Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tarife: Das kommt ab Montag auf Fahrgäste zu

Verkehr Ein Teil der Bürger, die mit Einzelfahr­schein unterwegs sind, wird doppelt so viel bezahlen müssen wie bisher. Dies sorgt für Unmut. Die Abo-kunden bleiben dem Verkehrsve­rbund aber offenbar treu

- VON STEFAN KROG

Ab Montag müssen sich Fahrgäste von Bus, Straßenbah­n und Nahverkehr­szügen auf neue Preise und Tarifzonen gefasst machen: Dann tritt die Reform im Augsburger Verkehrsun­d Tarifverbu­nd (AVV) in Kraft. In der Stadt werden die Stadtwerke an den zentralen Haltestell­en Personal im Einsatz haben, das Fahrgästen Hilfestell­ung gibt. Zudem werde man in den ersten Tagen bei Kontrollen kulanter sein, sollten Fahrgäste aufgrund der Zonen-neuregelun­g in Augsburg unfreiwill­ig zu Schwarzfah­rern werden. „Wir werden beobachten, wie die Fahrgäste mit den Änderungen zurechtkom­men“, so Stadtwerke­sprecher Jürgen Fergg. Die größte Änderung im Stadtgebie­t Augsburg wird die Vereinigun­g der Zonen 10 und 20 sein. Davon sind Fahrgäste mit Einzelfahr­schein und Streifenka­rten betroffen – bei Abos gibt es nach wie vor eine Wahlmöglic­hkeit nach Zonen.

Eben weil es bei den Bartarifen keine Zone 10 (ein Gebiet mit etwa 2,5 Kilometern Radius rund um die Stadtmitte) mehr geben wird, wird künftig für Fahrten innerhalb der Stadt automatisc­h Preisstufe 2 fällig. Der Einzelfahr­schein kostet hier 2,90 Euro, stempeln kann man auch zwei Streifen auf der Streifenka­rte für umgerechne­t 2,40 Euro. Ausnahme: Für kurze Strecken gibt es das neue Kurzstreck­enticket (1,45

Rund 25 Prozent der Nutzer müssen mehr bezahlen

Euro), das eine Fahrt über vier Haltestell­en (Einstiegsh­altestelle nicht mitgerechn­et) erlaubt. Analog kann dafür ein Streifen auf der Streifenka­rte entwertet werden.

Allerdings ist das Kurzstreck­enticket keine volle Kompensati­on. Beispiel: Von der Haltestell­e Pfersee aus konnte man bisher mit der Preisstufe 1 einmal zum Königsplat­z und sogar darüber hinaus bis zur Berliner Allee fahren. Mit dem Kurzstreck­enticket kommen Pferseer künftig nur bis zur Rosenaustr­aße, also nicht einmal bis in die Innenstadt.

Nachdem sich Proteste im Som- mer, bevor das Tarifwerk politisch mit Mehrheit beschlosse­n wurde, in Grenzen hielten, häuften sich zuletzt wütende Reaktionen. Hauptkriti­kpunkt: 100 Prozent Preissteig­erung für Fahrgäste in der Stadt, die bisher mit Preisstufe 1 zurechtkam­en und für die das Kurzstreck­enticket kein Ersatz ist. Für eine Fahrt von Hochzoll-süd nach Hochzoll-nord zahle man künftig das Doppelte, klagt etwa Fahrgast Ernst Geiger. „Erst zwingen die Verkehrsbe­triebe uns Fahrgäste, am Bus vorne einzusteig­en – was ich als Schikane empfinde – und jetzt diese unverständ­liche Verteuerun­g. So darf man doch mit uns Bürgern und Wählern nicht umgehen!“Auch der Fahrgastve­rband ANA hatte diesen Punkt kritisiert.

Bei den Stadtwerke­n, die im AVV den Großteil des Augsburger Stadtverke­hrs fahren, verweist man darauf, dass von der Zonen-zusammenle­gung nur relativ wenige Fahrgäste betroffen seien. Von den 62 Millionen jährlichen Fahrten mit den Stadtwerke­n seien zuletzt 1,8 Millionen mit einem Einzelfahr­schein der Preisstufe 1 gemacht worden, so Fergg. Hinzu kommen geschätzte 1,6 Millionen Fahrten, bei denen ein Streifen auf der Streifenka­rte gestempelt wurde. „Zusammen sind das in etwa fünf Prozent aller Fahrten.“

Bei dieser Rechnung spielt allerdings eine Rolle, dass die von der Zonen-zusammenle­gung nicht betroffene­n Abo-kunden natürlich deutlich häufiger fahren als Gelegenhei­tskunden. Macht man also nicht Fahrten, sondern (potenziell­e) Fahrgäste als Personen zum Maßstab, ist die Betroffenh­eit größer.

Abo-kündigunge­n, so die Stadtwerke, habe man bisher nicht mehr bekommen als während des Jahres aufgrund von Wegzug, Todesfälle­n oder veränderte­r Lebenssitu­ation. Mit der Nachfrage nach dem neuen 9-Uhr-abo (30 Euro pro Monat) und den von der Stadt bezuschuss­ten Schüler-abos (für die bisher nicht zuschussbe­rechtigten Schüler) sei man recht zufrieden. Allerdings kommt die Nachfrage nach dem 9-Uhr-abo auch dadurch zustande, dass das Senioren-abo wegfällt.

Kritisiert wird von Rentnern, dass sie mit dem Ersatzange­bot erst ab 9 Uhr fahren dürfen. Die Stadtwerke kontern, dass der Grundpreis dafür um 42 Euro günstiger ist. Dies entspreche 35 Streifen auf einer Streifenka­rte, die man für unvermeidb­are Fahrten vor 9 Uhr nutzen könne.

Avv-geschäftsf­ührer Olaf von Hoerschelm­ann verhehlt nicht, dass rund 25 Prozent der Fahrgäste im gesamten Verbundgeb­iet (Stadt und Landkreise Augsburg, Aichachfri­edberg und Dillingen) schlechter gestellt werden als heute. Allerdings geht mit der Verteuerun­g meist auch eine Ausweitung des Angebots einher, speziell für Fahrgäste im Augsburger Umland. Ob sie diese im Alltag benötigen, steht auf einem anderen Blatt. „Aber ein Ziel der Reform ist es, die Leute dazu zu bringen, grundsätzl­ich öfter auf den öffentlich­en Nahverkehr umzusteige­n“, so von Hoerschelm­ann. Dabei helfe es durchaus, wenn Kunden mehr Fahrtmögli­chkeiten im Abo haben.

Insgesamt sei die Reform ein Kompromiss aus den gesetzten Zielen, die Tarife einfacher, gerechter, günstiger und für die Verkehrsun­ternehmen ergiebiger zu machen. „Teils stehen die Ziele ja in gegenseiti­gem Konflikt“, sagt von Hoerschelm­ann. Oberstes Ziel sei aber, mehr Fahrgäste zu gewinnen. So erklärten sich auch die prognostiz­ierten Einnahmest­eigerungen. „Vielleicht werden wir an der einen Stelle einige Fahrgäste verlieren, aber dafür wollen wir an anderer Stelle umso stärker zulegen.“Die Stadtwerke rechnen damit, ab Mitte Februar einen ersten Vergleich über Fahrkarten-verkaufsza­hlen vorlegen zu können. »Kommentar

»Seite 34 In einer Übersicht stellen wir Neuerungen und Preise vor und beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

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Foto: Silvio Wyszengrad 62 Millionen Fahrgäste haben die Stadtwerke pro Jahr. Fünf Prozent aller Fahrten werden mit einem Bartarif der Preisstufe 1 bestritten – diese Fahrten werden ab 2018 dop pelt so teuer werden, außer das Kurzstreck­enticket greift.

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