeuren (Landkreis Unterallgäu) zu arbeiten. Hier entstand vermutlich sein berühmtes Weihnachtsgedicht „Die Kinder bey der Krippe“, heute bekannt als „Ihr Kinderlein kommet“. Die heute gesungene Melodie stammt, wie Metzner sagt, von dem deutschen Komponisten Johann Abraham Peter Schulz. Mit 28 Jahren wurde von Schmid Schuldirektor im schwäbischen Thannhausen. Kurz war er Pfarrer in Oberstadion bei Ulm und übernahm 1827 das Amt des Domkapitulars in Augsburg. Später wurde er Verwalter des Schulwesens in Schwaben und Neuburg. Der bayerische König Ludwig I. erhob ihn 1837 in den Adelsstand. Am 3. September 1854 fiel er in Augsburg der Cholera zum Opfer.
Heute passt die weihnachtliche Kulisse Dinkelsbühls perfekt zum Gedenken an den Mann, der vor mehr als 200 Jahren eines der bekanntesten deutschen Weihnachtslieder gedichtet hat. Die Stadt und Weihnachten scheinen wie gemacht füreinander.