Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
67000 Lämpchen – wer bietet mehr?
Dekoration Fürs weihnachtliche Schmücken von Haus und Garten scheuen viele Menschen weder Kosten noch Mühe. Doch manchmal ufert die Beleuchtung aus
Berlin/augsburg In der Dunkelheit einer unauffälligen Straße in Völklingen im Saarland leuchtet das Haus von Sven Berrar wie ein Ufo. Lichterketten, Kerzen, Engel, Sterne und Weihnachtsmänner sind da zu sehen. Etwa 67000 Lämpchen und mehr als 300 beleuchtete Figuren sind es in diesem Jahr. „Das ist unser persönlicher neuer Rekord“, sagt der 33-Jährige, der sein Haus zum 19. Mal zum Leuchten bringt. Bereits am 1. Oktober habe er mit dem Aufbau begonnen. Und warum? „Das ist Balsam für die Seele. Denn Weihnachten ist für mich die schönste Zeit des Jahres.“
67 000 Lämpchen, das findet Martin Koch zu viel. „Man kann alles übertreiben“, sagt der 78-Jährige. In seinem Garten im Bärenkeller, einem Stadtteil von Augsburg, leuchten auch einige tausend Birn- Seit über 30 Jahren bringt seine Ehefrau Edeltraud mit viel Liebe im Advent alles zum Leuchten. Ihr macht das einfach große Freude. Und sie variiere auch in den Farben. Aber übertreiben dürfe man es mit der Beleuchtung nicht.
So sieht es auch Herbert Barthel vom Bund Naturschutz in Bayern. Er beobachtet den wachsenden Trend zu immer mehr Beleuchtung rund um Haus und Garten mit Sorge. Mit Blick auf den Klimaschutz ist es seiner Einschätzung nach vor allem wichtig, dass wir Energie einsparen und genau überlegen, wie viel wir zu welchem Zweck verbrauchen. Dabei versteht es Barthel gut, dass Menschen „schon aus psychologischen Gründen“in der dunklen Jahreszeit ein Licht anzünden möchten. „Ein Lichtlein in der Dunkelheit ist auch schön“, sagt Barthel. Der exzessive Beleuchtungswahn allerdings, der teilweise ganze Häuser und Gärten in blinkende Landschaften verwandelt, ist seiner Ansicht nach unzeitgemäß. Will einer gar nicht auf Lichterketten verzichten, rät der Energieexperte zumindest zu Led-birnen zu greifen und mit einer Zeitschaltuhr die Beleuchtung nur in einem gewissen Zeitfenster anzuschalten.
So kann es ohnehin Probleme geben, wenn etwa fremde Schlafzimmer ausgeleuchtet werden. Dann könnten Nachbarn verlangen, dass die Deko spätestens um 22 Uhr aus ist. Auf Geschmack kommt es allerdings nicht an, erklärt der Verband Haus & Grund. Mit kitschigen Rentieren, Weihnachtsmännern und Eisschlössern müsse man in der Nachbarschaft leben.
Thorsten Grügers Haus in Karlschen. ruhe ist mit rund 30000 kleinen Led-lichtpunkten geschmückt, die computergesteuert zur Musik eine eindrucksvolle Show bieten. Auch Sven Borchart aus Delmenhorst bei Bremen ist ein Beleuchtungsfan. Alles, was er mit Lichtern behängen konnte, hat er auch behängt. „Es gibt nicht einen Baum oder Busch, der nicht beleuchtet ist.“Mit rund 55000 Lichtern haben seine Frau Martina und er Haus und Garten geschmückt. „Ich schätze, es hat den Wert eines Mittelklassewagens, was hier verbaut ist“, sagt Borchart. Und der Strom? Mit Kosten von 700 bis 800 Euro rechnet er in diesem Jahr. Immer am ersten Advent, wenn das Lichtermeer zum ersten Mal eingeschaltet wird, feiert das Paar eine Glühweinparty und spendet die Einnahmen für einen wohltätigen Zweck.