Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kochen für Menschen in Not
Soziales Seit fast 40 Jahren zaubert der „Club der kochenden Männer“in der Adventszeit ein Menü für Bedürftige. Das macht nicht nur den Empfängern eine besondere Freude
„Das Weihnachtsessen ist da!“, schallt eine Kinderstimme aus der Gegensprechanlage und lockt Kartei-der-not-geschäftsführer Arnd Hansen ein Lächeln aufs Gesicht. Gemeinsam mit seiner Ehefrau balanciert er acht Warmhalteboxen die Stufen des Mehrfamilienhauses in Oberhausen hinauf, um einer Familie zum dritten Advent ein ganz besonderes Geschenk zu bringen.
Seit fast 40 Jahren zaubern die Kochbrüder des „Clubs der kochenden Männer“jedes Jahr vor Weihnachten ein mehrgängiges Menü, um damit unverschuldet in Not geratene Menschen zu beschenken. Und jedes Jahr fahren die Mitarbeiter und Kuratoriumsmitglieder der Kartei der Not, dem Leserhilfswerk unserer Zeitung, die rund 80 Essen persönlich aus.
In diesem Jahr ist Hansjörg Krüger für die Menüfolge zuständig. Die Aufgabe, das Weihnachtsessen zusammen stellen zu dürfen, wechselt jedes Jahr – die Details werden unter den Köchen abgestimmt. „Das Menü sollte natürlich auf den weihnachtlichen Anlass abgestimmt sein, aber auch zur Region passen, das mögen die Leute am liebsten“, erklärt er. Für Krüger heißt das „ein gebratenes Vogeltier oder Wild“und dazu traditionelle Beilagen. Die kleine Speisekarte, die jeder Essens- box beiliegt, könnte so auch in einem guten Restaurant stehen: Terrine mit geräuchertem Lachs, dazu Gemüsesalat und Cocktailsoße sind die Vorspeise. Dann gibt es Rinderkraftbrühe mit Brätstudel. Hauptspeise ist eine halbe gebratene Ente mit Kartoffelknödel, Blaukraut und Preiselbeerbirne. Den Abschluss ein „süßer Weihnachtstraum“und Weihnachtsgebäck. bilden
Das Essen haben die 13 Mitglieder des Kochclubs in der Kantine der Lechwerke zubereitet. „Am Samstag waren wir sechs Stunden mit Vorbereitungen beschäftigt“, sagt Klubpräsident Jürgen Bartel. „Das Blaukraut musste geschnitten, der Knödelteig und die Suppe vorbereitet und die Soße aufgesetzt werden“, sagt er. Am Sonntag ging es schon ab fünf Uhr weiter. „Und alle Klubmitglieder sind angetreten“, betont Bartel. 59 Enten, rund 200 Knödel, 500 Brätstrudel, zwölf Kilo Blaukraut und 70 Liter Suppe waren zuzubereiten. „Wenn man das fertige Ergebnis sieht, glaubt man gar nicht, wie viel Aufwand dahinter steckt“, sagt er. „Aber glauben Sie mir, heute Nachmittag gehen alle nach Hause und haben ein richtig gutes Gefühl im Herzen“, sagt der Klubpräsident.
Viele Menschen und Sponsoren helfen zusammen, damit die Kartei der Not die Menschen beschenken kann. In diesem Jahr findet sich in jedem Essen auch ein kleines Glas Biohonig. Damit hat es eine besondere Bewandtnis, weiß Hansjörg Krüger. „In Korsika gibt es eine kleine ,Augsburger Enklave‘, die nach wie vor eng mit der Stadt und ihren Menschen verbunden ist“, sagt er. Weil es diesen ehemaligen Augsburgern ein Bedürfnis gewesen sei, etwas zum Weihnachtsessen beizusteuern, hätten sie die Honiggläschen geschickt, so Krüger.
Zum ersten Mal als Helfer mit dabei ist Eugen Wiedemann, der Personalchef der Lechwerke. Kochen sei nicht seine Sache, doch dafür kenne er sich umso besser mit Logistik aus, sagt er. Aus diesem Grund hat er die Befüllung der 80 Lieferboxen übernommen. „Mir geht es gut und ich möchte davon gerne etwas zurückgeben“, erklärt er seinen Einsatz.
Vor Ort in Oberhausen schauen alle ganz gespannt, was aus den Styroporboxen zum Vorschein kommt. „Ich habe noch nie Ente gegessen, aber bin schon gespannt“, sagt der 17-jährige Marko. „Total cool“findet er die Aktion. Während die Mama schon im Wohnzimmer alles schön hergerichtet hat, damit gleich Freunde zum Weihnachtsessen dazustoßen können, saust die kleine Antonela fröhlich mit den leeren Transportbehältern die Treppe hinunter, um mitzuhelfen.
„Es ist etwas ganz Besonderes, wenn man nach dem Klingeln den Glanz in den Augen der Menschen sieht“, sagt Arnd Hansen auf der Rückfahrt. Er schätzt an der Aktion ganz besonders den persönlichen Kontakt zu den Menschen, denen die Kartei der Not hilft.