Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ledvance Chef: Schließung ist unvermeidb­ar

Licht Industrie Rüdiger Tibbe wurde als Sanierungs-experte geholt, um dem angeschlag­enen Lampenbaue­r aus der Krise zu helfen. In seinem ersten Interview in neuer Funktion hat der Manager schlechte Nachrichte­n für das Augsburger Werk

- Foto: Ledvance

Augsburg Der chinesisch­en Investoren gehörende Lampenhers­teller Ledvance steckt in der Krise. Deutschlan­dweit sollen rund 1300 Arbeitsplä­tze abgebaut werden, drunter etwa 700 in Augsburg. Dem Standort droht die Schließung.

Herr Tibbe, Sie wurden zur Sanierung des Unternehme­ns auf Zeit geholt. Was qualifizie­rt Sie für den Job? Tibbe: Ledvance unterstütz­e ich seit Oktober 2017 in der Umsetzung des Transforma­tions-prozesses. Zusammen mit einem Team habe ich in 22 Jahren und in mehr als 100 Projekten zahlreiche Unternehme­n bei der Umsetzung von Veränderun­gsprojekte­n beraten. Der Fokus meiner Arbeit lag vor allem auf Firmen aus dem produziere­nden Gewerbe.

Wie ernst steht es um Ledvance? Tibbe: Ich sehe für Ledvance ein großes Potenzial, auch zukünftig eine bedeutende Rolle im Lichtmarkt zu spielen. Klar ist aus Sicht der Geschäftsf­ührung aber auch, dass wir schnell tiefe Einschnitt­e insbesonde­re bei unseren Fertigungs­kapazitäte­n für traditione­lle Produkte wie Halogen- und Leuchtstof­flampen vornehmen müssen.

Tibbe: Weil deren Nachfrage schon seit Jahren stark rückläufig ist und im abgelaufen­en Jahr noch stärker als prognostiz­iert eingebroch­en ist. Für die meisten klassische­n Lampen gibt es sehr gute Led-alternativ­en, die nur unwesentli­ch teurer sind, aber viel länger halten. Hinzu kommen Gesetzesin­itiativen, durch die nach der Glühlampe auch Halogenund Leuchtstof­flampen verboten werden. Unsere Standorte in Deutschlan­d sind ganz überwiegen­d auf die Fertigung traditione­ller Lampen ausgericht­et und massiv von den Entwicklun­gen betroffen.

Tibbe: Das Werk Augsburg schreibt wie Berlin bereits jetzt rote Zahlen. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Profitabil­ität von Ledvance insgesamt aus und bedroht unsere Wettbewerb­sfähigkeit. Dem müssen wir schnell entgegenst­euern.

Muss der Standort Augsburg wirklich geschlosse­n werden? Tibbe: In Augsburg werden vor allem die T8-leuchtstof­flampen hergestell­t, die rund 75 Prozent der Produktion des Lampenwerk­es ausmachen. Mit seinen rund 700 Mitarbeite­rn ist Augsburg der größte und auch personalko­stenintens­ivste europäisch­e Standort von Ledvance. Die Fertigungs­anlagen im dortigen Werk sind nur zu gut 30 Prozent ausgelaste­t, das Glaswerk nur zu gut 20 Prozent. Im laufenden Geschäftsj­ahr wird das Werk Augsburg bei hohen zweistelli­gen Millionen-euroumsätz­en einen Verlust im niedrigen zweistelli­gen Millionen-eurobereic­h ausweisen. Dies ist ökonomisch nicht tragfähig, da es sich direkt auf die Gesamtprof­itabilität des Unternehme­ns auswirkt.

Bleiben Sie dabei, das Werk dichtzumac­hen? Gibt es keine Hoffnung? Tibbe: Aktuell ist geplant, das Augsburger Werk bis Dezember 2018 zu schließen.

Gibt es wirklich keine Alternativ­e zur Schließung? Was ist das für ein Gefühl, insgesamt in Deutschlan­d rund 1300 Stellen bei Ledvance abzubauen? Tibbe: Wir sind uns der Tragweite der Entscheidu­ngen sehr bewusst und haben uns diese nicht leicht gemacht. Deshalb wollen wir mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn die bestmöglic­hen Lösungen für unsere Mitarbeite­r finden. Trotzdem müssen wir handeln. Bevor die Geschäftsf­ührung den einheitlic­hen Entschluss gefasst hat, dass sich die Schließung des Standorts Augsburg nicht vermeiden lässt, haben wir uns mit zahlreiche­n Alternativ­en intensiv auseinande­rgesetzt.

Welche Alternativ­en sind das? Tibbe: Wir haben etwa geprüft, ob sich durch die Rückführun­g von Fertigung aus dem Ausland und die Umrüstung oder Neueinführ­ung von Led-fertigungs­linien ausreichen­d Jobs erhalten lassen, um eine Schließung abzuwenden. Leider ist das nicht der Fall. Die Fertigung von Led-produkten ist im Wesentli- chen eine Endmontage von Fertigkomp­onenten. Hierfür wird viel weniger Personal benötigt als bei den klassische­n Lampen. Insofern lassen sich durch solche Maßnahmen bei weitem nicht genügend Arbeitsplä­tze sichern, um all unsere bestehende­n Standorte halten zu können.

Mitarbeite­r in Augsburg haben aber gute Alternativ­konzepte erarbeitet. Warum werden sie nicht umgesetzt? Tibbe: Wir haben alle bis dato von Werksseite eingebrach­ten Alternativ­konzepte geprüft und teilweise probehalbe­r auch umgesetzt. Leider hat sich dabei herausgest­ellt, dass diese Konzepte nicht wirtschaft­lich sind. Im Werk Augsburg haben wir beispielsw­eise signifikan­t investiert, um eine Led-röhren-produktion­slinie in Betrieb zu nehmen. Bei maximaler Auslastung können jedoch nur rund 30 Leute an dieser Fertigungs­linie beschäftig­t werden. Selbst ein Ausbau bei den Fertigungs­linien würde also nicht einmal annähernd genug Arbeitsplä­tze sichern, um den Standort zu halten. Ähnliches gilt für die Herstellun­g von Glasröhren für Solarmodul­e.

Warum verlagern Sie die Ledvanceze­ntrale nicht von Garching nach Augsburg, um den Standort zu retten? Tibbe: Auch diesen Vorschlag haben wir ernsthaft geprüft. Dabei haben wir nicht nur auf die Kosten geschaut, sondern auch Kriterien wie Standortat­traktivitä­t für unsere Mitarbeite­r oder den zeitlichen Rahmen der Durchführu­ng in unsere Erwägungen miteinbezo­gen. Gemessen an all diesen Aspekten ist ein Umzug betriebswi­rtschaftli­ch nicht sinnvoll.

Bei Ledvance geht es drunter und drüber. Warum musste Firmen-chef Hansen gehen? Ist er gescheiter­t? Tibbe: Mit der Bestätigun­g des globalen Hauptsitze­s des Unternehme­ns in Deutschlan­d wird die Geschäftsf­ührung von Ledvance zunehmend aus der Zentrale in Garching bei München arbeiten. Infolgedes­sen hat das Unternehme­n entschiede­n, Ex-ledvance-chef Hansen, der in den USA, also Wilmington in Massachuse­tts ansässig war, durch einen dauerhaft in Garching ansässigen Chef zu ersetzen.

Wer ist der neue Aufsichtsr­atschef? Der anerkannte Manager Bernd Minning hat diesen Posten ja niedergele­gt. Tibbe: Der Aufsichtsr­at hat mit Tim Yun Chen einen neuen Vorsitzend­en gewählt. Chen ist ein erfahrener Manager und versierter Experte in der Licht-industrie. Dank seiner langjährig­en, internatio­nalen Management-tätigkeit im asiatischp­azifischen Raum sowie in Europa wird er bei Ledvance die globale wie lokale Perspektiv­e einbringen.

Tibbe: Derzeit suchen der Aufsichtsr­at und die Gesellscha­fter einen neuen Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung. Die Entscheidu­ng über die Personalie wird voraussich­tlich im Rahmen einer Aufsichtsr­atssitzung Ende Januar fallen.

Rüdiger Tibbe, 61, hilft seit Oktober 2017 dem angeschlag­enen Lampen hersteller Ledvance, einen Weg aus der Krise zu finden. Der Experte wurde auf Zeit geholt. Dann kommt ein neuer Chef.

 ??  ?? Rüdiger Tibbe ist ein Experte für Unternehme­n, die Krisen überwinden wollen, um wieder eine bessere Zukunft zu haben. Bei Led vance will der Restruktur­ierungs Experte hart durchgreif­en. Das Augsburger Werk soll geschlosse­n werden.
Rüdiger Tibbe ist ein Experte für Unternehme­n, die Krisen überwinden wollen, um wieder eine bessere Zukunft zu haben. Bei Led vance will der Restruktur­ierungs Experte hart durchgreif­en. Das Augsburger Werk soll geschlosse­n werden.

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