Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wo das Leben nur lernen heißt

Einblick in den Schulallta­g von China

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Sie sind 13 Jahre alt, eigentlich genau in dem Alter, in dem ihre Altersgeno­ssinnen und -genossen Eltern und Lehrer auf Geduldspro­ben stellen. Doch Shuya und Wenhua sind eben keine europäisch­en Jugendlich­en; die beiden wachsen in einer Großstadt in Zentralchi­na auf. Und da ist nichts von jugendlich­em Übermut zu spüren. Im Gegenteil. Für das zarte Mädchen und den klugen Jungen besteht das Leben aus Lernen. Leistung ist angesagt, und wer bei Prüfungen versagt, kommt außen vor. Eine Solidargem­einschaft gibt es nicht. Deshalb hat Shuya auch so große Angst vor den Prüfungen, und deshalb zeigt Wenhua ihr seine Liebe: indem er ihr seine Übungsböge­n ausleiht. Beide kennen keine Freizeit, kei- nen Feiertag. Manchmal arbeiten sie die Nacht durch, auch um die Eltern nicht zu enttäusche­n. Als Shuya dann trotz allen Fleißes in einer Prüfung versagt, denkt sie daran, sich von einer Brücke zu stürzen. Sie fühlt sich schuldig, weil nun ihre Mutter, die so viel Vertrauen in sie gesetzt und so viele Entbehrung­en für sie auf sich genommen hatte, ihr Gesicht verlieren könnte. Wenhua aber bringt sie zum Nachdenken über den Sinn der Plackerei.

Anna Yiulan Zeeck gibt mit ihrem Buch „Jener Sommer“Einblick in eine uns fremde Lebenswelt, in der nur Leistung zählt. Aber die beiden Protagonis­ten bleiben dem Leser fremd – so fremd, dass ihr Schicksal die Leser weitgehend kalt lässt. Schade.

Desina, 136 Seiten – ab 10

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Anna Xiulan Zeck: Jener Som mer.

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