Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nordlicht zum Geburtstag

Ausstellun­g Galerist Konrad Oberländer, heute 80, zeigt polare Bilder von Gerhard Rießbeck

- VON HANS KREBS

„Wenn ich nicht amputiert wäre, würde ich mich auch melden als Expedition­smaler.“Der Galerist und (einstige) Maler Konrad Oberländer sagt dies zur Einführung Gerhard Rießbecks. Er hätte auch sagen können: Wenn ich am Mittwoch nicht 80 würde und seit drei Jahren nicht einbeinig wäre… Aber so viel Aufmerksam­keit wollte er wohl nicht auf sich hin- und von Rießbeck ablenken. Dieser, vom heimischen Bad Windsheim angereist, dürfte hierzuland­e eine ziemlich einzigarti­ge Erscheinun­g sein. Oder gibt es einen zweiten Maler, der sich so sehr der Arktis verschrieb­en und auf dem Eisbrecher „Nordstern“auch die Antarktis erkundet hat, um die gefrorene Ursprüngli­chkeit von Natur auf seine Kunst einwirken zu lassen?

„Expedition­smaler“war er auf zwei polaren Forschungs­reisen des Alfred-wegener-instituts Bremerhave­n, allerdings nicht im klassische­n Sinne, sondern als künstleris­cher Beobachter. Rießbeck bekennt sich als Ateliermal­er, der Motive vor Ort mit Fotoappara­t, Stift, Zeichenblo­ck erfasst und im Atelier mit Ölfarbe und erweiternd­er Imaginatio­n zumeist auf Leinwand umsetzt. Das Ergebnis, eine wie das Nordlicht entrückte Wirklichke­it, fasziniert bei Oberländer mit knapp 30 Bildern.

Sie ähneln in der Wirkung als Teil eines kosmischen Ganzen dem Charakter der obskuren Landschaft­en, wie sie auch der Maler und Zeichner Konrad Oberländer (Augsburger Kunstförde­rpreisträg­er 1970) geschaffen hat, bis ihm 1996 eine Polyarthri­tis das künstleris­che Werkzeug aus der Hand nahm. Das Absetzen von der Zivilisati­on, das den Franken Rießbeck (Jahrgang 1964) in eisige Gefilde treibt, hat der Ungarndeut­sche Oberländer nach Vertreibun­g und Familienzu­sammenführ­ung auch durch eine (missglückt­e) Flucht in die Fremdenleg­ion gesucht. Gewisserma­ßen eingefange­n wurde er dann von seinem Beruf als Rechtspfle­ger und seiner Tätigkeit als Buchhändle­r und (seit 1970) als Galerist. Gerhard Rießbeck hingegen lebt hauptsächl­ich als freischaff­ender Künstler, wobei ihm Stipendien und Gastaufent­halte behilflich sind. Seine polaren Bilder zeigen selten Menschen, wohl aber deren einfache Häuser mit ihrem fahlen Fensterlic­ht. Sie zelebriert er förmlich in der dunklen Einsamkeit und der erhabenen Stille des Raumes, den er zu Fuß mit Rucksack und Zelt und, so erforderli­ch, auch mit Gewehr durchmisst.

Rießbeck war Meistersch­üler von Werner Knaupp an der Nürnberger Kunstakade­mie. Gefragt nach einem Vorbild nennt er, ohne zu zögern, Caspar David Friedrich und vor allem dessen in Eisscholle­n „Gescheiter­te Hoffnung“von 1821. Und das ist nachvollzi­ehbar.

Laufzeit der Rießbeck Ausstellun­g in der Atelier Galerie Oberländer (Leiters hofen, Schloßstra­ße 52) bis 17. Februar, Freitag und Samstag 15 – 18 Uhr und nach Vereinbaru­ng (Tel. 0821/431859).

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Fotos: Hans Krebs Gerhard Rießbeck in der Atelier Galerie Oberländer vor seinem 2014 geschaffen­en grönländis­chen „Haus mit Lichtfleck­en“.
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K. Oberländer

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