Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das müssen Sie zu den neuen Tarifen wissen
Verkehr Ab 1. Januar beginnt im Augsburger Nahverkehr eine neue Zeitrechnung. Es gibt neue Ticketangebote und für manche Fahrgäste eine andere Zonen-einteilung. Wer sind die Gewinner und Verlierer der Reform?
Die neuen Abo-karten liegen bei den Kunden der Stadtwerke seit einigen Tagen im Briefkasten, die Fahrkartenautomaten wurden schon auf das neue Angebot vorbereitet: Ab kommendem Montag tritt die Tarifreform für Bus, Tram und Bahn in der Region in Kraft. Wir klären die wichtigsten Fragen für Fahrgäste, die in Augsburg unterwegs sind.
Für wen wird es teurer?
Grundsätzlich hat der Augsburger Tarif- und Verkehrsverbund bei der letzten turnusgemäßen Tariferhöhung Mitte des Jahres schon Preiserhöhungen gemäß der Reform vorgenommen. Das heißt: Bei den meisten Fahrkartenangeboten ändert sich zum 1. Januar nichts (abgesehen von der Streichung der Preisstufe 1 bei Einzelfahrscheinen im Stadtgebiet Augsburg; im Umland bleibt die Preisstufe 1 weiterhin erhalten).
Die grundsätzliche Idee ist, das Einzelticket unattraktiver zu machen, indem man es überproportional verteuert. Hier gingen die Preise im Sommer um sieben Prozent nach oben. Speziell bei den Streifenkarten sei der Anteil in Augsburg im Vergleich zu anderen Städten überdurchschnittlich hoch, so Stadtwerke-sprecher Jürgen Fergg. Die Hoffnung ist, die Kunden in Richtung eines Abos zu drängen. Hier blieben die Preise teils gleich oder sinken sogar minimal.
Laut AVV zahlen im gesamten Verbundgebiet 74 Prozent der Kunden gleich viel oder weniger. Für etwa vier Prozent der Nutzer wird es bis zu fünf Prozent teurer, bei 21 Prozent kommt es zu Verteuerungen von mehr als fünf Prozent.
Wen betrifft die Zonen-zusammenlegung in der Stadt?
Sie gilt ausschließlich für Nutzer von Einzelfahrausweisen und Streifenkarten. Abos und Monatskarten sind davon nicht betroffen. Im Umland bleiben die bisherigen Zonenringe erhalten (die tortenstück-förmigen Sektor-unterteilungen fallen weg).
Wie ist die Resonanz bei den Fahrgästen?
Stadtwerke und AVV sagen, dass es in den Kundencentern wenig Beschwerden gebe. Fahrgäste können sich dort beraten lassen. „Man muss sich etwas mit den Angeboten beschäftigen, um das richtige für sich herauszufinden“, sagt Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg. Dies gelte etwa für die Tageskarte, die für Gruppen eine Alternative zur Streifenkarte sein könne.
Wie attraktiv ist das 9-Uhr-abo?
In der Werbung der Stadtwerke spielt das Abo für 30 Euro eine wichtige Rolle. Eine riesige Breitenwirkung wird es nicht bekommen – für die meisten Berufstätigen ist 9 Uhr einfach zu spät. Das momentan noch gültige vergleichbare Angebot macht bei den Stadtwerken nur vier Prozent aller verkauften Abos aus. Allerdings ist es auch zehn Euro teurer. Die Stadtwerke wollen mit dem Angebot auch neue Zielgruppen erschließen. Damit es sich rentiert, ist angesichts der teureren Einzelfahrausweise nicht mehr nötig, jeden Tag zu fahren. Am Wochenende gilt die 9-Uhr-sperrfrist nicht.
Warum wird das 9-Uhr-ticket nicht früher freigegeben?
Der AVV und die Stadtwerke begründen das mit den zu hohen Kosten. Beim 9-Uhr-abo geht die Rechnung so: Bei 350 000 Abos im ganzen Avv-gebiet (Durchschnittspreis 64 Euro) könnten geschätzt zwischen 25 und 50 Prozent der Fahrgäste ihre Fahrt auf den Zeitraum zwischen 8 und 9 Uhr vorverlegen. Das würde Mehrkosten zwischen 2,5 und 5 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. „Es ist auch unser Ziel, die Fahrgäste in die Zeiten zu lenken, wo wir Kapazitäten frei haben“, sagt Avv-geschäftsführer Olaf von Hoerschelmann. Die Verkehrsmittel seien am Morgen teils brechend voll. Wenn man dann mehr Busse, Trams oder Züge fahren lassen müsse, würde der Verlust noch größer.
Warum ist kein Ein-euro-ticket wie in Wien möglich?
In der politischen Diskussion wurde auch immer wieder der Wunsch nach einem Ein-euro-ticket nach Wiener Vorbild geäußert. Allerdings wäre dies nur mit massiven Subventionen möglich. Aktuell wird der Nahverkehr in der Region durch Stadt und Landkreise sowie die Stadtwerke-energiesparte mit 54 Millionen Euro jährlich subventio- niert (Zuschüsse des Freistaats an die Eisenbahn nicht mitgerechnet). In Wien gehe das Geld aus der Parkraumbewirtschaftung in die Subventionierung des Ein-euro-tickets, so von Hoerschelmann.
Wieso ist die Kurzstrecke so kurz?
Die Kurzstrecke mit fünf Haltestellen (inklusive Starthaltestelle), die von manchen Fahrgästen als zu kurz kritisiert wird, sei das Ergebnis langer Diskussionen gewesen. „Aber auch wenn es sechs Haltestellen geworden wären, hätten wir die Diskussion,
Das Kurzstreckenticket ist in Zügen nicht gültig
warum es keine sieben sind“, sagt von Hoerschelmann.
Wichtig: In Zügen ist das Kurzstreckenticket nicht gültig, weil man mit fünf Stationen je nach Regionalbahn-linie bis an die Grenzen des Verbundgebiets käme. Als Sparmöglichkeit bleibt, Regionalbusse zu nutzen, wo es möglich ist. Die Busse aus dem Umland halten nur an wenigen Haltestellen im Stadtgebiet, was aber zur Folge hat, dass man damit weit fahren kann.
Was ändert sich bei der Tageskarte?
Sie wird attraktiver. Bisher gab es eine Single-tageskarte und eine Familientageskarte (zwei Erwachsene und bis zu sechs Kinder). Das neue Tagesticket erlaubt mehr Flexibilität. In Anlehnung an das Bayernties cket der Bahn gibt es ein Tagesticket im Grundpreis für 6,40 Euro. Hier können vier Kinder mit. Will man Erwachsene mitnehmen (bis zu vier), kostet das je Erwachsenen zwei Euro Aufpreis. Möglich ist die Mitnahme an Wochentagen erst ab 9 Uhr, am Wochenende ohne zeitliche Einschränkung. Mit der Mitnahmemöglichkeit bei der Tageskarte will der Nahverkehr gegenüber dem Auto konkurrenzfähiger werden.
Welche Karten fallen weg?
Neben den Einzelfahrscheinen der Preisstufe 1 fällt im Abo-bereich das Senioren-abo weg. Es wird durch das 9-Uhr-abo ersetzt, das günstiger ist, aber erst ab 9 Uhr benutzt werden darf. Wegfallen wird auch die Wochenkarte. Diese Fahrgäste sollen in Richtung eines Abos oder einer Monatskarte gedrängt werden. Abgeschafft wird auch das Schnupper-abo. Erhalten bleibt das Sozialticket für Geringverdiener, die vor 9 Uhr in der Arbeit sein müssen. Allerdings liegt die Eigenbeteiligung künftig bei 39 statt 31,50 Euro.
Profitiert Stadt? das Land mehr als die
Ja und nein. Fahrten auf langer Strecke werden günstiger, wenn man ein Abo hat. Das war eines der Ziele der Tarifreform. Gleichzeitig haben Kunden im Umland weniger Möglichkeiten, ihr Abo gezielt auf sich zuzuschneiden. Sie zahlen mitunter mehr und haben mehr Angebote, die sie aber nicht unbedingt brauchen.
Ein Sonderfall sind die Nachbarstädte Gersthofen, Neusäß, Stadtbergen und Friedberg: Sie liegen in der Zone 20, was eigentlich bedeuten müsste, dass für alle Fahrten (außer für Kurzstrecke) Preisstufe 2 zu zahlen ist, auch wenn es nur um innerörtliche Fahrten zwischen Ortsteilen geht. Allerdings fand man dazu eine Sonderlösung. Diese Orte wurden komplett auf die Zonengrenze 20/30 verlegt, sodass auch hier noch mit Preisstufe 1 gefahren werden kann. Diese Sonderlösung schlägt mit 475000 Euro jährlichen Einnahmeverlusten zu Buche.
Was ist sonst noch wichtig?
Die Streifenkarte auf dem Handy ist mit 10,30 Euro 50 Cent billiger als das Papierexemplar. Grundsätzlich hatten die Stadtwerke gesagt, dass alte Papierstreifenkarten, die noch vor Mitte Juni für 10,30 Euro gekauft wurden, nur bis zum Jahresende gültig sind. Dabei bleibt es, allerdings wird es eine Möglichkeit zum Umtausch gegen Aufpreis am Königsplatz geben.
Ab 1. Januar werden Streifenkarten ein aufgedrucktes Verfallsdatum haben. Ein Umtausch ist dann nicht mehr möglich. Änderungen gibt es auch beim Fahrkartenverkauf in Straßenbahnen: Hier gibt es nur noch Fahrausweise der Preisstufe 2 zu kaufen. Das Kurzstreckenticket wird nicht verkauft. Das Argument ist, dass sonst die Fahrer zu lange aufgehalten würden, was auf Kosten der Pünktlichkeit gehe.