Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Herzschmer­z zum Abschied

- W.z@augsburger allgemeine.de

MVON WINFRIED ZÜFLE ag ja sein, dass in Großbritan­nien manchem erst jetzt dämmert, was der Brexit für das Land wirklich bedeutet. Aber es gibt keine relevanten Kräfte, die eine neue Abstimmung erzwingen könnten – und damit bleibt das Vereinigte Königreich weiter auf Austrittsk­urs aus der EU.

Das müssen auch die höchsten Repräsenta­nten der Gemeinscha­ft zur Kenntnis nehmen, die gestern Schalmeien­klänge in Richtung London sandten. Sollten diese Botschafte­n der Klimaverbe­sserung dienen – bekanntlic­h laufen die Austrittsg­espräche äußerst holprig –, so erfüllen sie einen Sinn. Sind sie jedoch als Impulse gedacht, die Großbritan­nien zur Umkehr bewegen sollen, so entspringe­n sie politische­r Träumerei. Das harte Tagesgesch­äft lässt keinen Raum für solche Sentimenta­lität.

Die EU muss den Austrittsw­unsch der Briten, auch wenn er sich in einer noch so knappen Mehrheit manifestie­rt hat, respektier­en. Indem sie das eingeleite­te Verfahren mit allen Konsequenz­en durchzieht, schickt die EU auch ein Warnsignal an andere Mitgliedst­aaten, in denen Exit-tendenzen ansatzweis­e vorhanden sind. Deswegen darf auch von Tusk und Juncker eine gewisse Härte gegenüber London verlangt werden.

Unabhängig davon sollte die Brüsseler Eu-spitze aber auch weiter darum werben, dass Großbritan­nien und die Gemeinscha­ft weiter einen guten Umgang miteinande­r pflegen. Denn ein Staat, der die EU verlässt, wird dadurch nicht zum Feind. Sondern bleibt hoffentlic­h ein Freund. Die Herzen dürfen offen bleiben.

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