Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das China Geschäft wird härter
Handel Wie die USA will das asiatische Land ausländische Investitionen mit einem Steuererlass anlocken. Doch deutsche Unternehmen fühlen sich in China längst nicht mehr so wohl wie früher
Peking Die Steuerreform von Uspräsident Donald Trump setzt China unter Druck. Um als Standort attraktiv zu bleiben, bietet Peking ausländischen Unternehmen jetzt deutliche Steuererleichterungen an. Das Finanzministerium in Peking kündigte an, dass ausländische Unternehmen ihre Gewinne vorerst nicht mehr versteuern müssten, wenn sie diese unter bestimmten Bedingungen wieder im Land investierten. Der Schritt solle ausländische Investitionen in China ankurbeln.
Doch die Stimmung im Chinageschäft kippt. Wer sich zum Jahreswechsel unter deutschen Managern im Reich der Mitte umhört, stößt auf einen pessimistischen Ausblick. Viele kleinere und mittlere Firmen rechnen damit, dass sie die nächsten fünf Jahre in China vielleicht nicht überleben. Große Unternehmen erwarten, stärker in Nischen gedrängt zu werden.
Die Deutsche Handelskammer in China (AHK) zeigt sich besorgt über den wachsenden chinesischen Druck auf Unternehmen, der Partei größeren Einfluss bei ihren Geschäften in China einzuräumen. In einer ungewöhnlich deutlichen Stellungnahme wurde gewarnt, dass sich deutsche Firmen „aus dem chinesischen Markt zurückziehen oder ihre Investitionsentscheidungen überdenken“könnten. Es gebe „keine juristische Grundlage“dafür, Parteivertretern im Vorstand von Gemeinschaftsunternehmen jetzt eine Mitsprache einzuräumen.
Ohnehin haben sich die Bedingungen für deutsche Unternehmen in China verschlechtert. Erstmals will mehr als die Hälfte nicht mehr an neuen Standorten investieren, wie die jüngste Umfrage der Auslandshandelskammer
Deutsche Firmen fürchten um ihr Wissen
ergab. Das Gefühl, in China weniger willkommen zu sein, hat zugenommen. Zwar haben sich die Aussichten für die Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft im neuen Jahr wieder verbessert, aber deutschen Unternehmen wird es immer schwerer gemacht, am Wachstum teilhaben zu können. Als Gründe für ihre zögerliche Investitionstätigkeit nen- nen ein Viertel der deutschen Unternehmen die Rechtsunsicherheit in China. Kopfschmerzen bereiten vielen die unklaren Auswirkungen des neuen chinesischen Gesetzes zur Cybersicherheit. Es wird befürchtet, dass die geplanten Regelungen zu einer Offenlegung aller Informationen verpflichten. Dann wären Geschäftsgeheimnisse und geistiges Eigentum nicht mehr sicher.
Die Frage ist vor allem, welche Daten auf Servern in China gelagert werden müssen und ob die Verschlüsselung offengelegt werden Foto Anthony Wallace, afp DER EURO IN DOLLAR muss. Problematisch ist auch, dass der grenzüberschreitende Datentransfer streng reglementiert wird. Wenn die bisher vorliegenden Bestimmungen wirklich umgesetzt werden, müssten alle Informationen dargelegt und ein großer Aufwand betrieben werden, um überhaupt eine Genehmigung für die Übertragung von Daten etwa zum Mutterhaus zu bekommen.
Die deutschen Sorgen verhallen in Peking ungehört. Das Kalkül auf chinesischer Seite ist, „dass die deutschen Unternehmen am großen chinesischen Markt schon nicht vorbeikommen“, wie geschildert wird. Aber das kann sich ändern.
Die Wende hat schon begonnen: Deutsche Direktinvestitionen in China sind 2016 um 13,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen – aus Europa insgesamt waren es sogar mehr als 20 Prozent weniger. „Ein Grund ist mit Sicherheit, dass das Umfeld nicht leichter geworden ist, sondern schwieriger“, sagte der deutsche Botschafter Michael Clauß. Die Zahl der Firmen, die sogar an Abwanderung denken, ist von zehn auf zwölf Prozent gestiegen.