Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Madrid hat einiges gutzumachen
DVON WINFRIED ZÜFLE ie Neuwahl in Katalonien ist kein Ersatz-referendum. Aber sie bietet der Bevölkerung doch die Chance, sich klar in der Unabhängigkeitsfrage zu positionieren – im Unterschied zur ebenso illegalen wie chaotischen Befragung am 1. Oktober. Wer heute für die Separatisten stimmt, zeigt damit nicht Sympathie für katalanische Folklore, sondern fordert knallhart die Abspaltung von Spanien.
Die Zentralregierung in Madrid wird diese Stimmen ernst nehmen müssen, selbst wenn es für die Separatisten nicht zur Mehrheit reicht. Und sie muss Konsequenzen ziehen. Das Mindeste ist, dass die Regionen künftig gemäß dem Subsidiaritätsprinzip mehr Kompetenzen erhalten und dass sie auch stärker über das von ihnen erwirtschaftete Geld verfügen können. Wenn Madrid dies nicht zustande bringt, werden die Rufe nach Autonomie in Katalonien und auch in anderen Regionen nicht verstummen.
Vor allem aber sollten die Separatisten und das prospanische Lager, egal wer nach der heutigen Wahl knapp vorne liegt, die Brücken zur anderen Seite nicht abbrechen. Denn die Bürger werden weiter in ihrem kleinen Katalonien zusammenleben müssen. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Wirtschaft eine Zukunft in Spanien und in Europa hat. Und dass die Millionen ausländischer Gäste, von denen die zauberhafte Region am Mittelmeer recht gut lebt, nicht abgeschreckt werden.