Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kunden über Jahre abgezockt

Schlüsseld­ienst-chefs stehen nun vor Gericht

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Kleve Ein Fall von über tausend: Die Tür fällt ins Schloss. Der Schlüssel steckt innen. Der Pechvogel ruft einen Schlüsseld­ienst – leider den falschen. Der Monteur schafft es nicht, die Tür zu öffnen, wechselt das Schloss aus – für 367 Euro. Als der Kunde die Rechnung kritisiert, baut der Monteur das neue Schloss wieder aus, packt das neue und das alte ein und verlangt vom Kunden trotzdem 260 Euro, wie Staatsanwa­lt Hendrick Timmer gestern beim Prozessauf­takt vor dem Landgerich­t Kleve in der Anklage schilderte. Mit unnötigen Arbeiten und völlig überzogene­n Rechnungen soll ein Schlüsseld­ienst am Niederrhei­n jahrelang und bundesweit Kunden abgezockt haben.

Angeklagt sind die beiden 39 und 57 Jahre alten Geschäftsf­ührer, die mit Handschell­en in den Gerichtssa­al geführt wurden. Sie sollen sich mit örtlichen Vorwahlen als angeblich ortsansäss­ige Betriebe ausgegeben haben. Tatsächlic­h seien die Kundenanru­fe unbemerkt in die Zentrale der „Deutschen Schlüsseld­ienstzentr­ale“umgeleitet worden. Von dort wurden die falschen Monteure in den Regionen losgeschic­kt.

Der 57-jährige Geschäftsf­ührer ist kein unbeschrie­benes Blatt: Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft wurde er schon einmal wegen der Betrugs-masche mit einem Schlüsseld­ienst zu vier Jahren Haft verurteilt, nach der Hälfte der Zeit aber entlassen. Danach soll er seine kriminelle­n Machenscha­ften wieder aufgenomme­n haben. Die Staatsanwa­ltschaft wirft den Schlüsseld­ienst-chefs neben banden- und gewerbsmäß­igem Betrug und Wucher auch die Hinterzieh­ung von Umsatzsteu­ern von knapp sechs Millionen Euro und die Veruntreuu­ng von Arbeitsent­gelten vor. Zu dem Verfahren, das bis Juli terminiert ist, sind rund 170 Zeugen geladen, darunter viele Opfer.

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