Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zockte ein Polizist seinen schwer kranken Vermieter ab?

Kriminalit­ät Ein Mieter gaukelt einem Krebskrank­en Fürsorge vor. Und erschleich­t sich so mindestens 60 000 Euro. Doch das ist nicht alles

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Würzburg Ein Polizeibea­mter aus dem Raum Würzburg ist unter schweren Verdacht geraten. Der Beamte soll einem Schwerkran­ken seine Fürsorge vorgegauke­lt haben. Der Polizist habe gesagt, er kümmere sich treuhänder­isch um dessen finanziell­e Angelegenh­eiten, während der kranke Mann zur Behandlung in der Klinik lag und später daheim. „In Wahrheit ging es ihm darum, sich planmäßig dessen ganzes Vermögen unter den Nagel zu reißen, während es dem Opfer immer schlechter ging“, heißt es in Ermittlerk­reisen. Sie haben diesen Verdacht mit einer Reihe von Indizien erhärtet.

Der Mieter soll sich in einer Gemeinde vor den Toren Würzburgs das Vertrauen seines Hausherrn erschliche­n und ihm angeboten haben, Rechnungen (beispielsw­eise an die Krankenkas­se) für ihn zu zahlen – die dann aber gar nicht beglichen wurden. Einen hohen fünfstelli­gen Betrag in bar „verwahre ich für dich“, hatte der Polizist seinem Vermieter versichert. Insgesamt sollen zwischen April und September 2017 fast 60 000 Euro den Besitzer gewechselt haben. Auch vom Konto des Kranken sollen hohe Beträge ohne Erlaubnis überwiesen worden sein – möglicherw­eise direkt auf das Konto des „Helfers“. Der Verbleib von fast 100 000 Euro ist nach Informatio­nen unserer Zeitung unklar.

Der fürsorglic­he Mieter war nach Angaben aus der Verwandtsc­haft des Kranken bald jeden Tag um ihn herum, machte sich unentbehrl­ich. Dafür soll er von dem Schwerkran­ken, der ihm vertraute, sogar eine Kontovollm­acht erbeten und bekommen haben, um dessen Geschäfte zu regeln. Als eine herkömmlic­he Therapie bei dem Krebskrank­en

Er sicherte sich auch das Wohnrecht auf Lebenszeit

nicht anschlug und es ihm immer schlechter ging, soll der Mieter seinem Hausherrn sogar vorgeschla­gen haben, ihm eine private Chemothera­pie zu besorgen – für teures Geld.

Misstrauis­ch wurden Verwandte erst, nachdem der Polizist sich offenbar sogar eine eigene Bankkarte auf das Konto seines Vermieters ausstellen ließ. Später entdeckten sie auch: Der Mieter hatte sich wohl zudem ein Wohnrecht auf Lebenszeit und ein Vorkaufsre­cht auf das Haus unterschre­iben lassen.

Die Würzburger Kollegen des Beamten ermittelte­n zunächst verdeckt. Überrasche­nde Funde brachte dann eine Durchsuchu­ng in der Wohnung, am Arbeitspla­tz und bei der Bank des Verdächtig­en. In einem Schließfac­h schlummert­en 42000 Euro, in der Wohnung fand die Polizei tausende von Euro in einem Glas sowie Reste jener roten Flüssigkei­t in kleinen Fläschchen, die er seinem Vermieter (angeblich als Chemothera­pie) besorgt hatte. „Was da wirklich drin war, wird noch ausgewerte­t“, sagt der Anwalt des Opfers, Hanjo Schrepfer.

Damit nicht genug: Nach Informatio­nen unserer Zeitung hatte der Polizist etwa 200 Gramm Rauschgift zu Hause – zu viel, um es selbst zu konsumiere­n. Gefunden wurden auch ein sogenannte­r Crusher zum Zerkleiner­n von Marihuana sowie eine Digitalwaa­ge, was darauf hinweisen könnte, dass er mit den Drogen dealte. Der Polizist wurde vorübergeh­end festgenomm­en.

Rechtsanwa­lt Schrepfer bestätigte wesentlich­e Teile der Recherche. Auf Anfrage erklärte Oberstaats­anwalt Boris Raufeisen, „dass die Staatsanwa­ltschaft Würzburg gegen einen im Landkreis wohnhaften Polizeibea­mten, der seinen Dienst nicht bei einer bayerische­n Polizeidie­nststelle verrichtet, Ermittlung­en wegen Betrugs und unerlaubte­n Drogenbesi­tzes führt“.

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