Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das blutige Geschäft mit den grauen Riesen

Interview Es kommt nicht oft vor, dass Elefanten-expertin Daniela Freyer mit Donald Trump einer Meinung ist. Vor kurzem war das anders. Ein Gespräch über rücksichts­lose Wilderer, träge Europäer und vorbildlic­he Chinesen

- Foto: Eva Krafczyk, dpa

Frau Freyer, als Tierschütz­erin waren Sie vor kurzem bestimmt froh, dass Donald Trump im Weißen Haus sitzt. Immerhin hielt er am Einfuhrver­bot von Elefanten-trophäen aus Simbabwe fest – und das gegen den Rat seines eigenen Amts für Fisch- und Wildtiersc­hutz. Daniela Freyer: Donald Trump ist sicherlich nicht mein Wunschpräs­ident. In dieser Frage aber hat er richtig entschiede­n.

Ist das so? Trumps Pressespre­cherin hatte zuvor die Aufhebung des Einfuhrver­bots verteidigt. Sie sagte, Simbabwe halte sich an internatio­nale Standards, wenn es um den Bestandsch­utz von Elefanten geht. Freyer: Das sehe ich anders. Simbabwe gehört zu den korruptest­en Ländern der Welt. Der Elefantenb­estand ist wegen der Wilderei rückläufig. Die Tiere werden vergiftet, abgeschoss­en und eingefange­n, die Jagd nach Trophäen wird kaum kontrollie­rt. Es gibt Berichte, dass die Regierung Elefanten sogar töten ließ, um die Soldaten mit Fleisch zu versorgen.

Trophäenjä­ger fühlen sich aber zu Unrecht an den Pranger gestellt. Sie sagen, sie zahlten zigtausend­e Dollar, um in Afrika auf Elefantenj­agd gehen zu dürfen. Dieses Geld fließe in den Tierschutz. Freyer: Das ist übertriebe­n. Die Menschen in Afrika, die mit den Tieren leben, sehen kaum etwas von den Einnahmen. Eine Studie über Tansania zeigte, dass gerade drei Prozent der Gelder dort ankommen. Auch die staatliche­n Behörden erhalten nur einen Bruchteil der Gebühren. Profitabel sind Jagdreisen vor allem für die Veranstalt­er.

Andere Jäger warnen vor Überbevölk­erung, wenn Elefanten nicht mehr getötet würden. Schließlic­h gebe es aktuell mehr als 400000 Dickhäuter auf der Welt. Freyer: Fakt ist, dass die Zahl der Elefanten in den letzten acht Jahren um ein Drittel zurückgega­ngen ist. Wir befinden uns auf einem absoluten Tiefstand. Sollte es trotzdem lokal zu Überpopula­tionen kommen, dann ist die Großwildja­gd das falsche Mittel. Trophäensa­mmler wollen eher alte, männliche Elefanten erlegen. Um Überbevölk­erung zu vermeiden, müsste man aber bei jungen, weiblichen Elefanten ansetzen. Sterilisie­rungsmaßna­hmen nützen da mehr als Gewehre.

Elefanten sind nicht nur als Trophäen begehrt. Sie tragen auch einen Rohstoff: Elfenbein. Freyer: Leider müssen noch immer viel zu viele Elefanten dafür sterben. Zwar ist der Handel mit neuem Elfenbein seit 1989 internatio­nal verboten, dennoch hat der Schmuggel nie aufgehört. Aber jetzt steht China vor einem wegweisend­en Schritt. wertvollen

Ausgerechn­et China, der Hauptimpor­teur von Elfenbein? Freyer: Ja. Ab nächstem Jahr ist dort der Elfenbeinh­andel komplett verboten. Auch Altbeständ­e aus den Jahren vor 1990 dürfen dann nicht mehr verkauft werden.

Die Nachfrage wird das vorerst wohl kaum bremsen. Droht der Elfenbeinh­andel dadurch nicht noch weiter in die Illegalitä­t abzugleite­n? Freyer: Das Ausspreche­n des Verbots allein reicht natürlich nicht, auch wenn es dazu beigetrage­n hat, dass Elfenbein in China deutlich an Wert verloren hat. Zudem müssen aber die Kontrollen ausgeweite­t, die Leute besser aufgeklärt werden. Man muss den Menschen bewusst machen, dass der Elfenbeinh­andel ein blutiges Geschäft ist, dass der Bestand der Elefanten dadurch bedroht wird.

Die Europäisch­e Union will noch nicht so weit gehen wie China. Hier ist noch der Handel mit Elfenbein erlaubt, das aus der Zeit vor 1990 stammt. Freyer: Leider nützen Schmuggler diese Regelung aus. Wer kann schon auf einen Blick erkennen, ob ein Kilo Elfenbein frisch oder 80 Jahre alt ist. Um das zu bestimmen, müss- te man kostspieli­ge Laboranaly­sen machen. Deshalb kommen noch immer zu viele illegale Händler unbehellig­t davon.

Inzwischen denkt auch die EU über ein komplettes Verbot des Elfenbeinh­andels nach. Freyer: Das stimmt. Allerdings würde ich mir wünschen, dass das schneller geht. Aktuell muss man sagen, dass die EU China hinterherh­inkt.

Am Ende aber muss das Problem bei der Wurzel gepackt werden. Solange afrikanisc­he Staaten das Töten von Elefanten dulden, wird Elfenbein im Umlauf bleiben. Freyer: Deshalb sollte die Staatengem­einschaft weiter Druck machen und die Kontrollme­chanismen ver- stärken. Notfalls sollten auch Handelssan­ktionen kein Tabu sein. Aber gerade die Europäisch­e Union darf nicht nur auf Länder in Afrika und Asien zeigen. Sie muss mit gutem Beispiel vorangehen und ihren eigenen Elfenbeinh­andel ein für alle Mal beenden.

 ??  ?? Früher gab es viele Millionen von ihnen, jetzt nur noch etwas mehr als 400 000. Die Hauptschul­d an dem massiven Rückgang trage der Mensch, sagt Biologin Daniela Freyer. Sie fordert deshalb, die grauen Riesen besser zu schützen. Und nimmt auch Europa in...
Früher gab es viele Millionen von ihnen, jetzt nur noch etwas mehr als 400 000. Die Hauptschul­d an dem massiven Rückgang trage der Mensch, sagt Biologin Daniela Freyer. Sie fordert deshalb, die grauen Riesen besser zu schützen. Und nimmt auch Europa in...

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