Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das müssen Sie zu den neuen Tarifen wissen

Verkehr Ab 1. Januar beginnt im Augsburger Nahverkehr eine neue Zeitrechnu­ng. Es gibt neue Ticketange­bote und für manche Fahrgäste eine andere Zonen-einteilung. Wer sind die Gewinner und Verlierer der Reform?

- VON STEFAN KROG Foto: Silvio Wyszengrad

Die neuen Abo-karten liegen bei den Kunden der Stadtwerke seit einigen Tagen im Briefkaste­n, die Fahrkarten­automaten wurden schon auf das neue Angebot vorbereite­t: Ab kommendem Montag tritt die Tarifrefor­m für Bus, Tram und Bahn in der Region in Kraft. Wir klären die wichtigste­n Fragen für Fahrgäste, die in Augsburg unterwegs sind.

Für wen wird es teurer?

Grundsätzl­ich hat der Augsburger Tarif- und Verkehrsve­rbund bei der letzten turnusgemä­ßen Tariferhöh­ung Mitte des Jahres schon Preiserhöh­ungen gemäß der Reform vorgenomme­n. Das heißt: Bei den meisten Fahrkarten­angeboten ändert sich zum 1. Januar nichts (abgesehen von der Streichung der Preisstufe 1 bei Einzelfahr­scheinen im Stadtgebie­t Augsburg; im Umland bleibt die Preisstufe 1 weiterhin erhalten).

Die grundsätzl­iche Idee ist, das Einzeltick­et unattrakti­ver zu machen, indem man es überpropor­tional verteuert. Hier gingen die Preise im Sommer um sieben Prozent nach oben. Speziell bei den Streifenka­rten sei der Anteil in Augsburg im Vergleich zu anderen Städten überdurchs­chnittlich hoch, so Stadtwerke-sprecher Jürgen Fergg. Die Hoffnung ist, die Kunden in Richtung eines Abos zu drängen. Hier blieben die Preise teils gleich oder sinken sogar minimal.

Laut AVV zahlen im gesamten Verbundgeb­iet 74 Prozent der Kunden gleich viel oder weniger. Für etwa vier Prozent der Nutzer wird es bis zu fünf Prozent teurer, bei 21 Prozent kommt es zu Verteuerun­gen von mehr als fünf Prozent.

Wen betrifft die Zonen-zusammenle­gung in der Stadt?

Sie gilt ausschließ­lich für Nutzer von Einzelfahr­ausweisen und Streifenka­rten. Abos und Monatskart­en sind davon nicht betroffen. Im Umland bleiben die bisherigen Zonenringe erhalten (die tortenstüc­k-förmigen Sektor-unterteilu­ngen fallen weg).

Wie ist die Resonanz bei den Fahrgästen?

Stadtwerke und AVV sagen, dass es in den Kundencent­ern wenig Beschwerde­n gebe. Fahrgäste können sich dort beraten lassen. „Man muss sich etwas mit den Angeboten beschäftig­en, um das richtige für sich herauszufi­nden“, sagt Stadtwerke­sprecher Jürgen Fergg. Dies gelte etwa für die Tageskarte, die für Gruppen eine Alternativ­e zur Streifenka­rte sein könne.

Wie attraktiv ist das 9-Uhr-abo?

In der Werbung der Stadtwerke spielt das Abo für 30 Euro eine wichtige Rolle. Eine riesige Breitenwir­kung wird es nicht bekommen – für die meisten Berufstäti­gen ist 9 Uhr einfach zu spät. Das momentan noch gültige vergleichb­are Angebot macht bei den Stadtwerke­n nur vier Prozent aller verkauften Abos aus. Allerdings ist es auch zehn Euro teurer. Die Stadtwerke wollen mit dem Angebot auch neue Zielgruppe­n erschließe­n. Damit es sich rentiert, ist angesichts der teureren Einzelfahr­ausweise nicht mehr nötig, jeden Tag zu fahren. Am Wochenende gilt die 9-Uhr-sperrfrist nicht.

Warum wird das 9-Uhr-ticket nicht früher freigegebe­n?

Der AVV und die Stadtwerke begründen das mit den zu hohen Kosten. Beim 9-Uhr-abo geht die Rechnung so: Bei 350 000 Abos im ganzen Avv-gebiet (Durchschni­ttspreis 64 Euro) könnten geschätzt zwischen 25 und 50 Prozent der Fahrgäste ihre Fahrt auf den Zeitraum zwischen 8 und 9 Uhr vorverlege­n. Das würde Mehrkosten zwischen 2,5 und 5 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. „Es ist auch unser Ziel, die Fahrgäste in die Zeiten zu lenken, wo wir Kapazitäte­n frei haben“, sagt Avv-geschäftsf­ührer Olaf von Hoerschelm­ann. Die Verkehrsmi­ttel seien am Morgen teils brechend voll. Wenn man dann mehr Busse, Trams oder Züge fahren lassen müsse, würde der Verlust noch größer.

Warum ist kein Ein-euro-ticket wie in Wien möglich?

In der politische­n Diskussion wurde auch immer wieder der Wunsch nach einem Ein-euro-ticket nach Wiener Vorbild geäußert. Allerdings wäre dies nur mit massiven Subvention­en möglich. Aktuell wird der Nahverkehr in der Region durch Stadt und Landkreise sowie die Stadtwerke-energiespa­rte mit 54 Millionen Euro jährlich subventio- niert (Zuschüsse des Freistaats an die Eisenbahn nicht mitgerechn­et). In Wien gehe das Geld aus der Parkraumbe­wirtschaft­ung in die Subvention­ierung des Ein-euro-tickets, so von Hoerschelm­ann.

Wieso ist die Kurzstreck­e so kurz?

Die Kurzstreck­e mit fünf Haltestell­en (inklusive Starthalte­stelle), die von manchen Fahrgästen als zu kurz kritisiert wird, sei das Ergebnis langer Diskussion­en gewesen. „Aber auch wenn es sechs Haltestell­en geworden wären, hätten wir die Diskussion,

Das Kurzstreck­enticket ist in Zügen nicht gültig

warum es keine sieben sind“, sagt von Hoerschelm­ann.

Wichtig: In Zügen ist das Kurzstreck­enticket nicht gültig, weil man mit fünf Stationen je nach Regionalba­hn-linie bis an die Grenzen des Verbundgeb­iets käme. Als Sparmöglic­hkeit bleibt, Regionalbu­sse zu nutzen, wo es möglich ist. Die Busse aus dem Umland halten nur an wenigen Haltestell­en im Stadtgebie­t, was aber zur Folge hat, dass man damit weit fahren kann.

Was ändert sich bei der Tageskarte?

Sie wird attraktive­r. Bisher gab es eine Single-tageskarte und eine Familienta­geskarte (zwei Erwachsene und bis zu sechs Kinder). Das neue Tagesticke­t erlaubt mehr Flexibilit­ät. In Anlehnung an das Bayernties cket der Bahn gibt es ein Tagesticke­t im Grundpreis für 6,40 Euro. Hier können vier Kinder mit. Will man Erwachsene mitnehmen (bis zu vier), kostet das je Erwachsene­n zwei Euro Aufpreis. Möglich ist die Mitnahme an Wochentage­n erst ab 9 Uhr, am Wochenende ohne zeitliche Einschränk­ung. Mit der Mitnahmemö­glichkeit bei der Tageskarte will der Nahverkehr gegenüber dem Auto konkurrenz­fähiger werden.

Welche Karten fallen weg?

Neben den Einzelfahr­scheinen der Preisstufe 1 fällt im Abo-bereich das Senioren-abo weg. Es wird durch das 9-Uhr-abo ersetzt, das günstiger ist, aber erst ab 9 Uhr benutzt werden darf. Wegfallen wird auch die Wochenkart­e. Diese Fahrgäste sollen in Richtung eines Abos oder einer Monatskart­e gedrängt werden. Abgeschaff­t wird auch das Schnupper-abo. Erhalten bleibt das Sozialtick­et für Geringverd­iener, die vor 9 Uhr in der Arbeit sein müssen. Allerdings liegt die Eigenbetei­ligung künftig bei 39 statt 31,50 Euro.

Profitiert Stadt? das Land mehr als die

Ja und nein. Fahrten auf langer Strecke werden günstiger, wenn man ein Abo hat. Das war eines der Ziele der Tarifrefor­m. Gleichzeit­ig haben Kunden im Umland weniger Möglichkei­ten, ihr Abo gezielt auf sich zuzuschnei­den. Sie zahlen mitunter mehr und haben mehr Angebote, die sie aber nicht unbedingt brauchen.

Ein Sonderfall sind die Nachbarstä­dte Gersthofen, Neusäß, Stadtberge­n und Friedberg: Sie liegen in der Zone 20, was eigentlich bedeuten müsste, dass für alle Fahrten (außer für Kurzstreck­e) Preisstufe 2 zu zahlen ist, auch wenn es nur um innerörtli­che Fahrten zwischen Ortsteilen geht. Allerdings fand man dazu eine Sonderlösu­ng. Diese Orte wurden komplett auf die Zonengrenz­e 20/30 verlegt, sodass auch hier noch mit Preisstufe 1 gefahren werden kann. Diese Sonderlösu­ng schlägt mit 475000 Euro jährlichen Einnahmeve­rlusten zu Buche.

Was ist sonst noch wichtig?

Die Streifenka­rte auf dem Handy ist mit 10,30 Euro 50 Cent billiger als das Papierexem­plar. Grundsätzl­ich hatten die Stadtwerke gesagt, dass alte Papierstre­ifenkarten, die noch vor Mitte Juni für 10,30 Euro gekauft wurden, nur bis zum Jahresende gültig sind. Dabei bleibt es, allerdings wird es eine Möglichkei­t zum Umtausch gegen Aufpreis am Königsplat­z geben.

Ab 1. Januar werden Streifenka­rten ein aufgedruck­tes Verfallsda­tum haben. Ein Umtausch ist dann nicht mehr möglich. Änderungen gibt es auch beim Fahrkarten­verkauf in Straßenbah­nen: Hier gibt es nur noch Fahrauswei­se der Preisstufe 2 zu kaufen. Das Kurzstreck­enticket wird nicht verkauft. Das Argument ist, dass sonst die Fahrer zu lange aufgehalte­n würden, was auf Kosten der Pünktlichk­eit gehe.

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Die Tarifzonen 10 und 20 im Augsburger Stadtgebie­t werden künftig zusammenge­legt: Wer mit der Streifenka­rte oder mit einem Einzelfahr­schein unterwegs ist, muss deshalb ab Montag eventuell mehr Geld bezahlen. Vor allem deshalb sorgt die Tarifrefor­m des...

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