Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn Kinderträu­me wahr werden

Hobby An alten Autos zu schrauben, ist für viele Menschen eine Leidenscha­ft. In Augsburg widmen sich ihr unter anderem Mitglieder eines speziellen Klubs. Andere wiederum kaufen die Fahrzeuge aus finanziell­en Gründen

- VON VERA LATOTZKI DOLL

Werner Petrak hantiert an seiner Isetta. Ein Auto, von dem er begeistert ist. „Das Radio konnte man rausnehmen und mit an den See nehmen“, sagt der Oldtimer-fan. „Das funktionie­rt heute noch.“1960, sagt er, habe BMW die Isetta 250 gebaut. 1981 erwarb Petrak das Auto. Schon immer hatte er davon geschwärmt. „Es war ein Kindheitst­raum“, erzählt er. „Die Nachbarn hatten eine Isetta, mit der ich manchmal mitfahren durfte. Das ist hängen geblieben.“Angefangen mit Schrauben an alten Autos hat er mit zwei Vw-käfern.

Heute besitzt Petrak fast drei Oldtimer. Fast deshalb, da sein VW-BUS vom TÜV noch nicht als Oldtimer anerkannt wurde. Alt genug ist er, aber das Radio war nicht original genug. Zum Glück hat der Sammler genügend alte Radios im Keller. Sobald es ausgetausc­ht ist, wird er erneut versuchen, ein sogenannte­s H-kennzeiche­n zu bekommen. Das „H“steht dabei für historisch. Solange fährt er eben mit normalem Kennzeiche­n jeden Tag seinen VW-BUS.

Die Isetta, genauso der Morris aus dem Jahr 1934, werden zu besonderen Fahrten herausgeho­lt. Dabei achtet Petrak darauf, dass er mal mit dem einen Auto fährt, mal mit dem anderen. „Man muss aufpassen, dass die Autos nicht eifersücht­ig werden“, sagt er schmunzeln­d.

Eifersücht­ig ist Peter Frey, Vorsitzend­er des Oldtimer Clubs Augsburg, auf wohlhabend­e Menschen, die sich immer häufiger Oldtimer kaufen, nicht. „Ich gönne den Leuten alles“, sagt Frey. Wichtig ist ihm nur, dass die Autos auch genutzt werden. Oldtimer sollten der Öffentlich­keit nicht verschloss­en bleiben und in beheizten Garagen eingesperr­t sein. Auch nicht, wenn Menschen Oldtimer als Geldanlage nutzen. Von Spekulatio­nskäufen rät Petrak ab. „Die meisten Leute zahlen da drauf. Vor allem dann, wenn man nichts selbst machen kann.“

Die Mitglieder des Oldtimer Clubs haben oft vor 30 bis 40 Jahren ihren Traumwagen gekauft und sind auch heute noch darin verliebt. Für sie können Nachteile durch „Spekulatio­nskäufe“entstehen: steigende Preise bei Ersatzteil­en und Reparaturk­osten etwa. Da der Wert der Autos steigt, verlangen auch die Versicheru­ngen einen höheren Beitrag. Petrak ist traurig darüber, dass durch die Geldanlage das Hobby

Die Sammler entwickeln viel Herzblut

Oldtimer in den Hintergrun­d tritt. Ihm ist es nicht daran gelegen, möglichst viel Profit mit seinen Autos zu erlangen. Verkaufen könnte er sie sowieso nie. „Wenn man selbst an den Autos schraubt, entwickelt man viel Herzblut“, sagt er. Und noch etwas anderes treibt die Preise in die Höhe. „Im Internet haben die Leute keine Scheu, übertriebe­ne Verkaufspr­eise hineinzusc­hreiben. Die Verkäufer denken, dass irgendwann schon jemand kommt, der den Preis zahlt“, berichtet Frey.

Frey vermutet, dass die Preise für Oldtimer nicht unendlich weiter steigen werden. Er unterschei­det zwischen Brot- und Butterauto­s. Einige Wagen wie ein Mercedes SLK Cabriolet oder ein Ferrari waren schon immer im teureren Segment. Andere Autos wie ein Opel Kadett werden immer erschwingl­ich bleiben, so seine Einschätzu­ng.

Petrak hatte seinen Morris 104 im Jahr 1990 noch auf altem Weg erhalten: Eines der Klubmitgli­eder erhielt eine Zeitschrif­t, in der zwei Morris inseriert waren. Als zwei der Augsburger Klubmitgli­eder nach England fuhren, drückte Petrak ihnen einen Scheck über 1000 Mark in die Hand und gab ihnen den Auftrag, damit eine Anzahlung zu leisten, sofern die Autos in einem akzeptable­n Zustand wären. Der Scheck blieb in England und die Autos gehörten so gut wie dem Oldtimerli­ebhaber.

Nun war es nur noch eine Frage des Transporte­s nach Deutschlan­d. Petrak arbeitete damals noch bei einer Firma für Autowascha­nlagen. Einmal im Monat fuhr ein Tieflader nach England und setzte dort Waschanlag­en ab. Auf dem Rückweg war der Transporte­r leer. Daher organisier­te Petrak, dass der Tieflader bei einer seiner Fahrten die zwei Morris mitnahm. „Das war für die Fahrer eine ihrer schönsten Fahrten. Jeder schaute nach den geladenen Autos.“

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Die Isetta von BMW öffnet die Autotür nach vorne. Werner Petrak ist stolz auf das entnehmbar­e Autoradio.
 ??  ?? Peter Frey besitzt drei englische Oldti mer. Hier ist er mit seinem Triumph TR 250, Baujahr 1968, zu sehen.
Peter Frey besitzt drei englische Oldti mer. Hier ist er mit seinem Triumph TR 250, Baujahr 1968, zu sehen.

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