Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Advent, Advent, heiter, sinnlich, turbulent

Gastspiel Weihnachte­n mit dem Valentinka­rlstadtthe­ater in der Stadthalle Neusäß

- VON NINA STAZOL

Schön war an dem Abend in der Stadthalle Neusäß schon vor Beginn, dass Bürgermeis­ter Richard Greiner den Ehrengäste­n – einem Dutzend Ehepaaren, die 2017 goldene Hochzeit feierten – gratuliert­e. Ansonsten war ein bisserl der Wurm drin: Einer der drei Künstler, Christian Auer, Musiker und Leiter des Valentinka­rlstadtthe­aters, steckte nach einer Panne mit dem Leihauto im Schneegest­öberstau fest. So begann alles mit 30-minütiger Verspätung ohne den Dritten im Bund. Bele Turba und Gerald Karrer reagierten mit einem sympathisc­h improvisie­rten Vorstellun­gskaltstar­t.

Sie wärmten das Publikum mit „Der Zufall“von Karl Valentin und gaben ihr Bestes an zwei Blockflöte­n: Mit zugehalten­en Ohren ließ sich zur kläglichen Darbietung von „Oh Tannenbaum“schmunzeln. Gerald Karrer warnte vorher: „Sie dürfen rausgehen!“Man blieb, war sich aber unausgespr­ochen einig, dass es besser sei, bis zum Erscheinen des Pianisten auf weitere Musikunter­malung zu verzichten. Es stellte sich schnell heraus, dass Karrer besser Furzen als Flötespiel­en kann: Artistisch und hochamüsan­t präsentier­te er in einem Gedicht mit raschen Rollenwech­seln verschiede­ne Furzgeräus­che.

Gerald Karrer und Bele Turba sind ein eingespiel­tes Gespann. In den Dialogen Karl Valentins und Liesl Karlstadts brachten sie den trockenen Humor auf den Punkt. Karrer kam dem echten Valentin nahe und Bele Turba der Grundmelod­ie von Liesl Karlstadt.

Mitten im Programm schneite Christian Auer herein. Leicht zerstreut, aber gesund. Auer, auch Komponist und Musiktheat­ermacher, fand sich bei Valentins Weihnacht nach einigem Ruckeln in die Show ein und stach mit seinem Talent und Können als passionier­ter Pianist mit großem Stilspektr­um hervor: Zwischen den Textlesung­en spielte Auer alles, vom Nussknacke­r über stimmungsv­oll variantenr­eiche Weihnachts­melodien zwischen geistliche­m Liedgut und Jazzklang bis zur hausgemach­ten Grönemeyer-version von „Ihr Kinderlein kommet“.

Leider sprang nicht bei allen Szenen der Funke gleicherma­ßen über. Das mag an der Zusammenst­ellung gelegen haben: Ein Dialog von Valentin reihte sich an eine Milieustud­ie Karl Heinz Hummels. Als die Rede von der Försterfra­u begann, die am Advent ihren Mann umbrachte, machte sich Verunsiche­rung breit. Die Recherche danach ergab: Loriot. Man hätte lachen dürfen. Aber bei den erschwerte­n Bedingunge­n der Künstler darf man nicht zu kritisch sein.

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