Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wann darf er denn nun ran?
Klausurtagung Eine irritierende Meldung über eine möglicherweise spätere Amtsübergabe von Seehofer an Söder sorgt in Kloster Banz unter den Csu-abgeordneten für Wallung
Kloster Banz Dass in Bayern die Uhren anders gehen, gilt in der CSU als Binsenweisheit. Dass der Parteichef aber offenbar eine ganz eigene Zeitrechnung aufmachte, wirbelte die Gemüter zum Auftakt der Klausurtagung der Csu-landtagsabgeordneten im oberfränkischen Kloster Banz kräftig durcheinander. Nach dieser Rechnung nämlich hätte der März in Bayern 41, vielleicht sogar 49 Tage.
Vier Wochen lang hält der mühsam erkämpfte Friede zwischen Horst Seehofer und Markus Söder nun schon. Seit dem Parteitag Mitte Dezember ist fest vereinbart: Seehofer bleibt CSU-CHEF, Söder wird Ministerpräsident. Im ersten Quartal dieses Jahres soll das Amt übergeben werden. Im Parteivorstand am Montag in München aber erging sich Seehofer in Andeutungen, die mehrere Vorstandsmitglieder hinterher als eine recht eigenwillige Auslegung des Kalenders interpretierten. Danach könnte auch der halbe April noch zum ersten Quartal des Jahres 2018 gehören. Der neue Termin für Rücktritt und Übergabe der Amtsgeschäfte könnte demnach auch erst in der ersten oder zweiten Plenarsitzung nach den Osterferien liegen. Nach dem allgemein gültigen gregorianischen Kalender wären das der 10. oder der 18. April. Nach Seehofers Zeitrechnung aber, so scherzten sie auf den Fluren in Kloster Banz, wären es halt der 41. oder 49. März.
Zunächst freilich war vor allem den Unterstützern Söders im Fraktionsvorstand das Lachen vergangen. Schon in der Nacht zum Dienstag wurde, nachdem die Kunde aus dem Parteivorstand die Fraktion in Banz erreicht hatte, hitzig darüber debattiert, was Seehofer denn nun „schon wieder“im Schilde führe. Seine aus München kolportierte Begründung, er wolle bis zum Abschluss der Regierungsbildung in Berlin bayerischer Ministerpräsident bleiben, wurde in Banz mit größtem Misstrauen aufgenommen. Schließlich wisse keiner, ob die Groko in Berlin überhaupt zustande komme und wann es tatsächlich eine neue Bundesregierung gebe.
Die Fraktion aber brennt darauf, mit Söder so bald als möglich durchzustarten. Eine weitere Verzögerung sei da nicht hinzunehmen, hieß es aus dem Vorstand. „Erstes Quartal heißt erstes Quartal“lautete die Losung der Nacht. Und bis gestern Mittag konnte das neue Ärgernis dann nach einer Reihe von Telefonaten auch aus der Welt geschafft werden. Als Erster betonte Söder, es bei den Vereinbarungen zur Amtsübergabe bleibe. Er nannte allerdings kein konkretes Datum. Dann stellte Csu-fraktionschef Thomas Kreuzer klar: „Wir haben uns so verständigt, dass die Übergabe im ersten Quartal stattfindet. Es gibt da keinen neuen Sachstand.“
Wie die Fraktion Söder helfen will
Und schließlich beseitigte am Ende Seehofer selbst die letzten Zweifel: „Ich kann Ihnen definitiv sagen: Alles, was gesendet und gemeldet wurde, ist objektiv falsch.“
Seine Erklärung im Csu-vorstand war nach seiner Darstellung eindeutig. Es werde noch vor Ostern einen neuen bayerischen Ministerpräsidenten geben. „Wie man zu anderen Schlussfolgerungen kommen kann, ist mir schleierhaft“, sagte Seehofer und stellte bei der Gelegenheit auch noch klar, dass er nicht Journalisten für die irritierende Meldung verantwortlich mache. „Ich habe nicht den geringsten Vorwurf an die Presse gemacht.“Es habe sich offensichtlich um „kühne Interpretationen“gehandelt, die da aus dem Parteivorstand nach außen getragen wurden.
Die Reaktionen innerhalb der Csu-fraktion freilich zeigen auch, wie sehr die Abgeordneten ihre Arbeit schon auf den neuen Ministerpräsidenten ausrichten. B anz soll für Söder die Bühne werden, eigene Akzente in der Landespolitik zu setzen. Die Fraktion will ihm zum einen dabei helfen, die aktuell größten Hindernisse auf dem Weg zu einem Csu-wahlerfolg im Herbst aus dem Weg zu räumen: die Volksbegehren von Freien Wählern( gegen Straßen ausbau beiträge) und Grünen( gegen Flächenfraß). Die umstrittenen Straßen ausbau beiträge sollen, wie bereits berichtet, abgeschafft werden. In einer vorbereiteten Resolution, die unserer Zeitung vorliegt, heißt es :„ Die bisherige Rechtsgrundlage für den Erlass kommunaler Straßen ausbau beitrags satzungen wird gestrichen, das heißt, die Eidass gentümer von anliegenden Grundstücken werden künftig nicht mehr zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen.“Den Flächenverbrauch will die CSU durch ein Bündel von Maßnahmen eindämmen, „zum Beispiel durch die Verdichtung im Innenbereich und die Revitalisierung von Ortskernen beziehungsweise brachliegenden Gewerbeflächen, insbesondere in der Dorferneuerung und Städtebauförderung“.
Zum anderen gibt sich die Fraktion in einem 23 Seiten starken Arbeitspapier inhaltlich noch sehr zurückhaltend. Es enthält viele Bekenntnisse zu Zielen, aber noch wenig konkrete Festlegungen. Ins Detail geht das Papier nur bei den Themen Pflege, Familie und Medizinermangel: Mehr Wertschätzung und bessere Bezahlung für Pflegeberufe, Verbesserungen bei Aus- und Fortbildung, Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler, Anreize für Landärzte. Der große Aufschlag in der Landespolitik aber soll am morgigen Donnerstag Söder überlassen bleiben.